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Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Titel: Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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Wettkampfstrecke führte am östlichen Rand des Reißzahns entlang; Läufer, die sich hier befanden, würden für uns auf Xolchasturm deutlicher zu sehen sein. Der nächste Pfeiler, der Milchzahn, war noch niedriger und noch näher bei uns. Er und die zwei Pfeiler, die danach kamen, standen so dicht beieinander, dass sie sich fast berührten: erst die Flosse und dann der Krümel, der nicht nur der niedrigste Pfeiler von allen war, sondern auch kaum mehr darstellte als einen unbewohnten Steinhaufen, der tatsächlich zum Meer hin abbröckelte. Die letzten vier Pfeiler – vom Reißzahn bis zum Krümel – waren gewöhnlich durch Holzbrücken in der Art schräger Landungsbrücken miteinander verbunden, die jedoch eigens für dieses Rennen entfernt worden waren. Von den Wettkämpfern wurde erwartet, dass sie über die Lücken zwischen den einzelnen Pfeilern hinwegsprangen. Falls ihnen das nicht gelang und sie stürzten, bedeutete das ihren Tod. Die Lücken waren kaum breiter als eine Mannslänge und für einen körperlich geübten Menschen leicht zu überspringen – sofern man natürlich keine Höhenangst hatte. Dennoch wurde mir schon beim bloßen Hinsehen der Mund trocken.
    Als die königliche Gruppe die Aussichtsplattform erreichte, waren bereits die ersten Wettkämpfer auf der Kralle zu sehen, die auf die Rutsche zuliefen. Es war wichtig, als Erster dort anzukommen, denn das Seil konnte nur jeweils von einer Person benutzt werden, und warten zu müssen konnte leicht den Verlust entscheidender Sekunden bedeuten. Ich spürte die Aufregung der Zuschauer jetzt in beißenden Wogen um mich herum aufsteigen. Einige der Adeligen besaßen Fernrohre und konnten daher erkennen, welche Wettkämpfer das Rennen anführten, was zur Folge hatte, dass eine Reihe neuer Wetten abgeschlossen wurden. Xetiana fragte natürlich nicht nach ihrem Fernrohr. Sie vermittelte ganz den Anschein einer Frau, die sich um nichts Sorgen machte, und klatschte wie ein Schulmädchen in die Hände, als sie erfuhr, dass eine Frau an dritter Stelle war. Ich ließ mich natürlich nicht täuschen. Xetiana war hochgradig konzentriert, ihre Gefühle angespannt.
    Ich sah mich um und versuchte, die verborgenen Bogenschützen zu entdecken. Mehrere von ihnen waren gleich in meiner Nähe, während sich andere ein Stück weiter weg versteckten. Ich konnte jedoch niemanden sehen, nicht einmal, als der Hauptmann der Wache mir sagte, wo sie waren. Die Plattform und die Dächer waren reichlich mit Wimpeln und dekorativen Flaggen ausgestattet; sicherlich hatten ein paar Männer keine Mühe, sich dort ungesehen aufzuhalten. Allerdings würden sie Mühe haben, einen direkten, sicheren Schuss auf den Dunkelmeister abzugeben; es liefen einfach zu viele Leute herum. Xetianas Damen schienen sehr viel mehr Interesse daran zu haben, auf und ab zu spazieren, als das Rennen zu verfolgen, während einige der Männer es vorzogen, am Geländer zu stehen, statt zu sitzen.
    Sie alle versuchten, etwas zu sehen, als der erste Wettläufer am unteren Ende der Rutsche ankam, über die Weiden des Reißzahns raste und dabei die Schafe auseinanderscheuchte, ehe er aus dem Blickfeld geriet. » Wir sehen ihn in ein paar Minuten wieder«, sagte Xetiana zu Gethelred, » sobald er an der Bucht vorbei ist.«
    Als der Mann wieder auftauchte, hatten ihn einige andere eingeholt. Keiner von ihnen trug eine rote Schärpe, und zu Xetianas Enttäuschung war die Frau zurückgefallen. Der erste Wettkämpfer, der den südlichen Rand des Reißzahns erreichte, zögerte nicht. Er sprang über die Lücke hinweg auf den Milchzahn, musste sich nur einen Moment um sein Gleichgewicht bemühen, ehe er weiterlief. Ich konnte seine Erschöpfung in einer Windböe riechen.
    Der zweite Mann atmete erst tief durch, ehe auch er sprang. Der dritte – derjenige, der die Rutsche als Erster benutzt hatte – keuchte richtig, als er den Rand der Klippe erreichte. Wild entschlossen, wieder aufzuholen, nahm er die Lücke im Laufschritt, landete aber schlecht und knallte gegen die Kante des Milchzahns. Die Zuschauer schnappten in einer Mischung aus Entsetzen und Aufregung so geräuschvoll nach Luft, dass ich zusammenzuckte.
    Der Mann rutschte zurück, da er es nicht schaffte, sich irgendwo festzuhalten. Erschöpft und verwirrt wie er war, schien er nicht in der Lage zu sein, seinen unausweichlichen Sturz über die Felskante aufzuhalten. Dann, im letzten Moment, packten einige der Wettkampfordner, die an dieser schmalsten Stelle

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