Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
von der gleichen Dunkelmagie-Explosion aus dem Wasser geschleudert, nur um dann wieder hineinzufallen – erschrocken, aber unverletzt. Jetzt endlich begriff sie, dass sie einen gewaltigen Fehler gemacht hatten, und sie rechnete damit, sterben zu müssen; stattdessen sah sie, dass die Wahrerin, die eine schlechte Schwimmerin war, selbst in dem Aufruhr ertrank, den sie mit ihrer Macht aufgewirbelt hatte. Chania, die in einem Anfall von Übelkeit feststellte, dass ihre beiden Kameradinnen nicht zu sehen waren, tastete nach ihrem Messer. Mit einer raschen Bewegung packte sie die sterbende Silbin bei den Haaren und zog ihr die Klinge über die Kehle. Diesmal gab es keine Magie-Explosion. Sie ließ die Leiche für eine auf einem Seepony reitende Wache zurück, die zu spät zu Hilfe geeilt kam.
Wütend schwamm Chania hinter der nächsten Wahrerin her, die offenbar nicht mitbekommen hatte, was hinter ihr geschehen war. Sie holte die Wahrerin ein, als diese gerade einen Fuß auf den Felsen des Pfeilers setzen wollte, der als Nase bezeichnet wurde, packte die Frau von hinten und brach ihr mit einem kräftigen Ruck zur Seite das Genick. Dann schwang sie sich aus dem Wasser und begann den langen Aufstieg die Felswand hinauf, hinter der dritten und letzten Silbin her.
Das Vergnügen, sie ebenfalls zu töten, blieb ihr jedoch verwehrt. Die Silbin war ein gutes Stück voraus und kletterte gleichmäßig weiter nach oben. Sie erreichte die Spitze kurz vor Chania, aber als sie sich über den Rand wuchten wollte, wurde sie von einem Armbrustbolzen im Auge getroffen. Einen Moment taumelte sie am Rand entlang, dann kippte sie hintenüber und fiel, stürzte schweigend ins Wasser. Keuchend zog Chania sich hoch und ließ sich oben ins Gras sinken. Der Leibgardist senkte seine Armbrust. » War das die letzte Frau?«, fragte er. Er trat zum Rand und sah nach unten. Tief unter ihm kreisten die Vögel und schrien, aber niemand kletterte mehr die Felswand hoch. Unten im Wasser zogen einige Wachen auf Seeponys eine andere Leiche aus dem Wasser. » Wo sind deine Kameradinnen?«
» Sie kommen nicht mehr«, flüsterte Chania. » Mögen die Winde sie in die Ewigkeit wiegen.« Müde kämpfte sie sich auf die Beine und verspürte mehr Verzweiflung als Triumph. » Ich glaube, wir haben die Schwierigkeiten deutlich unterschätzt, Leibwächter.«
Der Dunstige, der zugesehen und zugehört hatte, flog zurück nach Xolchasturm, um diese Nachricht weiterzugeben.
Auf der Kralle, die über eine Brücke direkt mit Xolchasturm verbunden war, richteten Thor und ich uns beim Tempel der Winde ein. Der Tempel erstreckte sich über den oberen Teil eines Hügels, den höchsten Punkt von ganz Xolchaspfeiler. Er war mit Marmor gepflastert, und sein Dach bestand aus gewaltigen Steinplatten, aber abgesehen von einem inneren Heiligtum, das unter dem Fußboden verborgen war, war alles dem Wind ausgesetzt. Die Steinsäulen, die das Dach trugen, waren mit seltsam geformten Löchern versehen, und es dauerte nicht lange, bis wir herausfanden, dass es einen Grund dafür gab. Sie brachten den Wind zum Singen, so dass überirdische musikalische Klänge aufstiegen, deren Summen und Säuseln überall auf dem Pfeiler zu hören war. Die Xolchaner glaubten, dass es die Stimme des Windgottes sei, und es war die Aufgabe der Priester, die Lieder zu deuten. Gegen eine Gebühr, selbstverständlich.
Am Anfang hatten sich viele Einwohner um den Tempel versammelt, um von dort aus das Rennen zu verfolgen, aber Xetianas Wachen hatten sie in ihre Häuser zurückgeschickt und ihnen den strikten Befehl gegeben, dort zu bleiben, bis der Wettkampf vorüber war. Sie hatten sich beklagt, aber gehorcht; inzwischen mussten alle möglichen Gerüchte zwischen den Pfeilern kursieren, und viele Leute mussten gespürt haben, dass irgendetwas nicht stimmte.
Gleich unterhalb des Tempels befand sich ein Kontrollpunkt, an dem Wettkampfordner mit uns warteten; sie alle waren Reservisten aus Xetianas Leibwache – Bauern, die in ihrer Jugend einst Wachen gewesen waren und ihre Waffen so mühelos und gekonnt wie erfahrene Soldaten schwangen. Die Gespräche, die sie während des Wartens führten, drehten sich nicht um den bevorstehenden Kampf oder die Möglichkeit, dass sie dabei sterben könnten, sondern um den Zustand des diesjährigen Soroghum-Korns, das armselig war, und die Wollschur dieser Saison, die exzellent war. Als der erste Wettbewerbsteilnehmer auftauchte – einer von Xolchas –, versteckten sie
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