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Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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Silbmagier, die Wissenden. Sie alle haben an diesem Krieg mitgewirkt.«
    Wir dachten darüber nach, aber es waren nutzlose Spekulationen. Wir würden nie zu einer Schlussfolgerung kommen, denn wir hatten nicht genug Informationen. Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass Alain Recht hatte: Der Dunkelmagier hatte einmal selbst gelitten, so wie er jetzt andere Leute leiden ließ.
    Ich erinnerte mich an den Blick in Jankos Augen …

19
    Und dann war da noch Aylsa …
    Das Ghemf und ich unterhielten uns viel und oft miteinander, während es meinen Stock bearbeitete. Ich musste mich dazu auf den Boden legen oder manchmal auch in eine halbliegende Position begeben, je nachdem, an welcher Seite Aylsa arbeitete. Es war eine langwierige Prozedur. Das Joch bestand aus hartem Holz, und wenn Aylsas Klauen auch stärker und schärfer als Fingernägel waren, so waren sie für eine solche Aufgabe trotzdem kaum geschaffen. Schlimmer noch war, dass sich das Holz, als es schließlich zersplitterte, nur in kleine, winzige Splitter auflöste. Gott weiß, was das für ein Holz war, aber für uns hätte es gar nicht schlimmer kommen können.
    Wenn wir uns unterhielten, während Aylsa arbeitete, war ich irgendwie tatsächlich froh über die Dunkelheit. Es führte dazu, dass mir unsere körperlichen Unterschiede nicht so bewusst wurden.
    In der Dunkelheit konnte ich das hässliche flache Gesicht nicht sehen, das Grau ihrer Haut und die fehlenden Haare nicht. In der Dunkelheit wirkte sogar ein Ghemf menschlich, und ein Mischling verfügte über eine angeborene Würde. Da wir gemeinsam in dieser Hölle gefangen waren, kam es mir wichtig vor, dass unsere Gemeinsamkeiten in den Vordergrund traten und nicht die Unterschiede.
    Ich erinnere mich an eine meiner ersten Fragen: Ich erkundigte mich nach Aylsas Geschlecht.
    Ein Lachen war die Antwort. Das Ghemf hielt in seiner Arbeit inne und sagte: » In genau diesem Moment? Ich befinde mich in einer Übergangsphase, bin weder das eine noch das andere. Wir werden alle weiblich geboren, Glut, jedes Einzelne von uns. Dann, wenn wir etwa dreißig sind, beginnen wir uns zu verändern. Mit vierzig sind wir vollkommen männlich. Natürlich schreiben wir den geschlechtlichen Unterschieden weit weniger Bedeutung zu als ihr. Junge Ghemfe können Junge austragen und ernähren, die älteren können sie zeugen und sind erfahrenere Arbeiter, aber ansonsten gibt es keinen Unterschied zwischen den Aufgaben der männlichen und weiblichen Ghemfe oder der Art, wie sie leben. Vielleicht wäre es am besten, Ihr würdet mich als weiblich betrachten. Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis ich mich selbst als männlich verstehe.«
    Es war nur gut, dass Aylsa mein Gesicht nicht sehen konnte. Ich sagte schließlich, während ich mich um einen sachlichen Ton bemühte: » Das ist aber nicht allgemein bekannt.«
    » Nein. Wir versuchen, die Unterschiede zwischen Ghemfen und Menschen so gut wie möglich zu verbergen. Wir sprechen gewöhnlich mit Menschen nicht über solche Dinge – es gilt nicht als weise.«
    » Wieso nicht? Und wieso erzählt Ihr es mir jetzt?«
    Ich rechnete damit, dass sie die Frage nicht beantworten würde, aber ich irrte mich. Nach einigem Nachdenken sagte sie: » Zunächst einmal glaube ich nicht, dass Ihr irgendetwas von dem, was hier drinnen stattfindet, draußen erzählen werdet, wenn ich Euch darum bitte, es nicht zu tun – was ich hiermit tue. Abgesehen davon rechtfertigen unsere gegenwärtigen unangenehmen Umstände möglicherweise eine Veränderung bisheriger Bräuche. Und ich möchte, dass Ihr, gerade Ihr, mehr über uns wisst. Ihr seid der erste Mensch, der mit mir auf eine Weise gesprochen hat, als wäre ich – als wäre ich Euch ebenbürtig. Ihr wolltet etwas von mir, aber Ihr habt meine Weigerung akzeptiert; Ihr wart nicht einmal verärgert. Ihr habt keine Ahnung, wie erfrischend das für mich war.«
    Ich verspürte Schuldgefühle, als ich mich erinnerte, wie wenig mitfühlend ich damals allem begegnet war, das mit Ghemfen zu tun hatte. Und ich fragte mich, wie es wohl sein musste, als Ghemf zu leben, wenn schon die gewöhnliche Höflichkeit eines Menschen derart beeindruckend war.
    Sie seufzte. » Geschwätzig zu sein liegt nicht in der Natur eines Ghemfen. Selbst jetzt empfinde ich es irgendwie als beschwerlich, diese Dinge zu sagen, auch wenn die Dunkelheit hilft. Versteht Ihr, wir Ghemfe sprechen nicht viel miteinander. Es ist unnötig. Wir wissen auch ohne Worte. Wenn eine

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