Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende
ziemlich lächerlich vor. Und dabei wusste sie noch nicht einmal von meinem Seepony.
28
Bei Einbruch der Dämmerung saßen wir an einem einsamen Strand, der sich einige Wegstunden von Gorthen-Hafen entfernt befand. Ich machte ein Feuer aus Seetang, an dem wir uns wärmten, während wie frühstückten. Ruarth, der die ganze Nacht lässig auf dem Kopf des Seeponys geschlafen hatte, flatterte jetzt herum, fing Insekten und fraß Grassamen. Flamme war nicht annähernd so glücklich. Ich schätze, zum Teil quälte sie sich, weil sie Dasrick gegenüber versagt hatte, da sie nicht in der Lage gewesen war, ihm zu widerstehen. Jemand musste ihr sagen, dass es nicht schlimm war, gelegentlich Fehler zu machen. Und dieser Jemand konnte nicht Ruarth sein, der sich, da er war, was er nun einmal war, auf sie verlassen können musste. Sie brauchte einen Freund oder eine Freundin, einen Menschen, der ihr ebenbürtig war. Plötzlich war ich sehr froh, dass wir zusammen waren, auch wenn meine Trennung von Thor eine Art ständigen unterschwelligen Kopfschmerz erzeugte, der viel zu häufig an die Oberfläche geriet.
Es gab noch einen anderen, greifbareren Grund, weshalb Flamme unglücklich war. Jemandem, der nicht schwimmen konnte, musste die Flucht von Gorthen-Hafen auf dem Rücken eines Seeponys vorkommen, als wollte man die Vorsehung selbst herausfordern, und daran änderte auch die Tatsache nichts, dass ich sie zur Sicherheit an mir und dem Tier festgebunden hatte.
Ich selbst war sehr zufrieden mit unserem Tempo gewesen; Seeponys konnten sich wirklich schnell fortbewegen, wenn sie in ihrem Element waren. Selbst für Blutdämonen zu schnell – obwohl ich ohnehin darauf geachtet hatte, dass wir der Küste nicht zu nahe kamen, an der sich diese Tiere hauptsächlich aufhielten, wie ich vermutete.
Sucher war einfach nur froh, dass er endlich aus der Tasche heraus war. Er hatte gefressen und hüpfte jetzt in den Dünen herum, wirbelte Sand auf und benahm sich insgesamt wie ein Kind, das der Obhut einer strengen Zofe entkommen war. Wir hatten bereits eine kurze Runde mit Disziplinierungsmaßnahmen einlegen müssen, was Vögel betraf, sowohl im Besonderen – womit Ruarth gemeint war –, als auch im Allgemeinen. Glücklicherweise schien Sucher begriffen zu haben, dass das Jagen, Fressen oder Belästigen von irgendwelchen Kreaturen mit Federn tabu war. Und er war äußerst begierig darauf, sich unser Wohlwollen zu erhalten.
» Lass mich sehen, ob ich dich richtig verstanden habe«, sagte Flamme. » Du schlägst vor, dass wir auf diesem … diesem Seewurm da reiten – wobei wir bis zum Hintern im Wasser hängen werden –, und zwar den ganzen Weg bis Mekaté? Also zwei oder drei Tage lang, ohne anzuhalten? Du musst salzwasserbescheuert sein. Was ist, wenn wir von Haien angegriffen werden? Was ist, wenn wir einschlafen und runterfallen? Was ist, wenn es länger dauert und uns das Wasser ausgeht? Was ist, wenn es einen Sturm gibt? Was ist, wenn der Himmel sich bewölkt, und wir in der Nacht die Sterne nicht sehen können?« Sie wurde immer rasender. » Gott im Himmel, was ist, wenn wir Mekaté regelrecht verpassen und immerzu weiterreisen, bis wir vom Rand der Welt fallen?«
» Das Wasser reicht uns nur bis zu den Knien, wenn wir auf dem Seepony sitzen«, stellte ich in aller Ruhe klar, wobei ich die Tatsache verschwieg, dass das bei rauem Wetter natürlich nicht gelten würde. » Haie haben Angst vor Seeponys. Was das Schlafen betrifft, wir wechseln uns ab. Wir binden uns an. Die Strömung führt um diese Jahreszeit direkt von hier nach Mekaté, zumindest behaupten das die Fischer. Es ist nicht die Jahreszeit für Stürme. Es hat hier seit drei Monaten nicht mehr geregnet, und es ist nicht zu erwarten, dass sich das Wetter in den nächsten zwei Wochen ändert, nicht, wenn der Wind sich nicht dreht. Und ein Menoden-Gelehrter in der Nabe hat mir einmal erzählt, dass die Welt in Wirklichkeit rund ist und man gar nicht von irgendeinem Rand fallen kann. Wenn wir einfach weiter nach Westen segeln würden, würden wir schließlich wieder da ankommen, wo wir aufgebrochen sind.«
Sie warf mir einen ausdrucksvollen Blick zu.
» Flamme, es gibt keinen anderen Weg, der so sicher ist –«
» Sicher?«
» Da Dasrick jetzt weiß, dass du das Burgfräulein bist, wird er Gorthen-Nehrung nach dir – und auch mir – durchkämmen. Er wird alle mit seiner Silbmagie bearbeiten, die er erwischen kann, um zu erfahren, ob sie dich gesehen haben. Kein
Weitere Kostenlose Bücher