Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
sich her durch die Tür. Kurz darauf befanden wir uns in dem Raum, der einmal die Kabine des Kapitäns gewesen war, aber jetzt Lyssal gehörte. Und ich sah sie in meiner menschlichen Gestalt jetzt zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht.
» Sieh nur«, sagte Stracey. » Ich habe etwas für dich. Ist er nicht witzig? Er wird der perfekte Diener für dich sein!«
Lyssal hatte sich dem zweiflügeligen Fenster zugewandt und drehte sich langsam um. Sie musterte mich nur oberflächlich. Ich konnte ihr Gesicht unter der Nebelschicht aus Dunkelmagie nicht erkennen. » Kommt mir eher wie der perfekte Idiot vor. Er scheint nicht sehr klug zu sein«, bemerkte sie. » Aber was soll’s, er wird’s auch tun. Lass uns jetzt allein, Stracey.«
Stracey wirkte enttäuscht über die fehlende Begeisterung. Sie schmollte. » Er ist stumm«, sagte sie, während sie die Kabine verließ. » Aber nicht taub.«
» Gut.« Lyssal kam durch den Raum auf mich zu.
Ich hob einen Fuß und versuchte, mich am Nacken zu kratzen– früher einmal war das eine nervöse Angewohnheit von mir gewesen. Jetzt kam ich sofort aus dem Gleichgewicht und ließ das Bein wieder sinken. Ich spürte ihren Blick, konnte aber die Dunkelmagie nicht durchdringen und ihre Augen sehen. Sie wird mich erkennen, dachte ich. Natürlich wird sie mich erkennen. Wie auch nicht? Wir haben uns einmal geliebt!
Aber der Tonfall ihrer Stimme änderte sich nicht. » Du wirst alles tun, was ich von dir verlange, ohne irgendwelche Fragen zu stellen«, sagte sie. Ich konnte die Nötigung regelrecht riechen, die damit verbunden war.
Es schmerzte mehr, als ich es je für möglich gehalten hatte. Flamme erkannte mich nicht… Lyssal versklavte mich. Machte mich zu einer weiteren Marionette, die sie nach Lust und Laune tanzen lassen konnte. Oder zumindest dachte sie das.
Sie sprach weiter. » Du wirst mir in keiner Weise schaden und mein Wohl stets an allererste Stelle setzen. Ist das klar?«
Ich nickte, voll quälender Unentschlossenheit. Morthred war tot. Vielleicht fing Flamme ja schon an, sich allmählich aus dem, was er ihr angetan hatte, herauszukämpfen. Vielleicht konnte ich jetzt mit ihr sprechen, und wir würden gemeinsam gegen ihn vorgehen… Ich könnte alles auf ein Stück Pergament schreiben… könnte ihr sagen, wer ich war.
Aber ich fand keinen Hinweis darauf, dass sie den Zwang tatsächlich abschütteln wollte. Ihre Miene– oder besser das, was ich davon sehen konnte– wirkte geistesabwesend, und ihre Stimme klang teilnahmslos. Du Narr, dachte ich im Stillen und machte den Schmerz zu etwas, mit dem ich umgehen konnte. Das ist nicht Flamme, das ist eine Dunkelmagierin. Wenn du das vergisst, wirst du sterben… Geduld, Ruarth. Geduld.
Sie gab mir eine knappe Zusammenfassung dessen, was ich tun musste; das meiste war mir natürlich längst bekannt. Ich wusste, wie sie den Tee am Morgen mochte und wie ihr Badewasser sein sollte. Ich wusste, was sie gern aß. Früher einmal hatte es nur sehr wenig gegeben, was ich über Flamme Windreiter nicht gewusst hatte.
Und so begann ich, als Lyssals Sklave zu arbeiten.
Von Anfang an spürte ich, dass es da etwas gab, das ich nicht verstand. Je mehr Tage vergingen und je länger Morthreds Tod hinter uns lag, desto verwirrter wurden Gabania und Stracey. Sie waren immer noch Dunkelmagier, ja, aber sie wirkten weniger gefährlich und unkonzentrierter. Ich hätte erwartet, dass dies auch bei Lyssal so sein würde, aber das war es nicht. Sie hätte durch die Umwandlung eigentlich sogar noch weniger beeinflusst sein dürfen als Gabania und Stracey, denn sicherlich war sie ihr nicht so lange ausgeliefert gewesen wie die beiden. Allerdings schien die Dunkelmagie in ihr stärker zu werden und nicht schwächer. Das Silberblau der Silbmagie verblasste, und sie erglühte im Rot der Dunkelmagie. Ich musste akzeptieren, dass Morthreds Tod auf sie nicht die gewünschte Auswirkung zu haben schien. Das Einzige, das mich etwas beruhigte, war die Tatsache, dass sie nicht so gedankenlos grausam war wie andere umgewandelte Silbmagier. Sie fügte niemandem auf dem Schiff körperlichen Schaden zu. Sie zwang sie in Unterwerfung und Gehorsam, aber das war auch schon alles. Wenn sie mir Befehle gab, tat sie das, ohne zu drohen, und wenn ich tat, was sie gesagt hatte, bekam ich kein Lob dafür. Genügte das Ergebnis ihren Ansprüchen nicht, übte sie scharfe Kritik und zeigte grausame Verachtung, aber nie ging sie darüber hinaus.
Doch wenn ich nach
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