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Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Titel: Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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irgendwelchen Hinweisen auf meine Flamme suchte, auf die sanfte, liebevolle Frau, die ich gekannt hatte, fand ich keine; dieses Wesen hier war hart und kalt und distanziert.
    Als Erste starb Stracey.
    Es klingt so einfach, wenn ich diese Worte spreche. Und in gewisser Hinsicht war es das auch.
    Kayed kam eines Nachts zu mir herunter und weckte mich. » Stracey ist an Deck, Kaulquappe«, zischte er mir ins Ohr. » Allein. Sie lehnt an der Reling.« Mehr sagte er nicht, aber der Blick, den er mir zuwarf, war eindeutig.
    Es war genau so, wie er gesagt hatte. Sie lehnte unweit des Hecks an der Reling und sah ins Kielwasser. Ich trat barfuß von hinten an sie heran und warf sie über Bord, bevor sie auch nur Zeit hatte, meine Anwesenheit zu spüren. Sie fiel geräuschlos ins Wasser und verschwand. Dass sie nicht schwimmen konnte, wusste ich bereits. Vor lauter Entsetzen hatte sie entweder keine Zeit gehabt oder nicht daran gedacht, das Schiff zu vernichten.
    Kayed kam zu mir, grinste mich an und gab mir einen Klaps auf die Schulter. Er hatte sich um den Steuermann gekümmert und ihn abgelenkt, damit der nicht bemerkte, was hinter ihm passierte. » Eine über Bord, zwei müssen noch fort«, flüsterte er mir zu.
    Ich schüttelte seine Hand ab und ging wieder zurück in die Mannschaftsquartiere. Dort legte ich mich in meine Hängematte, aber ich schlief nicht.
    Ich hatte gerade eine Frau getötet. Die Leichtigkeit, mit der dieser Mord vonstatten gegangen war, war an sich bereits eine Beleidigung; niemand sollte sein Leben auf so einfache Weise verlieren können. Da nützte es auch nichts, dass ich mir sagte, sie war tot besser dran als lebendig, und dass ihr wahres Selbst den Tod gegenüber dem vorgezogen hätte, was aus ihr geworden war. Ich hatte etwas getan, das noch vor wenigen Tagen– als ich noch ein Dunstigen-Vogel war– undenkbar gewesen wäre. Ich hatte einen Menschen getötet.
    Etwas verändert sich in einem, wenn man so etwas tut. Man hat dann einen geheimen Ort im Innern der Seele, den man nicht aufzusuchen wagt. Er bleibt ein Leben lang bestehen, und irgendetwas sagt einem, dass man die Abrechnung für diesen Mord präsentiert bekommt, wenn man selbst stirbt. Man versteckt ihn, denkt nicht an ihn, sofern das geht, und versucht ihn vernünftig zu begründen, wenn es nicht geht. Nicht, dass es mir leichtgefallen wäre, ihn zu entschuldigen; wie könnte es auch, da ich doch plante, Flamme vor dem gleichen Schicksal zu bewahren und eben nicht zu töten? Wenn die Gründe, mit denen ich Straceys Tod rechtfertigte, wirkliche Gültigkeit haben sollten, hätte ich auch vorhaben müssen, Flamme zu töten. Und genau das hatte ich nicht vor.
    Aber wisst Ihr, was das wirklich Schreckliche ist? Der zweite Mord fällt einem sogar noch leichter als der erste, weil man bereits seine Unschuld verloren hat.
    Gabania starb zwei Wochen später. Nach Straceys Verschwinden war sie vorsichtig und begab sich nie in die Nähe der Reling, wenn sie auf Deck war. Stattdessen nötigte sie einen der Seeleute dazu, sie zu begleiten und sie zu beschützen, was er auch tat.
    Dennoch kam meine Chance irgendwann, und als es so weit war, nutzte ich sie. Als wir den Südwestzipfel von Breth umrundeten– ein Gebiet, das dafür bekannt war, dass der Ozean hier gern wütete–, zog ein Sturm auf. Gabania war gerade mit ihrem Beschützer an Deck, und beide wurden von einer Welle von den Füßen gerissen und ins Speigatt geschleudert. Ich tat so, als wollte ich Gabania helfen, und kroch zu ihr. Zu Tode verängstigt klammerte sie sich an mich, als eine weitere Welle über das Deck schwappte. Ich hielt mich mit beiden Händen an der Reling fest und stieß ihr die Knie in den Bauch, als die Woge über uns zusammenschlug. Sie schnappte nach Luft und glitt unter der Reling hindurch ins Wasser. Ich erinnere mich noch gut an den ungläubigen Ausdruck in ihrem Gesicht. Die anderen waren alle zu sehr damit beschäftigt, sich selbst in Sicherheit zu bringen, um etwas davon mitzubekommen; tatsächlich wurde es auch für mich knapp. Nur dadurch, dass ich mich mit aller Kraft an der Reling festhielt, konnte ich verhindern, dass es mir ebenso erging wie ihr. Und ich hatte nicht die geringste Ahnung, ob ich überhaupt schwimmen konnte.
    In diesem Sturm wurde Lyssal das einzige Mal auf dieser Reise seekrank, aber schon am nächsten Tag war sie wieder auf den Beinen. Obwohl die See noch rau genug war, um mir ein mulmiges Gefühl zu bescheren, schien ihr jetzt nichts

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