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Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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ebenso wie meinen Ekel. Beinahe bedauerte ich es, eine Wissende zu sein. Ohne meine Fähigkeit hätte ich nicht das Geringste bemerkt, wäre ich genauso unwissend gegenüber der Gefahr gewesen wie alle anderen.
    Ich holte tief Luft und versuchte, die Macht zu isolieren, um erkennen zu können, wer sie benutzte, und – was vielleicht noch wichtiger war – wer ihr Opfer war. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich erbärmlich. Die Macht war zu groß. Sie durchdrang den ganzen Raum, und ich konnte sie nirgends festmachen. Noch nie hatte ich erlebt, dass sich das Rot der Dunkelmagie so heftig ausbreitete. Und ich hatte auch noch nie erlebt, dass es auf seinem üblen Weg so sehr wogte. Das Einzige, dessen ich einigermaßen sicher sein konnte, war die Tatsache, dass sich diese Macht nicht gegen mich richtete. Dennoch wurde mein Mund trocken, und meine ineinander verschränkten Hände waren feucht. Ich war es nicht gewohnt, dass meine Fähigkeit versagte, und ich hatte Angst.
    Gott, was hatte ich nicht alles für Geld getan! Ich hätte nie nach Gorthen-Nehrung zurückkehren sollen; zu viel Übles konnte dort geschehen, besonders, wenn Magie im Spiel war. Für einen kurzen Moment erfassten mich Zweifel, ob es das alles wert war: eine Feststellung, die mich frösteln ließ, die mich wie ein unerwarteter Regenguss überkam und die ich rasch von mir wies.
    Janko kam schwankend durch den Raum und brachte mir meinen Fisch. Der Vogel, der die ganze Zeit auf der Rückenlehne des Stuhls neben mir gehockt hatte, flog weg, und die Frau auf der Treppe hatte sich entschieden. Den Seemann, der einen betrunkenen Kameraden von seinem Stuhl gestoßen hatte und der jetzt einladend auf den leeren Platz neben sich klopfte, ließ sie unbeachtet. Stattdessen ging sie zu dem Jungen mit den hübschen Wimpern. Ich hätte schwören können, dass er tatsächlich rot wurde, als er bemerkte, dass sie auf ihn zukam. Er stand auf, stieß dabei fast seinen Stuhl um und schluckte beschämt, dann setzte er sich wieder und wirkte alles in allem wie ein Mann, der einen Schlag mit einem Knüppel auf den Kopf erhalten hatte. Das Mädchen schenkte ihm ein Lächeln, das vermutlich sogar Janko an seinen schlechtesten Tagen bezaubert hätte, und setzte sich.
    Ich wandte meine Aufmerksamkeit dem Fisch zu, denn ich wollte so schnell wie möglich aus diesem Schankraum verschwinden. Wenn es etwas gab, das ich nicht brauchen konnte, dann die Möglichkeit, in Dunkelmagie verwickelt zu werden.
    Ich hatte den Fisch fast aufgegessen, als der leere Stuhl, der mir gegenüber stand, mit einem Quietschen über den Boden glitt. Ich sah auf und stellte fest, dass der Quillaner, dieses geschmeidige Exemplar männlicher Schönheit vom Tisch der Sklavenschiffer, sich auf ihm niederließ. Das bezaubernde Lächeln, das ich bereits bei ihm bemerkt hatte, bewegte nicht nur seine Lippen, sondern zeigte sich auch in den Augenwinkeln, als er jetzt sagte: » Niamor. Auch bekannt als der Unterhändler.« Der Name wirkte ähnlich vertraut auf mich wie sein Gesicht.
    Ich antwortete mit einem Lächeln und gab ihm den einzigen Namen, den ich jemals für meinen eigenen gehalten hatte, auch wenn ich zu verschiedenen Zeiten eine Reihe anderer benutzt hatte. » Glut Halbblut.«
    Er wirkte etwas verblüfft. Der Nachname, den ich genannt hatte, war offenbar erfunden; es schien ihn zu verwirren, dass ich mich entschieden hatte, meine Position so deutlich zu betonen. Er wusste nicht, dass es stets einer meiner Fehler gewesen war, genau das Unerwartete zu tun. Er äußerte sich jedoch nicht dazu. » Ich habe Euch schon mal irgendwo gesehen.«
    » Vielleicht. Ich war früher schon mal in Gorthen-Hafen.«
    Er schnippte mit den Fingern. » Jetzt erinnere ich mich! Ihr wart vor etwa fünf Jahren hier und habt Arbeit gesucht, wenn ich mich nicht irre. Und irgendwann seid Ihr als Deckhelfer auf einem Sklavenschiff davongesegelt.« Er kicherte. » Ich hatte nicht erwartet, Euch lebend wiederzusehen. Dieses Schiff hatte einen ziemlich üblen Ruf. Einige behaupten, sein Kapitän wäre ein Dunkelmagier gewesen.«
    Ich verzog das Gesicht bei der Erinnerung. » Das stimmt.« Es war eine furchtbare Reise gewesen, und ich wäre beinahe Seedrachen-Futter geworden, aber ich hatte dem Kapitän sehr viel Geld geboten, um mich an Bord dieses Schiffes als Mitglied der Mannschaft durchzuboxen. Es gab nicht viel, das ich damals nicht für Geld getan hätte. Ich bezweifle, dass ich es jetzt noch tun würde.

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