Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Titel: Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
Vom Netzwerk:
Baumreihe – alles alternde Riesen, die als Einzige von dem uralten Wald übrig geblieben waren, der einmal hier gestanden hatte. Die Bäume waren umgeben von anderem Leben; Farne und Orchideen wuchsen in den Spalten, Kriechpflanzen und Reben rankten sich um die Zweige, und Flechten zogen Muster über die Rinde, die zweifellos von Insekten und Echsen nur so wimmelte – eine unverhohlen lebendige Fruchtbarkeit, gegenüber der das Büro nur umso mehr wie eine Grabstätte wirkte.
    Ich stolperte über einen farbenprächtigen Webteppich, als ich das Zimmer betrat. Der Exemplar für Religions- und Rechtsangelegenheiten, ein kleiner und glattrasierter Mann, wartete geduldig darauf, dass ich mein Gleichgewicht wiedererlangte und an seinen Tisch trat. Seine Kleidung entsprach den Vorschriften seiner Religion. Sie bestand aus einem Gewand, das vom Hals bis zu den Handgelenken reichte und die Knie bedeckte, während die Unterschenkel nackt waren. Die blaue Farbe des Stoffes galt als Symbol des Himmels, und die erhöhten Schuhe hatten die Aufgabe, ihn über die Erde zu erheben. Sein Priesterhut, mit einer dicken schwarzen Schleife unter dem Kinn festgebunden, war lächerlich hoch und sollte sein Bestreben symbolisieren, sich nach dem Fellih-Meister zu strecken.
    » Ich bin Exemplar Dih Pellidree«, sagte er mit kühler Höflichkeit. » Setzt Euch. Ihr wolltet mich sprechen?«
    Sein Angestellter hatte ihm bereits meinen Namen genannt, und so sagte ich nur: » Das stimmt. Es geht um die Frau, die einmal meine Ehefrau war: Jastriákyn Longpiet von Wyn.« Ich setzte mich, wobei mich seine Gleichgültigkeit so nervös machte, dass ich beinahe den Stuhl umgestoßen hätte. Ich konnte es an ihm riechen, konnte es rings um ihn herum riechen. Er wollte, dass ich wieder ging. Offenbar fand er mich anstrengend.
    » Oh. Ja, der Angestellte hat mir die Akte gegeben. Was ist mit ihr?« Er nahm eine Mappe vom Stapel auf dem Tisch und begann, sie durchzublättern.
    » Syr, ich weiß rein gar nichts. Ist sie denn hier? Euer Büro hat mir gesagt, ich soll Euch aufsuchen.«
    » Oh, ja. Jetzt erinnere ich mich an den Fall. Sie ist hier, unten im Gefängnis.« Er legte die Fingerspitzen seiner beiden Hände aneinander und klopfte leicht dagegen. » Es ist meine unangenehme Pflicht, Hochländer, Euch darüber in Kenntnis zu setzen, dass sie wegen der Sünde des Ehebruchs verurteilt wurde.«
    » Verurteilt?«, stotterte ich, während ich versuchte zu begreifen, was er da sagte. Ich war mir nicht sicher, ob ich richtig verstanden hatte.
    » Vom Gericht für Religionsangelegenheiten.«
    » Heißt das, sie wird bestraft werden?«
    » Sie ist zum Tode durch Vernichtung verurteilt worden.«
    Mir stockte der Atem. » Sie wurde zum Tode verurteilt? Wegen Ehebruchs?«
    » Das ist richtig. Unter den gegebenen Umständen ist ein solcher Tod obligatorisch.«
    Er hätte mich kaum stärker verblüffen können. Es war, als hätte ich einen Schlag in die Magengrube erhalten. Ich suchte nach Worten, suchte nach irgendeinem Sinn in dieser Sache, die im tiefsten Innern ziemlich sinnlos war.
    Er wartete, nach wie vor höflich und sehr distanziert. Uninteressiert. Ich durchsuchte die Luft nach etwas  – irgendetwas –, das mir hätte sagen können, was ich tun sollte, was ich sagen oder fragen könnte. Da ich keinerlei Hinweise fand, zwang ich mich nachzudenken. » Ehebruch?«, fragte ich schließlich. » In diesem Fall wäre es doch wohl ihr Ehemann, dem sie einen Schaden zugefügt hat. Was hat das mit Euch zu tun?«
    Seine Augen funkelten. » Es ist dem Fellih-Meister dadurch Schaden zugefügt worden, möge Sein Name heilig sein. Der Meister hasst alle Laster, und unerlaubter Geschlechtsverkehr ist in Seinen Augen eine schreckliche Sünde. Eure Frau muss die dafür vorgesehene Strafe erleiden.«
    Das kann doch alles nicht wahr sein. Ich versuchte, mich zu beruhigen, logisch zu denken. Suchte nach irgendeiner Möglichkeit, das Undenkbare aufzuhalten. » Sie gehört zum Himmelsvolk. Sie hat mit Eurem Glauben nichts zu tun. Wie kann sie da Eurem Glauben zuwidergehandelt und gesündigt haben?«
    Erneut funkelten seine Augen, aber er hielt seine Gefühle unter Kontrolle. Ich roch nichts. » Betritt ein Heide unsere Welt, untersteht er unseren Gesetzen. Dieses Recht wurde uns vom Havenherrn und dem Fellih-Meister zugebilligt.«
    Mit Mühe brachte ich hervor: » In Eure Welt?« Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Jastriá sich mit einem Fellih-Gläubigen

Weitere Kostenlose Bücher