Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Titel: Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
Vom Netzwerk:
dürfen.«
    Yethrads durchgängige Ruhe hatte mir bereits verraten, dass er keinerlei Ahnung hatte, dass er es mit einem Dunkelmeister zu tun hatte. Sein lockerer Umgang mit den ganz offensichtlich habgierigen Blicken, die Morthred dem Inselherrn zuwarf, zeigte mir außerdem, dass seine Leidenschaft für seine zukünftige Braut nicht sehr ausgeprägt war. Xetianas Geruch wiederum machte mir klar, dass sie ihrerseits Yethrad nur wenig Zuneigung entgegenbrachte und um seine Sicherheit nicht besonders besorgt war. Sie hatte nicht vor, eine Ehe von Gleichrangigen zu führen: Sie würde herrschen, und wenn das bedeutete, dass sie dem Mann, der ihr Ehemann sein würde, Informationen vorenthalten musste, dann tat sie das eben. Sollte ihm an diesem Nachmittag irgendetwas zustoßen, würde sie das bedauern, aber nicht aus Herzensgründen, sondern aus politischen Erwägungen heraus.
    Je mehr ich über den Inselherrn erfuhr, umso weniger mochte ich diese Frau. Ich vermutete, dass sie absichtlich zwischen charmanter Ungezwungenheit und herrischer Befolgung des Protokolls hin und her wechselte, um ihre Höflinge aus dem Gleichgewicht zu bringen. Yethrad mit seiner lässigen Gleichgültigkeit war wahrscheinlich der einzige Mann, der bereit war, auf diese Weise über sich herrschen zu lassen und die Unsicherheit und untergeordnete Position in Kauf zu nehmen, um im Gegenzug in den Genuss der offensichtlichen Vorteile zu gelangen, die mit der Tatsache verbunden waren, dass er der Ehegatte eines Inselherrn und Vater des nächsten Inselerben war.
    Sie stiegen die Treppen wieder herunter, hinter ihnen ihr Gefolge, zu dem auch ich gehörte, und marschierten über die flachen Dächer der Stadt auf den Rand der Klippe zu – diesmal auf der westlichen Seite des Pfeilers. Der Wind war stark und trug die Rufe und den Geruch von Meeresvögeln und den Geschmack von Salzwasser heran. Die Hofdamen quietschten und kicherten, während sie mit den Händen ihre Kleider nach unten drückten und die Hauben festhielten; selbst ich, einerseits dankbar dafür, dass die Brise den größten Teil des Gestanks der Dunkelmagie wegwehte, drückte mir meinen Hut fester auf den Kopf. Hin und wieder überquerten wir eine Fußbrücke, und es war klar, dass diese Wege über den Dächern weniger benutzt wurden als die eine Ebene tiefer liegenden Gassen, in denen sich Menschen drängten. Als ich eine Wache fragte, warum das so war, erhielt ich zur Antwort, dass die Dächer nur Leuten ab einem bestimmten Rang offen standen. Das alles kam mir ziemlich dumm vor, aber in diesem Augenblick war ich sehr froh darüber. Es bedeutete, dass weniger Leute anwesend waren, und daher auch weniger starke Düfte, die ich ausfiltern musste. Ich konnte mich auf die konzentrieren, die wichtig waren.
    Die Sicht von der Aussichtsplattform auf dieser Seite der Stadt war atemberaubend. Wir blickten über einen schmalen Wasserstreifen namens Dünnhals, der jetzt voller kleiner Boote mit wohlhabenden Herren darin war, die mit Essen und Getränken bestens versorgt waren. Die meisten hatten Anker gesetzt, um den Verlauf des Rennens von einer Stelle aus verfolgen zu können, andere jagten hin und her; für uns, die wir hoch über ihnen waren, wirkten sie wie Wasserkäfer, die in einem launischen Tanz einen Bach entlangglitten. Auf der anderen Seite vom Dünnhals befanden sich die letzten fünf Pfeiler des Rennens, die eine Art Riesentreppe darstellten, die im Norden bei der Kralle – dem größten Pfeiler – begann und nach Süden hin zum Krümel immer kleiner wurde. Die Kralle war für uns Zuschauer auf der Aussichtsplattform um einiges zu weit weg, als dass wir hätten viel erkennen können, abgesehen von den hohen Säulen des Tempels der Winde. Menschen waren kaum mehr als Farbkleckse für uns.
    Inzwischen wusste ich, dass die Verbindung von der Kralle zum nächsten Pfeiler, dem Reißzahn, aus einer Art Schrägseil bestand, das als Rutsche bezeichnet wurde. Wer immer von dem höheren Pfeiler zum tieferen wollte, hängte sich darin ein und rutschte einfach den ganzen Weg nach unten. Umgekehrt war es etwas komplizierter, aber mit Hilfe von Flaschenzügen und Gegengewichten durchaus möglich. Offenbar glaubte man, dass sich diese Stelle nicht für eine Hängebrücke eignete, obwohl ich nicht verstand, wieso ein einfaches Seil da besser sein sollte. Sosehr ich mich auch bemühte, ich konnte die Rutsche nirgends erkennen: Sie verlor sich vor dem Hintergrund aus Meer und Felsen.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher