Die Insel - Roman
wir nicht vor, uns weit von dem Bach zu entfernen.
Endlich waren wir fertig mit unseren Vorbereitungen und brachen auf.
Kimberly ging voraus. Ich folgte ihr. Hinter mir kam Connie, und Billie bildete die Nachhut.
Den Dschungel betraten wir an der Stelle, an der Wesley und Thelma am Tag zuvor verschwunden waren.
Die Jagd
Zuerst versuchten wir, Wesleys Blutspur zu folgen. Kimberly ging langsam durchs Gebüsch und blieb öfter stehen, um sich zu bücken und den Boden näher zu untersuchen.
Obwohl Wesley aus mehreren Wunden an Brust und Hinterteil stark geblutet hatte, war es nicht einfach, jetzt noch Spuren davon zu finden. Der Dschungel war fast überall so dicht, dass man nicht weiter als ein paar Meter in jede Richtung blicken konnte. Außerdem kam durch das dichte Blätterdach nicht allzu viel Licht unten an, sodass wir die meiste Zeit durch ein schattiges Halbdunkel tappten.
Wenn Kimberly nicht so eine ausdauernde Spurensucherin gewesen wäre, hätten wir der Blutspur niemals folgen können. Sie hatte Talent. Und sie war besessen. Meistens wusste sie instinktiv, wo sie hinsehen musste.
Vielleicht lag das an ihren indianischen Genen.
Als wir trotz ihrer fast unheimlichen Fähigkeiten irgendwann einmal die Spur verloren hatten, glaubte Kimberly schon ziemlich genau zu wissen, wo Wesley und Thelma hingegangen waren.
»Er wollte zum Bach«, flüsterte sie uns zu.
»Klingt plausibel«, sagte ich. »Schließlich brauchte er Wasser.«
»Warum sind wir dann nicht gleich am Bach entlang gegangen?«, fragte Connie. »Da hätten wir uns eine Menge
ersparen können.« Mit diesen Worten erschlug sie eine Mücke, die sich an ihrem Hals niedergelassen hatte. »Scheißviecher«, sagte sie.
So schlimm wie heute waren die Mücken bisher noch nie gewesen. Am Strand hatten sie uns die meiste Zeit in Ruhe gelassen, und auch die paarmal, die ich mich in den Dschungel gewagt hatte, waren sie mir nicht sonderlich lästig geworden.
Heute aber waren sie eine echte Plage.
Und wir hatten nichts, womit wir uns gegen sie hätten schützen können - keine Moskitonetze und kein Insektenschutzmittel. Nichts. Zwar hatten wir das alles mit auf unseren Trip genommen, aber als wir zum Picknicken an Land fuhren, hatten wir die Sachen an Bord gelassen - ein Versäumnis, für das wir jetzt büßen mussten.
Kaum hatten wir den Dschungel betreten, waren die Biester in Scharen über uns hergefallen.
Kimberly ignorierte sie einfach.
Ich versuchte, ihrem Beispiel zu folgen, aber ich konnte es nicht ertragen, wie die widerwärtigen Quälgeister mir um die Ohren surrten und sich überall auf meinen Körper setzten. Besonders schien sie meine Wunde im Gesicht zu interessieren (offenbar mögen sie Schorf). Ich war sehr froh, dass ich mein Hemd - oder besser gesagt, die rosa Bluse, die Billie mir gegeben hatte - anhatte. Und Andrews große, alte Shorts schützten meine Beine wenigstens ein bisschen besser, als es meine Badehose vermocht hätte.
Connie trug ihr übliches T-Shirt, aber der Stoff war dünn und klebte an ihrer Haut, sodass die Mücken mühelos durchstechen konnten. Nur an den Stellen, die ihr Bikini bedeckte, war sie vor den Quälgeistern sicher. Ich weiß nicht, ob ich es schon einmal erwähnt habe, aber ihrer ist bei weitem
der knappste von allen dreien. (Wieso ausgerechnet Connie, die so gerne die Prüde spielt, sich für einen solchen Bikini entschieden hat, kapiere ich nicht. Aber ich verstehe Connie ja sowieso nicht. Vielleicht trägt sie das T-Shirt, um wenigstens halbwegs anständig zu wirken.) Wie dem auch sei, das Oberteil ihres Bikinis besteht lediglich aus zwei orangefarbenen, durch dünne Schnüre miteinander verbundenen Dreiecken, und das Höschen ist das, was man einen Stringtanga nennt - ein winziges Stück Stoff, dessen Vorderteil ein wenig breiter als sein Rückteil ist. Mit anderen Worten: Nur ein paar Quadratzentimeter ihres Körpers waren vor den kleinen Blutsaugern wirklich sicher.
Billie trug, wie üblich, nur ihren Bikini, der, obwohl er mindestens dreimal größer war als der ihrer Tochter, auch nicht allzu viel von ihrem Körper schützte. Sie zeigte jede Menge schweißglänzende Haut und wäre eigentlich ein gefundenes Fressen für die Mücken gewesen, aber die ließen sie in Ruhe.
»Wieso wirst du nicht gestochen?«, fragte ich sie, als wir auf einer sonnenbeschienenen Lichtung eine kurze Rast machten.
»Als ich fünf Jahre alt war, habe ich mal einer Mücke das Leben gerettet. Das hat sich
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