Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
Ihr darüber sprechen, wenn Ihr wollt– sie wird Euch nicht davon abhalten können. Allerdings wird sie einen Fluch über euch alle legen, demzufolge jeder, der irgendjemandem etwas erzählt, der oder die nicht auf diesem Schiff gewesen ist, in Kürze sterben wird.«
Er sah mich an und runzelte die Stirn. » So etwas kann sie tun?«
Ich nickte. » Und noch einiges mehr. Sie ist eine Dunkelmeisterin.« Es war natürlich eine Lüge. Wenn der Zwang nachließ, war er für immer vorbei; einen derartigen Fluch gab es nicht.
Er saß eine Weile mit hängenden Schultern da, während er mit der Messerspitze seines Armes ein paar Kerben in die Tischplatte ritzte. Als er wieder aufsah, zeichnete sich ein tiefer Groll auf seinem Gesicht ab.
» Ihr habt keine andere Wahl«, schrieb ich.
» Nein«, antwortete er. » Gar keine.«
Eine Motte flog vorbei. Ich schnappte sie mir aus der Luft und aß sie.
kkk
Anyara isi Teron: Tagebucheintrag
53 – 1 . Doppelmond – 1794
Noch so ein anstrengender Tag, an dem ich gezwungen bin, Schwester Lescalles Gebeten zu lauschen – und ihren Ermahnungen, dass ich mehr Zeit auf meinen Knien verbringen sollte.
Ob sie wohl jemals damit aufhört?
Schön, ich gebe es zu. Eine Seereise ist entsetzlich langweilig. Ich kenne inzwischen jeden auf diesem Schiff. Ich kenne ihre Namen, ihre Vergangenheit, ihre Leiden und die Geschichten, die sie mir mit ihren ermüdenden Stimmen erzählt haben. Ich weiß, dass ich unfreundlich und undankbar bin, wenn ich mich beklage, schließlich habe ich all das hier doch gewollt …!
Glücklicherweise kann ich mich heimlich zu den Ruhmesinseln verdrücken, wann immer ich will. Ich kann den weit entfernten Stimmen der Leute lauschen, die den Großteil ihres Lebens vor langer Zeit in einem anderen Land gelebt haben. Ich kann ihnen etwas zuflüstern und ihnen alles Gute wünschen und ihnen sagen, dass ich komme. Im Augenblick ist es das Burgfräulein, das meine Phantasie gefangen hält. Flamme Windreiter: Schon der Name klingt nach Romantik, und auch in der Art und Weise, wie die anderen über sie sprechen, liegt welche, denn sie hat nur durch die anderen eine Stimme. Heißt das, dass sie gestorben ist? Ich könnte natürlich Shor fragen, aber das tue ich nicht. Ich vermute, Nathan würde es mir sagen, wenn ich ihn fragen würde, aber nein, ich werde weiterlesen und es selbst herausfinden.
Lieber Gott, ich fühle so mit ihr mit! In was für einer entsetzlichen Situation sie sich befindet! Ich erzittere, wenn ich nur daran denke, und manchmal frage ich mich, wieso ich so verrückt war, dass ich die Sicherheit Kells aufgegeben habe, um ein Land zu sehen, das so barbarisch und geheimnisvoll wie diese Inseln ist … Arme Flamme. Ich werde heute Nacht für sie beten, und Lescalles wird mich für fromm halten.
kkk
8
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Erzähler: Ruarth
Nur für alle Fälle holte ich mir ein Messer aus der Kombüse, bevor ich zu Lyssals Kabine ging.
Ich klopfte nicht an; ich öffnete einfach die Tür und trat ein. Dass sie die Tür nicht von innen verriegelt hatte, verriet, wie sicher sie sich fühlte.
Die Mitternachtswache hatte schon vor einiger Zeit begonnen, aber Lyssal hatte sich noch nicht schlafen gelegt. Sie stand am Heckfenster und starrte auf die weiße Gischt des Kielwassers inmitten des dunklen Meeres. Eine Laterne brannte, und der schwache Geruch von brennendem Öl erfüllte die Kabine. Sie stand mit dem Rücken zu mir, aber als sie hörte, wie ich die Tür öffnete, drehte sie sich um. Offensichtlich hatte sie eine ganze Weile keine Magie benutzt, denn die Schwaden der Dunkelmagie um sie herum waren schwächer, und so konnte ich ihr Gesicht sehen. Das Nachthemd, das sie trug– etwas, das sie von Morthreds zusammengeraubten Sachen genommen hatte–, war wunderschön. Es fiel von winzigen Trägern in etlichen Falten aus Satin und Spitze wie eine Glocke bis auf den Boden. Wie sie so im weichen Lampenlicht stand, war sie überwältigend schön.
Zum ersten Mal in meinem Leben spürte ich die Regungen der menschlichen, männlichen Begierde. Ich wollte meinen Geist dieses Gefühl weiter auskundschaften lassen, wollte meinen Körper das Gefühl erfahren lassen. Ich machte eine Bewegung und wollte sie irgendwie mit meinen Flügeln umschließen und ihre Brüste berühren. Es war anstrengend, die Richtung meiner Gedanken zu ändern und mich auf das zu konzentrieren, was wichtiger war.
Sie hätte überrascht sein müssen, mich zu sehen, denn Kaulquappe trat nie einfach so
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