Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Titel: Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
Vom Netzwerk:
schienen mir nicht mehr zu gehören. Auf dem Weg nach draußen hielt ich inne und drehte mich noch einmal zu dem Exemplar um. » Vernichtung, sagtet Ihr«, sagte ich. » Was genau bedeutet das?« Meine Stimme schien auch nicht mehr die meine zu sein: Es war eine andere Person, die da sprach. Die Worte kamen wie aus weiter Ferne zu mir.
    Dih Pellidree sah von seinen Papieren auf dem Schreibtisch auf. » Oh, Steinigung«, sagte er durch und durch gleichgültig. » Tod durch Steinigung.«
    Ich taumelte. Mein Körper war unfähig zu arbeiten, während mein Verstand versuchte, die Wahrheit hinter diesen Worten zu akzeptieren.
    Pellidree sah mich nicht einmal mehr an. Er schob Jastriákyns Akte zuunterst in den Stapel und nahm von oben eine andere auf. Nächste Akte, nächstes Verbrechen, nächste Bestrafung. Alles an einem einzigen Tag. Ich hätte ihn am liebsten umgebracht, die Welt von seiner selbstgefälligen Frömmelei befreit. Zum ersten Mal in meinem Leben wollte ich einen anderen Menschen auslöschen.
    » Hier entlang«, sagte der Fellih-Gläubige, der zu den Zellen vorausging. Er musste mich am Ellenbogen fassen und sanft aus dem Zimmer des Exemplars ziehen.
    Die Zellen waren groß, trocken und schlicht. In der jeweiligen Tür befand sich eine große, mit einem Gitter versehene Öffnung, durch die wir uns würden unterhalten müssen. Ich bat um die Erlaubnis einzutreten, aber natürlich wurde mir diese Bitte verwehrt. Nachdem mein Führer mich eingehend durchsucht hatte, ließ er mich allein. Ein anderer Fellih-Gläubiger hielt hier Wache; er saß an einem Tisch am Ende des Zellenblocks. Ich wurde also weiterhin bewacht.
    Ich warf durch das Gitter einen Blick in die Zelle. Zwei Frauen befanden sich dort: die eine war das kartenspielende Halbblut, die andere Jastriá. Sie saßen beide auf der einzigen gewebten Matte, die in der Zelle vorhanden war. Die andere Frau hatte gerade etwas gesagt, das Jastriá zum Lachen gebracht hatte, und der Klang ihres Lachens brachte eine Flut von Erinnerungen zurück, die umso schmerzlicher waren, als ich von ihrem bevorstehenden Tod wusste.
    Jastriá … diese wilde, eigensinnige, wunderbare Frau sollte auf barbarische Weise von einer barbarischen Religion getötet werden, und zwar nur deshalb, weil sie ihren Körper einem unbekannten Mann geschenkt hatte. Bei der Schöpfung, die beiden hatten einen hohen Preis für ihre Leidenschaft gezahlt.
    » Jastriá«, sagte ich, und sie blickte auf.
    Ich erkannte an ihrem Geruch, dass sie mich nicht erwartet hatte. » Kel?« Sie kam zur Tür, und es war klar, dass sie kaum glauben konnte, was ihre Sinne ihr zeigten. » Ich dachte schon vorhin, ich hätte dich gerochen, aber ich konnte es nich glauben!«
    » Sie haben eine Nachricht zur Himmelsebene geschickt und mir gesagt, dass ich herkommen soll. Also bin ich gekommen.«
    Sie sah mich mit besorgten, von dunklen Ringen umrahmten Augen an. » Oh, Kel, es tut mir so leid. Du hättest nich …« Sie schluckte. » Haben sie dir gesagt, was passiert is? Sie werden mich töten, weißt du.«
    Ich nickte. » Jastriá, wie konntest du nur so dumm sein?« Ich hatte das nicht sagen wollen, und ich hätte die Worte zurückgenommen, wäre das möglich gewesen. Sie würde sterben, und ich machte ihr Vorwürfe. Unwillig fuhr ich mir mit den Fingern durch die Haare, weil ich so gedankenlos gewesen war.
    Sie lachte leise. » Ah, du kennst mich, Kel. Immer scharf auf’n bisschen Aufregung und Spannung. Ich musste das Leben voll ausleben, alles ausprobieren, aus jedem Becher trinken. Hat Spaß gemacht, solange es gedauert hat.« Letzteres war eine Lüge, und wir wussten es beide. Es war kein Spaß gewesen, sondern ihr verzweifelter Versuch, einen Frieden in ihrem Geist zu finden, der sich ihr stets entzogen hatte. Sie hob eine Hand an den Kopf, um den Kamm herauszunehmen, mit dem ihre Haare zusammengesteckt waren. Ihre rote Mähne fiel über ihre Schultern.
    » Ich hab’s versucht«, sagte ich. » Ich hab versucht, sie von ihrem Entschluss abzubringen, aber Jas, sie haben mir nich mal richtig zugehört.«
    » Haben sie dir gesagt, wann?«, fragte sie. Sie klang sehr viel ruhiger, als ich mich fühlte.
    Ich antwortete nicht sofort, sondern ließ sie erst einatmen, damit sie riechen konnte, dass eine schlechte Nachricht auf sie zukam. Eine freundliche Geste unter denjenigen, die auf der Himmelsebene lebten: als könnte sich irgendwer auf das vorbereiten, was ich zu sagen hatte. » Sie sagen … heute Abend.

Weitere Kostenlose Bücher