Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
lokalen Wachen des Havenherrn ein und suchten nach uns. Es schien, als wüssten sie bereits, dass drei Gäste in der Schenke waren, die Fahrkarten für das nächste freie Postschiff gebucht hatten. Sie hatten offensichtlich ihre Informationsquellen. Der Schenkenbesitzer kam zu uns hoch und erklärte höflich, dass die Stadtwache unsere Bekanntschaft machen wollte, und dass man uns unten im Schankraum erwartete. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass auch am Kai Wachen standen; vermutlich eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass wir versuchen sollten zu entkommen, ohne überprüft worden zu sein.
Glut schien sich keinerlei Sorgen zu machen. Ich hoffte, dass sie auch auf den Schenkenwirt so sorglos wirkte, aber ich konnte es nicht erkennen. Er musste Flammes Illusion gesehen haben, aber ich konnte beides nicht voneinander unterscheiden. Alles, was ich sah, war ihr freundliches Nicken, als sie sagte: » Wir kommen sofort nach unten.« Sie wandte sich an Flamme. » Gibst du mir bitte meinen Umhang, Liebes?«, fragte sie.
Flamme – in ihrer Rolle als Ehefrau – gehorchte; es war allerdings nicht der Umhang, den sie Glut gab, sondern ihr Schwert. Als ich wegen ihrer Kühnheit scharf die Luft einsog, nickte der Schenkenwirt und ging. Glut hielt die Tür für uns auf, damit wir gehen konnten. » Sagt so wenig wie möglich«, sagte sie zu mir, als ich an ihr vorbeistrich. » Es wird für Flamme schwer sein, Euren Dialekt zu verändern.«
Ich nickte. » Ihr seid nebelverrückt, alle beide.«
Ruarth fügte hinzu: Bleibt zu hoffen, dass keine Wissenden unter den Soldaten sind, denn in dem Fall steckt ihr alle bis zum Hals im Guano.
Sechs Wachen warteten unten im Schankraum auf uns, und einige andere hingen vor der Tür herum. Glut schritt ohne Zögern die Treppe zu ihnen herunter. Flamme folgte ihr dicht auf den Fersen. Ich blieb ein Stück zurück. Ruarth verschwand zwischen den Dachsparren. Erst jetzt, als ich sah, wie er von dort oben aus alles beobachtete, begriff ich, wie Glut beim Kartenspiel betrogen hatte: Dieser verflixte Vogel hatte ihr mittels Zeichen mitgeteilt, was für Blätter die anderen in der Hand hielten. Bei der Schöpfung, das war wirklich ein dreistes Dreigespann. Kein Wunder, dass sie es geschafft hatten, sich in Schwierigkeiten zu bringen.
» Ihr wolltet uns sprechen, Soldat?«, fragte Glut den befehlshabenden Offizier mit genau der richtigen Mischung aus herrischem Gehabe gegenüber einem Unterlegenen und Höflichkeit gegenüber einem Fremden. » Mein Name ist Ducrest. Das hier ist meine Frau Lyss. Der andere Mann ist mein Diener. Gibt es irgendein Problem?«
Der Mann schüttelte den Kopf. » Entschuldigt, dass wir Euch belästigt haben, Syr. Wir suchen nach Flüchtlingen, aber Ihr habt offensichtlich nichts damit zu tun. Wir werden Euch nicht länger stören.« Er verneigte sich und gab seinen Männern das Zeichen, sich zurückzuziehen, woraufhin sie sich umdrehten und begannen wegzugehen – bis auf das jüngste Mitglied, einen Jungen, der nicht älter als vierzehn sein konnte. Wir alle bemerkten den Ausdruck auf seinem Gesicht: Er sah uns an, als hätte jeder von uns zwei Köpfe. Glut lächelte ihn an.
Glücklicherweise bekam keine der anderen Wachen etwas davon mit. Der befehlshabende Offizier marschierte an dem Jungen vorbei, der noch immer gaffend dastand, während die anderen Wachen hinausgingen.
Glut fluchte leise.
» Ein Wissender?«, fragte Flamme im Flüsterton.
Glut nickte. Flamme machte Ruarth ein Zeichen. Er zwitscherte irgendetwas und flog zur Tür hinaus, nachdem der Junge schließlich wieder zu Verstand gekommen war und zu den anderen lief.
Ich holte tief Luft und verspürte das Gleiche, was ich damals auf der Straße gespürt hatte, als Flamme mit den Dulang-Wäschern gesprochen hatte: Furcht, Schmerz und das überwältigende Gefühl, dass etwas falsch war.
» Setzen wir uns hin und bestellen wir etwas zu trinken«, sagte Glut vollkommen unbeeindruckt. » Ruarth wird uns warnen.«
Ich verschluckte mich fast, während ich mich bemühte, mein inneres Gleichgewicht wiederzuerlangen. Schließlich schaffte ich es zu sagen: » Wenn der Junge Weißbewusstsein hat, glaubt Ihr nich, wir sollten dann machen, dass wir wegkommen?«
Sie schüttelte den Kopf und setzte sich an einen der Tische, während sie das Zeichen gab, dass sie bedient werden wollte. » Meiner Erfahrung nach lösen sich die meisten Engpässe ganz von allein auf, wenn man nicht wegläuft. Und Weglaufen
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