Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
Küste und der Himmelsebene wahren.«
Meine Mutter suchte nach meiner Hand und legte ihre eigene darauf. » Für wie lange?«, fragte sie meinen Vater.
» Mindestens ein Jahr, besser noch zwei.« Er seufzte. » Garwin wird dir Kontakte auf allen Inseln geben. Du kannst als Arzt und Wundarzt arbeiten, wo immer du willst, das weißt du. Dein Onkel hat Geld für dich, damit du irgendwo neu beginnen kannst. Du kannst zuerst Glut und Flamme zur Küste bringen und dich dann rasch auf den Weg zu einer anderen Insel machen, bevor sich die Nachricht bei den Küstenstädten verbreitet, dass du gesucht wirst. Wir werden dem Beamten des Havenherrn erklären, was geschehen is. Dass du nich vorhattest, dich in die Angelegenheiten von Gesetzesbrechern oder jenen, die nicht von der Insel stammen einzumischen.« Er räusperte sich und warf Glut einen entschuldigenden Blick zu. » Wir werden versuchen, deinen Namen reinzuwaschen, Kel. Schreibe uns, wenn du dich irgendwo niedergelassen hast, und wir werden dich wissen lassen, wann du zurückkehren kannst. Mach dir keine Sorgen, wir Übrigen können uns um die Kranken kümmern, selbst dann, wenn Garwin wieder weggeht. Tess arbeitet daran, eine gute Hebamme zu werden, wie du weißt, und sie hat auch ein Händchen für Kinder.«
Ich nickte. Es war ziemlich genau das, was ich nach meinem Gespräch mit Garwin erwartet hatte, aber es schmerzte dennoch. Zwei lange Jahre nicht in der Himmelsebene leben? Der Gedanke war entsetzlich. Ich bemühte mich, Glut nicht anzusehen, da ich Angst hatte, meine Wut nicht aus meinem Gesicht fernhalten zu können. Ich legte meinen Löffel hin; mir war der Appetit vergangen.
Nach dem Essen nahm Jaim den gemeinsamen Dorfklepper und machte sich auf die Suche nach unserer Herde. Er würde sie mit Hilfe seiner Nase finden, da sie jetzt überall sein konnte. Wir alle kannten natürlich den Geruch unserer eigenen Herde. Meine Mutter wirbelte herum, gab Tess und meinem Vater Anordnungen und suchte Zuflucht in hektischer Betriebsamkeit, damit sie nicht nachdenken musste. Meine Großmutter hielt vor dem Feuer ein Nickerchen. Garwin und ich ließen uns zu einem äußerst langen Gespräch nieder, in dem er versuchte, mir an einem einzigen Nachmittag alles beizubringen, was ich über das Leben jenseits dieser Insel wissen musste. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich gerade von einem Selber abgeworfen worden, ohne dass ich bereits auf dem Boden aufgekommen war. Schon bald würde es einen Aufprall geben, der so schmerzhaft sein würde wie das Ende der Schöpfung; in der Zwischenzeit war da nur das unaufhörliche Gefühl drohenden Unheils. Und doch war da auch ein Teil in mir, der aufgeregt war. Durch die Ereignisse hatte ich die Chance bekommen, andere Teile der Welt zu sehen, nach neuen Kräutern und Heilmitteln zu suchen, mit anderen Heilern zu sprechen. Sogar Garwins eher pessimistische Sicht konnte diese Aufregung nicht ganz dämpfen.
» Es is nich so leicht, als Arzt durchzukommen, wie dein Vater denkt«, warnte er mich. » Die Leute mit Geld können sich Silbheiler leisten, und glaube mir, viele von ihnen machen ihre Sache besser als irgendwer von uns, besonders dann, wenn der Patient sich frühzeitig in Behandlung begibt. Das bedeutet, dass nur die Armen übrig bleiben, und die zahlen nich viel. Offensichtlich. Dies is einer der Gründe, warum ich nach Gorthen-Nehrung gegangen bin. Es gibt dort keine Silbheiler, also bekommt man dort auch die Reichen. Wie auch immer, ich würde dir diesen Ort nich empfehlen. Nich jetzt. Nein, geh nach Breth. Ich werde dir den Namen einer Frau geben, die dir helfen wird, etwas aufzubauen. Du kannst meine Medizintruhe haben.«
» Wo ist sie?«, fragte ich.
» Ich habe sie in Mekatéhaven bei einem Freund gelassen, wie immer.« Die Kiste war riesig, viel zu groß, um sie jedes Mal den Steilhang hinaufzuschleppen, wenn er zurückkehrte.
Ich schnaubte. » Irgendwie glaub ich nich, dass ich in der nächsten Zeit dorthin zurückkehren sollte.«
» Ich kann dafür sorgen, dass sie dir geschickt wird. Hör zu, da gibt es noch jemand anderen in Amkabraig auf Porth. Ein wirklich gutes Mädchen namens Anistie. Du wirst ohnehin nach Amkabraig kommen; die Postschiffe, die von Lekenbraig kommen, halten dort, bevor sie weiter nach Xolchaspack und von da aus nach Breth fahren. Ich werde meine Kiste an Anistie schicken lassen. Ich schreibe dir ihren Namen auf, und wie du zu ihr findest.«
» Nein, Onkel. Es würde bedeuten, dass du hinunter
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