Die Insel - Roman
herumgesprochen, und seitdem rühren sie mich nicht mehr an.«
»Das erzählt sie mir, seit ich fünf Jahre alt bin«, sagte Connie. »Ich denke, das ist Blödsinn.«
Billie lächelte ihre Tochter verständnisvoll an.
»Denk, was du willst, meine Kleine.«
»Ich denke, dass sie dich in Ruhe lassen, weil sie deinen Geruch nicht ausstehen können.«
»Was bist du heute wieder reizend.«
»Du riechst gut«, sagte ich.
Das war noch untertrieben. Ich fand, dass sie fantastisch roch.
»Danke Rupert«, sagte Billie.
»Egal, was es ist, ich wünschte, du hättest es mir vererbt«, meinte Connie. »Diese Mistviecher machen mich noch wahnsinnig.«
»Kümmere dich einfach nicht um sie«, riet Kimberly. »Alles, was sie wollen, sind ein paar Tröpfchen von deinem Blut.«
»Ich persönlich würde mein Blut gerne behalten«, sagte ich. »Lässt du sie dich einfach stechen?«
»Wenn man gegen sie ankämpft, hat man schon verloren. Und was ich nicht ändern kann, akzeptiere ich.«
Connie grinste hämisch. »Der Blödsinn wird ja immer schlimmer.«
Ich erschlug eine Mücke, die sich auf meiner Stirn niedergelassen hatte.
Ein paar Minuten später gingen wir weiter und erreichten bald darauf den Bach. Dort versammelten wir uns an seinem Ufer und schauten nach links und rechts, ganz so, als wäre er eine Straße, die wir überqueren wollten.
Nirgends war etwas zu sehen, was auf Wesley oder Thelma oder irgendeinen anderen Menschen hingewiesen hätte.
Der Bach, der aus dem höher liegenden Gelände rechts von uns kam, floss hier ziemlich schnell und gurgelte schäumend um ein paar Felsen herum. Wenn ich nach links blickte, sah ich, wie er in Richtung unseres Lagers im Dschungel verschwand. Unzählige Bäume, Büsche und Schlingpflanzen, zwischen denen zwitschernde Vögel herumflogen, verstellten mir den Blick auf Strand und Meer.
»Da, halt den mal für mich«, sagte Connie und drückte Billie ihren Speer in die freie Hand, bevor sie hinab in den
Bach stieg. Sie kniete sich hin, beugte sich nach vorn und trank Wasser aus der hohlen Hand. Dann streckte sie beide Hände in den Bach und goss sich mehrmals das kühle Nass über den ganzen Körper. Offenbar linderte es das Jucken ihrer Mückenstiche.
»Wie geht’s mit der Axt?«, fragte mich Kimberly.
»Gut.«
»Soll ich sie dir eine Weile abnehmen?«
»Nicht nötig.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir hier knapp unterhalb der Lagune sind.« Sie stieg in den Bach und wir folgten ihr. »Von hier aus kommen wir besser voran, aber wir sollten trotzdem die Augen offen halten.«
Wir tranken alle etwas Wasser und sahen dann Connie zu, die sich den ganzen Körper abwusch. Am liebsten hätte ich mich ins Wasser geworfen und meine Stiche gekratzt, aber weil der Bach hier nur ein paar Zentimeter tief war, beschloss ich, erst in der Lagune zu baden.
Connie ließ sich Zeit und genoss es sichtlich, uns warten zu lassen. Mir war es egal, denn mir gefiel es, wie sie da in ihrem nassen, durchsichtig gewordenen T-Shirt und ihrem ultraknappen Bikini vor uns herummachte.
Als wir endlich wieder aufbrachen, folgten wir dem Bach, wobei wir manchmal im Wasser, manchmal auf den Steinen am Ufer gingen. Auf diese Weise kamen wir viel rascher und einfacher voran als vorhin im dichten Dschungel, obwohl das Gelände steiler wurde und der Bach immer rascher floss und immer lauter gurgelte. Bald mussten wir an manchen Stellen klettern oder von Felsen zu Felsen springen. Zum Glück wurde es nie so steil, dass wir beide Hände zum Klettern gebraucht hätten.
Von wegen einfacher Weg, dachte ich.
Vielleicht für Kimberly.
Wir anderen jedoch mussten ein paarmal rasten, bevor wir die Lagune erreichten. Die letzte Pause allerdings legten wir auf Kimberlys Verlangen ein, was mich einigermaßen erstaunte. War sie am Ende doch so erschöpft, dass sie Kräfte sammeln musste?
Nein.
Sie setzte sich auf einen Felsen, lehnte ihren Speer an einen Baum und legte ihren Tomahawk ab. Dann schlüpfte sie aus Keiths Hawaiihemd und sagte: »Wir sind fast da. Ich klettere mal da hinauf und sehe nach dem Rechten. Ihr wartet so lange auf mich, okay?«
»Aber du solltest nicht alleine gehen«, sagte ich.
»Ihr könnt mich alle sehen da oben«, sagte sie und deutete hinauf zu den Felsen. »Ich möchte nur kurz schauen, ob die Luft rein ist.«
Wir erklärten uns einverstanden, und Kimberly kletterte die Felsen auf der rechten Seite des Baches hinauf. Als sie fast oben war, legte sie sich auf einer im Winkel
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