Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
ich mit Euch gehen?«
» Das ist zu gefährlich«, sagte Flamme. » Du musst erst noch groß und ein Kämpfer werden, Dek.«
» Ich werd nicht mehr sehr groß. Aber ich bin ein Wissender. Das ist doch gut, oder?«
» Es gibt viele Möglichkeiten für einen Dunkelmagier, Leute zu töten«, sagte Glut. » Nicht nur, indem sie Magie benutzen. Dass du ein Wissender bist, würde dir da nicht viel helfen. Tatsächlich kann es sogar ein Nachteil sein; wenn dich jemand verletzt, kann eine Silbmagierin dich nicht auf die gleiche Weise heilen wie einen gewöhnlichen Menschen.«
» Ich hab keine Angst.«
» Du solltest aber welche haben.«
» Oh.« Er sackte zusammen, und die Unterlippe zitterte etwas. Dann erhellte sich sein Gesicht wieder. » Aber meine Mam hat mir eine Geschichte über einen Syr-Wissenden erzählt, der vor langer Zeit gelebt hat. Er hat alle silbbegabten Heiler auf seiner Insel zusammengerufen und sich selbst geheilt, nachdem ihm jemand ein Schwert in den Bauch gestoßen hat.«
Flamme lachte. » Ich kenne diese Geschichte«, sagte sie. » Es war der Statthalter von Chis, und das Ganze fand vor zweihundert Jahren statt. Chis gehört zu Cirkase. Er hat den Silbbegabten gesagt, sie sollen ihn besser wieder hinkriegen, sonst würde sein letzter Befehl lauten, sie alle hinrichten zu lassen. Die Geschichte besagt, dass sie das getan haben und er sich erholt hat. Er war tatsächlich ein Mensch, der wirklich gelebt hat, und er hatte auch Weißbewusstsein. Meine Lehrer haben von mir verlangt, dass ich alles über seine Herrschaft lerne. Er war berühmt für die Erfindung der Pendeluhr …«
Glut warf ihr einen ausdruckslosen Blick zu, und sie schwieg. » Das ist nur eine Geschichte, Dek«, sagte sie. » Er hätte sich vielleicht auch so wieder erholt. Das wirklich Wichtige ist, dass Dunkelmagier gefährlich sind.«
» Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich muss doch irgendwo hingehen.«
» Kannst du Befehle befolgen?«, fragte Glut ihn.
» Ich bin eine Wache. Wir tun nichts anderes als Befehle befolgen.«
» Wir werden dir eine Fahrkarte nach Porth kaufen«, sagte Glut plötzlich und überraschte damit uns alle. » Komm zu uns an den Hafen, bevor das nächste Postschiff ablegt.« Sie konnte ihn dazu überreden, zurück zur Unterkunft zu gehen und sich die nächsten paar Tage normal zu benehmen, bevor sie ihn aus dem Zimmer schob. Kaum hatte sie die Tür hinter ihm geschlossen, gingen Flamme und Ruarth gleichzeitig empört auf sie los.
» Wie konntest du das nur tun?«, fragte Flamme. » Hast du vergessen, was mit Tann passiert ist? Er könnte noch leben, wenn du ihn nicht in unsere Angelegenheiten hineingezogen hättest.«
Gluts Gesicht verdüsterte sich. » Beim Graben in der Tiefe, Flamme, glaubst du, ich habe aus dem, was Tann passiert ist, gar nichts gelernt? Ich versuche, diesem Jungen zu helfen, nicht, ihn zu töten!«
Jetzt mischte ich mich ein. » Glut hat recht, Flamme. Wenn sie das nich gesagt hätte, hätte Dekan einen Weg gefunden, auf eigene Faust nach Porth zu gelangen, und wahrscheinlich hätte er sich dadurch in noch viel größere Schwierigkeiten gebracht.«
» Wie wollt Ihr das wissen?«
» Seine Absicht, uns zu täuschen, war klar zu sehen. Ich konnte es riechen; der Gestank war so stark wie heißer Teer in einer Wanne am Kai draußen.« Noch faszinierender war, wie Glut das wissen konnte, wo sie doch nicht meinen Geruchssinn hatte. Manchmal war die Art und Weise, wie sie in Leuten lesen konnte, fast ein bisschen zu gut.
Flamme schnüffelte. » Oh«, sagte sie.
Ruarth flatterte herum und schlug mit den Flügeln; ein paar schrille Töne folgten. Das ist eine praktische Gabe, die du da besitzt, Kel, sagte er.
» Zu gut, um verschwendet zu werden«, pflichtete Glut ihm bei. » Wir brauchen Euch, Gilfeder. Wir wissen nicht, was in diesem Treibsee auf uns zukommt. Ihr könntet uns den Vorteil verschaffen, den wir brauchen.«
» Ich bin Arzt«, erklärte ich kühl, » kein Kämpfer. Ich werde nach Amkabraig gehen, wo ich auf das Eintreffen von Garwins Medizinkiste warte. Dann werde ich das nächste Postschiff nach Breth nehmen. Wenn Ihr glaubt, ich würde irgendetwas anderes tun, täuscht Ihr Euch.«
Ich machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Zimmer, um mein eigenes aufzusuchen.
Während ich meine Tür entriegelte, kam Glut auf den Gang heraus. » Ich habe Euch aufgeregt«, sagte sie. » Verflucht, Gilfeder, Ihr seid so empfindlich wie eine lila Seeanemone in einem
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