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Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Titel: Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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würden, was sie wollen, wenn alle dahin gehen würden, wohin sie wollen, würde sich die zerbrechliche Welt der Himmelsebene auflösen. Es musste Regeln geben.
    Am Ende hatte der Tharn – mein Tharn – sie ausgeschlossen. Sie wurde für ein Jahr verbannt, als Strafe für ihre Übertritte. Ich liebte sie so sehr, dass ich mit ihr gegangen war, um mit ihr zusammen an der Küste ein neues Zuhause zu errichten. Das Geld dafür verdiente ich, indem ich den Leuten an der Küste meine Dienste anbot, und ich dachte, wir würden es schaffen, irgendwie über die Runden zu kommen. Aber als ich das erste Mal zur Himmelsebene zurückkehrte, um meine Familie zu besuchen, verschwand sie. Sie hinterließ mir eine kurze Notiz und ging einfach weg.
    Ich hatte Wochen damit verbracht, nach ihr zu suchen. Und dann suchte ich jedes Mal nach ihr, sobald ich in Mekatéhaven war. Ich fand sie nicht.
    Und jetzt saß sie in einer Gefängniszelle und wollte von mir wissen, ob ich verstand, wieso sie so ruhelos gewesen war, so unfähig, ihren Frieden zu finden.
    » Ob ich’s verstehe?«, fragte ich. » Zum Teil. Ein bisschen. Schließlich hab ich nie das Leben führen wollen, das mein Vater geführt hat, und nur zu Hause rumsitzen wollen. Aber Jas, du hast dich gerade ums Leben gebracht! War es das wert?«
    » Du weißt, dass mich das nich kümmert«, sagte sie. » Ich dachte, wenn ich die Freiheit hätte, zu tun und zu lassen, was ich wollte, würde sich damit alles lösen, aber das war nich so. Weil ich niemals frei war, nich richtig. Die Himmelsleute haben mich verabscheut, weil ich anders sein wollte ; das Küstenvolk hat mich verabscheut, weil ich anders war. Anscheinend konnte ich nirgendwo glücklich sein.«
    » Dieser Mann …«, fing ich an, und dann wusste ich nicht, wie ich die Frage stellen sollte.
    » Der Mann, mit dem sie mich erwischt haben? Er hat mich dafür bezahlt, Kel. Ich kannte ihn nich mal.«
    Mir war übel, und ich wandte das Gesicht ab.
    Sie roch meinen Abscheu, und ihr Ärger floss über. » Ich bin froh, dass ich sterben werde. Hast du gehört? Ich bin froh!«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste, dass ich ihr gegenüber versagt hatte. Ich hatte mich während der Zeit unserer Ehe so hilflos gefühlt, und ich fühlte mich auch jetzt hilflos, als ich durch das Gitter ihrer Gefängnistür blickte. » Es tut mir leid«, sagte ich. Ungenügende Worte für eine überwältigende Situation.
    Sie seufzte. » Es spielt keine Rolle. Ich hätte dich nich heiraten sollen. Ich hätte überhaupt niemanden heiraten sollen. Ich weiß nich, was ich hätte tun sollen; es gibt kein Heilmittel für die Zerstörung der Seele. › Wer den Himmel anspuckt, bekommt es selbst ins Gesicht zurück. ‹ Nun, es war meine Entscheidung, den Himmel anzuspucken.«
    » Gibt es denn gar nichts, das ich für dich tun kann? Wir sollten nich darüber reden, dass du stirbst. Wir sollten versuchen, einen Weg zu finden, wie wir es verhindern können. Kennst du hier jemanden, zu dem oder zu der ich gehen könnte?«
    Sie streckte eine Hand durch das Gitter und legte ihre Finger auf meinen Mund. » Lass es bleiben, Kel. Das hier kannst du nich mit einem deiner Heilmittel heilen.«
    » Bei der Schöpfung, Jas!«
    Wir starrten uns an, atmeten in unserer gemeinsamen Verzweiflung und unserem Entsetzen, spürten uns auf eine Weise, wie das Küstenvolk es niemals erleben wird. Jedes feine Detail stand in der Luft zwischen uns geschrieben, wurde mit jedem Atemzug gelesen, den wir nahmen. Was mich betraf, so war alles, was ich zu sagen hatte, genau hier, ohne irgendwelche sanften Worte oder Höflichkeitsfloskeln: Schuld, Liebe, Kummer. Ich spürte ihr eigenes Bedauern, ihre Traurigkeit, ihre tiefe, glühende Wut. Ich spürte die Spuren jener Leidenschaft, die sie einmal vor langer Zeit für mich empfunden hatte.
    Wir waren so jung gewesen, damals. Ich warf einen Blick über ihre Schulter auf ihre Zellenkameradin. Die Frau lehnte an der gegenüberliegenden Wand, hatte die Arme verschränkt und den Kopf geneigt. Sie musste jedes Wort mitangehört haben.
    Jas rührte sich und seufzte. » Kel, da gibt’s was, das du für mich tun könntest.«
    » Ja.«
    » Es is möglicherweise das Schwerste, worum ich dich je gebeten habe.«
    Ich antwortete vorsichtshalber nicht sofort, denn ich wollte nicht erneut versagen. » Was is es?«
    » Ich habe Angst vor dem, was sie tun werden. Sie sagen … sie sagen, es kann ein langsamer Tod sein. Und ein

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