Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende
Schutz der Dunkelmagie anheimfallen würden. Und Leute wie der Basteiherr und der Burgherr tun, was sie sagen, zum Teil, weil sie an die Gefahr glauben, aber hauptsächlich, weil sie wissen, wo die Soße für ihren Fisch herkommt. Die Wahrer haben sie gekauft, wie sie alle anderen auf den Mittelinseln auch gekauft haben. Wir sind so abhängig von ihnen geworden, dass wir alleine nicht mehr existieren können …
Und in all dem, mittendrin, verfängt sich Burgfräulein Lyssal. Niemanden interessiert das, am allerwenigsten Leute wie Euch.« Sie sah mich verbittert an. » Alles, was Euch kümmert, sind Eure zweitausend Setus.«
Ihre Tirade hatte mich vollkommen überrascht. Alles, was sie sagte, stimmte zu einem gewissen Teil, und sie hätte es nicht besser anstellen können, dass ich mich fühlte wie ein Wattwurm. Aber ich brauchte meine zweitausend Setus. Geld war das Einzige, das mich davor bewahrte, dass ich mich zu den syphilisgeplagten Huren der Hintergassen gesellen musste, und diese zweitausend Setus waren ein kleines Vermögen für mich. Ohne Geld hatte ich nichts, abgesehen von der ungewissen Hoffnung, nach zwanzig Jahren Dienst für die Wahrer das Bürgerrecht zu erhalten. Ohne eine Ohrtätowierung war es schwer für mich, mir den Lebensunterhalt zu verdienen. Nirgendwo durfte ich mich rechtmäßig länger als drei Tage am Stück aufhalten, abgesehen von Gorthen-Nehrung. Ich konnte dem Gesetz nach wie eine Verbrecherin kreuz und quer über die Inseln gejagt werden – was oft genug geschehen war. Selbst meine Dienste für den Rat der Wahrer waren nicht offizieller Natur, was bedeutete, dass ich mich nicht darauf berufen und erwarten konnte, dass das Gesetz bei mir eine Ausnahme machte. Mit Geld konnte ich mir wenigstens etwas Frieden verschaffen. Ich konnte einen Vermieter bestechen, so dass er ein Auge zudrückte, was mein nicht vorhandenes Bürgerrecht betraf. Mit Geld konnte ich einigermaßen über die Runden kommen.
Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte ich gedacht, mit Geld könnte ich mir auch auf dem Schwarzmarkt eine Tätowierung kaufen. Irgendwer, dachte ich, würde mir das Symbol einer Insel einritzen und den kostbaren Stein in die Tätowierung einfügen – illegal und gegen einen gewissen Preis. Aber dann musste ich meinen Irrtum einsehen. Die einzigen Künstler, die das Geheimnis der Herstellung der Tätowierung kannten und wussten, wie man den Stein einfügte, so dass er weder herausfiel noch die Haut darüber wuchs oder es eine Narbe gab und daraufhin die Rechtmäßigkeit in Zweifel gezogen werden konnte, waren die Ghemfe – und Ghemfe waren unbestechlich. Sie waren es immer gewesen und würden es immer bleiben, verflucht sollten sie sein. Man konnte Wesen nicht kaufen, die ganz offensichtlich nicht mehr begehrten als das, was sie bereits hatten.
Die Cirkasin stellte ihr Getränk ab und trat zu mir, um meine Haare zu berühren. Ich zuckte zurück, aber sie wollte nur meine Locken zurückstreichen, um nach einer Tätowierung zu suchen. Als sie sie nicht fand, zog sie ihre Hand zurück und sah mich mit einem Blick an, in dem so etwas wie Mitgefühl lag. » Ihr armen verfluchten Inselhüpfer. Ihr habt auch nicht gerade die Wahl, was?«
Ich blinzelte. » Äh, nicht wirklich.« Sie überraschte mich erneut, diesmal indem sie plötzlich ziemlich weltlich zu fluchen begann; es passte so gar nicht zu ihrer bisherigen Ausdrucksweise, zu der Aura der Hochwertigkeit, die sie zu erzeugen versuchte.
Sie goss mir noch etwas Branntwein in meinen Becher und kehrte übergangslos zu ihrem vorherigen Sprachstil zurück. » Ihr solltet Eure Verluste bei der Angelegenheit gering halten. Ihr werdet Burgfräulein Lyssal niemals finden.«
» Wer zur Hölle seid Ihr? Eine Freundin von ihr?«
Sie zuckte mit den Schultern. » Was spielt das für eine Rolle? Ich habe die Bürgerrechte von Cirkase, aber ansonsten bin ich eine Abtrünnige, ganz wie Ihr. Mein Name ist übrigens Flamme.«
Ich schlug mit meinem Becher gegen ihren, als wollte ich ihr zuprosten, und begann zu kichern.
» Was ist daran so witzig? Es ist natürlich nicht mein richtiger Name. Er bezieht sich auf die Farbe meiner Haare –«
» Es sind wunderschöne Haare«, sagte ich diplomatisch. Sie waren eher blond als rot, und daher vermutete ich, wer immer sie so genannt hatte, musste sie als Kerzenflamme sehen, nicht als die Flamme eines Herdfeuers. » Der Name passt zu Euch.«
» Und? Was ist so witzig?«
» Mein Name ist Glut. Weil ich, als ich
Weitere Kostenlose Bücher