Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
keiner von ihnen den kleinen schwärzlichen Vogel, der mit wild flatternden Federn davonflog und sich den Aufwind an der Felswand zunutze machte, auch wenn sein Körper eigentlich gar nicht zum Gleiten gedacht war.
Oben auf der Klippe hielt Ruarth ein oder zwei Minuten an und bat einen der anderen Dunstigen, die Nachricht an Thor und mich zu überbringen, dann flog er selbst weiter, um Gilfeder zu warnen.
Die Kralle bot drei Möglichkeiten, von ihr wegzukommen: über eine Brücke, die nach Xolchasturm führte; über eine andere, die zum Zahn führte; und über eine Seilrutsche, über die man zum Reißzahn gelangte. Die beiden Brücken waren absichtlich nicht auf den Karten eingezeichnet worden, die man Morthreds Leuten gegeben hatte, und der Weg auf dem Boden, der mit Flaggen markiert war, führte noch nicht einmal annähernd in ihre Nähe. » Aber es sollte sowieso keine Rolle spielen«, sagte ich, nachdem der Dunstige erklärt hatte, was geschehen war. » Diese Dunkelmagier werden nicht mehr von dem Pfeiler runterkommen, nicht, wenn wir es verhindern können. Nicht einmal dann, wenn sie von den beiden Brücken erfahren haben.« Ich warf Thor einen Blick zu. » Fangen wir sie ab, bevor sie zum Tempel kommen.«
Er nickte, und wir liefen den Weg entlang, der zu den Klippen gegenüber der Klaue führte. » Das hier erinnert mich an etwas«, sagte ich. » Calment. Nur sind wir diesmal auf der gleichen Seite.«
Er verzog das Gesicht. » Bei den Zähnen der Hölle, Glut. Ich bin inzwischen zu alt für solche Dinge. Ich bin ziemlich aus der Übung.«
» Du schießt immer noch verteufelt gut mit dem Bogen, und ich meine mich erinnern zu können, dass ich erst kürzlich gesehen habe, wie du mit deinem Schwert ein paar Köpfe und Gliedmaßen abgetrennt hast.«
» Mag sein, aber sieh nur, was aus mir geworden ist!« Er versuchte, locker zu klingen, aber ich hörte den Schmerz trotzdem.
Wir waren noch nicht weit gekommen, als wir einen Mann den Pfad entlang zum Tempel auf uns zukommen sahen. Es war der letzte der umgewandelten Silbmagier. » Auf der Flucht«, sagte Reyder mit einem lakonischen Mangel an Gefühl. » Du nimmst den linken und gehst hoch. Ich komme von rechts – tief.«
» Beinahe zu leicht.«
Wir liefen und zogen unsere Schwerter fast im letzten Moment. Zu spät erkannte der Mann unsere Absicht und schoss einen Bolzen aus Dunkelmagie auf uns ab. Wir ignorierten ihn und schwangen unsere Klingen.
» Wie ich schon sagte, zu leicht«, bemerkte ich, während ich das Blut an meiner Waffe an dem nassen Hemd des Mannes abwischte.
Thor sah auf die Leiche herunter. » Ich hasse es, diese umgewandelten Silbbegabten zu töten«, sagte er. » Es kommt mir zu sehr vor wie das Töten von Unschuldigen.«
Etwas an dem, was er gesagt hatte, klang nicht richtig, und ich musterte ihn genauer. Und dann sah ich etwas, das in seinen Augen lauerte; etwas, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich es jemals bei ihm sehen würde: eine wilde Freude am Töten.
Erst jetzt begriff ich wirklich, was Gilfeder und ich Thor Reyder angetan hatten. Erst jetzt fürchtete ich aus gutem Grund um seine Zukunft. Einen Moment lang standen wir da und starrten uns einfach nur an, umgeben von der Tragik dessen, was mit uns geschehen war. Dann sagte er leise: » Du passt auf dich auf, ja?«
Er wartete nicht auf meine Antwort, sondern begann, den Pfad wieder entlangzulaufen. Irgendwo weiter vorn kletterten zwei Dunkelmagier die Felswand zu uns hoch.
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Erzähler: Kelwyn
» Mein Herr Gethelred«, sagte Xetiana und tupfte sich die Lippen mit der Serviette ab, als sie mit der Mittagsmahlzeit fertig war. » Es ist Zeit, dass wir gehen und uns wieder dem Wettkampf widmen. Die ersten Kämpfer müssten jetzt auf den letzten vier oder fünf Pfeilern angekommen sein, und man kann sie gut von den westlichen Klippen aus sehen. Sie sind auf jeden Fall nah genug, dass wir einige der Teilnehmer erkennen können.«
Der Dunkelmeister stand vom Tisch auf und reichte ihr seine Hand. » Dann machen wir uns auf den Weg, meine Dame.« Er warf Xetianas Verlobtem einen Blick zu. » Ihr habt hoffentlich nichts dagegen, wenn ich Eure wunderschöne zukünftige Braut dorthin geleite, Syr Yethrad? Immerhin werdet Ihr sie ein ganzes Leben an Eurer Seite haben, während mir nur ein oder zwei Tage zur Verfügung stehen.«
» Ganz und gar nicht«, erwiderte der Pfeilerherrscher. » Ich schätze mich nur zu glücklich, an ihrer Stelle Burgfräulein Lyssal begleiten zu
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