Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
postiert waren, nach seinen Armen und zogen ihn zu sich hoch. Ein Zischen ging durch die Reihen der königlichen Zuschauer, eine Mischung aus Missbilligung und Erleichterung. » Armer Kerl«, sagte Xetiana zu Morthred, aber in ihrer Stimme schwang Erheiterung mit. » Er wird mit der Schmach leben müssen, gerettet worden zu sein. Wenn er sie jemals loswerden will, muss er erneut an einem Wettkampf teilnehmen und gewinnen.«
Ein paar Minuten später sahen wir, wie die beiden, die das Rennen jetzt anführten, auf die Flosse hinübersprangen. Die Flosse war ein kleiner Pfeiler, der unter der Herrschaft einer einzigen Bauersfamilie stand. Die beiden Männer setzten im Laufschritt über ihn hinweg und sprangen auf den Krümel. An dieser Stelle erhob Xetiana sich mit den Worten: » Syr-Silb, meine Damen und ich müssen Euch jetzt verlassen und ins Haus des Herrn zurückkehren. Wir sollten vor Ende des Wettkampfs umgezogen sein, damit wir den Sieger bei der Siegerehrung und dem anschließenden Festmahl und Ball angemessen empfangen können. Ich bin allerdings sicher, dass Ihr und Yethrad das Rennen gerne noch ein bisschen weiter verfolgen wollt, und daher schlage ich vor, dass Ihr hierbleibt. Ihr werdet sehen wollen, wie sich Eure Männer und Frauen machen.«
Gethelred stand auf und verbeugte sich. Das Lächeln auf seinem Gesicht war ein bisschen starr. Ich spürte seine aufsteigende Wut und rückte einen Schritt näher. Der Dunkelmeister war kein Narr; er wusste, dass Xetiana unterschwellig das offensichtliche Versagen seiner Wachen bespöttelte. Lächelnd bekämpfte er das Gefühl. » Natürlich«, sagte er.
Ich zitterte angesichts der Bedrohung, die ich jenseits der geschwungenen Linie seines Lächelns roch.
Xetiana drehte sich zu Flamme um. » Burgfräulein Lyssal, hättet Ihr nicht Lust, mich zu begleiten? Yethrad wird Lord Gethelred rechtzeitig zurückbringen, damit er dort das Ende des Wettkampfs verfolgen kann. Nicht wahr, Liebster?«
Yethrad verbeugte sich, noch immer neutral; Xetiana und ihre Hofdamen und Flamme glitten davon, zusammen mit einigen Wachen, unter denen auch der Sekuria und einige andere Männer des Hofes waren. Flamme wirkte beinahe ätherisch, so abgehoben, als wäre sie ein Geist.
Als Xetiana an mir vorbeiging, warf sie mir einen vielsagenden Blick zu. Ich wusste, was sie mir damit signalisieren wollte: Sie hatte mir meine Befehle früher an diesem Morgen in eindeutigen Worten gegeben. Gethelred durfte diese Plattform nicht lebendig verlassen.
Es war geplant, dass Thor rechtzeitig von der Brücke kommen sollte, die die Kralle mit Xolchasturm verband, um sich dann um den Dunkelmeister zu kümmern. Die Entscheidung war zugunsten von Thor gefallen und nicht von Glut, weil er vom Dunkelmeister vielleicht nicht ganz so schnell erkannt werden würde. Um seine Aufgabe erfüllen zu können sollte er die Kleidung eines Priesters des Tempels der Winde tragen, ein Gewand, das üppig genug war, um seine südliche Herkunft und das Schwert zu verbergen. Glut würde sich einmischen, wenn dieser Plan in irgendeiner Weise schiefgehen sollte. Falls beide verhindert waren, war es meine Aufgabe, den Bogenschützen in einem passenden Augenblick das verabredete Zeichen zu geben. Allerdings hatte ich nach dem, was ich inzwischen gesehen hatte, nicht mehr viel Vertrauen in die Armbrüste. Der Wind, der bisher um die Aussichtsplattform herumgestrichen war, wuchs sich inzwischen immer mehr zu einem Sturm aus. Die Fahnen schlugen laut hin und her und begannen, in den Böen zu zerfasern. Die Seevögel schwebten auf ihren majestätischen Flügeln dahin, jammerten und schrien trotzig, während sie nach unten abtauchten, aber selbst sie wurden manchmal an ihren angestrebten Landeplätzen vorbeigeweht, wenn die wankelmütigen Auf- und Abwinde sie durcheinanderwirbelten. Ein Armbrustbolzen würde vermutlich eher vorbeigehen als treffen.
Ich fingerte nervös am Fernrohr herum und betete, dass ich es nicht würde benutzen müssen. Gewiss, es war unwahrscheinlich, denn selbst wenn Thor, Glut und auch die Bogenschützen versagen sollten, war da immer noch der Sekuria. Shavel hatte Xetiana zurück zum Haus begleitet, aber es war geplant, dass er sofort wieder zurückkehrte, wenn sie erst einmal sicher in ihren Gemächern war. Am Morgen hatte er mich von oben bis unten gemustert und erklärt, dass er ziemlich sicher sei, jeden Dunkelmagier mit nur einem einzigen Hieb töten zu können, bevor der elende Mistkerl Zeit hatte,
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