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Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Titel: Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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das wirklich stimmte. Meine Sinne bezüglich des Weißbewusstseins waren immer noch so durcheinander, dass sie mich mehr verwirrten als mir halfen.
    » Nun?«
    » Ich könnte es– aber ich werde es nicht tun. Wie könnte ich mich danach noch ertragen? Sie würden alle an dem Tag sterben, an dem ich es dir sage, und ich müsste mit der Tatsache leben, dass ich sie verraten habe. Ich bleibe dabei, dass ich dich nicht verraten werde, ja, aber ich werde dir auch nicht helfen.«
    » Mach dich nicht lächerlich. Was für einen Unterschied macht das wohl?«
    Damit hatte sie recht. Wenn ich sie nicht warnte, würde ich mitverantwortlich sein, wenn sie starben. » Du vergisst, dass ich ein Dunstigen-Vogel war«, sagte ich. » Wir haben über Generationen hinweg Erfahrung darin, uns nicht in die Angelegenheiten der Menschen einzumischen. Wir haben von unseren Fenstersimsen und Dächern aus alles beobachtet. Wir haben gelauscht und zugehört und zugesehen. Und niemals haben wir uns eingemischt. Du kannst nicht über Nacht ändern, was ich bin. Ich werde niemanden verraten. Du wirst die Wissenden selbst finden müssen.«
    » Verdammt, Ruarth. Wieso lass ich dich nur am Leben?«
    » Weil du ohne mich einsam wärst.« Es war eine gedankenlose Bemerkung; die Wahrheit lag in dem Gedanken, der danach kam: weil Flamme noch irgendwo da drinnen in dir ist.
    Sie starrte mich an, dann fügte sie leise in einem drohenden Tonfall hinzu: » Deine Zeit wird allmählich wirklich knapp, Storchenbein.«
    Sie hatte recht, aber das änderte gar nichts an meiner Entscheidung.
    Ich hatte bereits denjenigen ausfindig gemacht, der die größte Gefahr für sie darstellte: Es war der Hauptberater des Basteiherrn, ein Wissender, der einfach nur Ikaan von Sedin genannt wurde. Auch er war hinter kleinen Jungen her, was ich als ebenfalls Wissender auf eine dunkle, finstere Weise ziemlich beschämend fand. Es war demütigend herauszufinden, dass ich mit jemandem verwandt war, der so widerwärtig war; irgendwie hatte ich immer gedacht, dass die Wissenden besser als die meisten anderen Leute waren. Das war dumm, ich weiß. Tief in meinem Innern hoffte ich, dass er der Erste sein würde, der Lyssal zum Opfer fiel.
    Nur ein paar Stunden nach meiner Unterhaltung mit Lyssal fand ich eine andere Wissende, die Matriarchin, die als Gesandte der Menoden von Tenkor hergekommen war. Sie war auch die spirituelle Beraterin am Hof, hauptsächlich deshalb, weil der menodische Geistliche, der bisher diese Rolle innegehabt hatte, seit längerem vermisst wurde. Sie war eine grauhaarige Frau, eine geborene Brethianerin, deren Blick tiefen Kummer über die Welt ausdrückte. Sie nahm an diesem Abend zu Ehren von Lyssals Anwesenheit ebenfalls am Essen teil. Ihr Name war Issuntara.
    Rolass Trigaan liebte es, sie zu ärgern. Er verhöhnte sie mit anzüglichen Bemerkungen und liebkoste seine Jungen vor ihren Augen, umarmte sie oder küsste ihre Wangen auf eine Weise, die man als harmlos hätte bezeichnen können, wäre da nicht sein Ruf gewesen– und die Tatsache, dass die meisten Kinder von Angst erfüllt waren. Sie gaben sich alle Mühe, ihr Entsetzen zu verbergen, was alles nur noch schlimmer machte, sofern das überhaupt möglich war.
    Flamme war natürlich auch anwesend, und vielleicht richtete sich ein Teil dessen, was der Basteiherr tat, an sie. Sie zuckte jedoch nie zusammen. Sie lehnte sich in dem gepolsterten Stuhl am Kopf des langen Tisches zurück, gab sich den Ausdruck von ungezwungener Heiterkeit und sah einfach zu, was geschah. Von meinem Platz hinter ihrem Stuhl aus versuchte ich, ihre Haltung nachzuahmen, aber das war schwer. Wann immer Trigaan das Wort an sie richtete, lächelte sie leicht und sagte etwas so Neutrales wie: » Wie Ihr sagt« oder » Da habt Ihr sicherlich recht«.
    Irgendwann nach dem Hauptgang nahm Ikaan einen seiner auserwählten Jungen auf den Schoß und fing an, ihn mit Süßigkeiten zu füttern. Der Junge war nervös, aber bisher unberührt– eine Tatsache, die der Hauptberater in seiner Unterhaltung mit den anderen deutlich ausführte. » Er wird heute Nacht mein Nachtisch sein«, sagte er und lächelte die Matriarchin an. » Möchtet Ihr, dass ich Euch die Natur meines Betthupferls beschreibe?« Er nutzte die Verbindung aus, die er als Wissender mit Issuntare teilte: die Verwandtschaft, die Nähe, das Gefühl der Kameradschaft waren schwer zu leugnen. All das machte seinen Spott und Hohn nur umso widerlicher. Die Spannung zwischen den

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