Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
Briefe, in denen sie ihre Absicht oder ihren Besuch angekündigt hätte.
Offensichtlich hatte sich noch nicht überall herumgesprochen, dass Lyssal von Cirkase verschwunden war, sonst wäre der Skandal sogar noch größer gewesen. Der Basteiherr wusste es auch nur, weil er die Wahrer bedrängt hatte, ihn über den Fortschritt seiner Werbung in Kenntnis zu setzen; sie hatten ihm schließlich mitgeteilt, dass sie nicht wussten, wo sie war. Sein Stolz hatte es ihm nicht gestattet, diese Neuigkeit zu verbreiten.
Glücklicherweise begriff niemand, dass ich ein Dunstiger war, sonst hätte sich die Aura des Geheimnisvollen, die Lyssal umgab, sogar noch verstärkt. Meine Haare und meine Tätowierung machten mich zu einem Cirkasen, und die Menschen hier wussten zwar bereits, was außerhalb von Breth mit den Dunstigen geschehen war, aber in dieser Stadt hatte es nie welche gegeben. Dunstigen-Vögel hatten eine Leidenschaft für Grassamen, und auf diesen kahlen Felsen gab es einfach keine. Deshalb wussten die meisten Bewohner dieser Stadt schlicht und einfach nicht, dass Dunstige, die sich gerade in Menschen verwandelt hatten, genauso aussahen und klangen wie ich.
Man gab uns Gemächer im Palast. Ich vermute, irgendeine arme Seele war erst kurz zuvor daraus verjagt worden, denn in den Räumen waren noch die Spuren eines hastigen Aufbruchs zu erkennen. Die Zimmer waren ursprünglich aus dem Stein der Klippe gehauen worden, aber da sie üppig vertäfelt und mit Wandteppichen ausgestattet waren, sah man das nicht sofort. Abgesehen von schmückendem Blattgold, dessen Glanz mein habgieriges Vogelauge unwillkürlich anzog, konnte ich nichts Reizvolles hier finden. Die Gemächer wirkten bedrückend mit ihrem übermäßigen Schmuck und dem fehlenden Platz; fast schien es, als wäre der Palast genauso vollgestopft und fettleibig wie der Herrscher dieses Inselreichs. Unsere Sachen wurden aus dem Gasthaus geholt, und Lyssal wurde jede Aufmerksamkeit gewährt, die einer königlichen Erbin zustand. Ihr wurde eine Zofe geschickt, die sich um ihre Bedürfnisse kümmerte, und eine Gouvernante bezog das angrenzende Zimmer. Ich bekam einen Raum gegenüber von ihrem persönlichen Empfangszimmer.
Kaum hatte Lyssal sich eingerichtet, tauchte auch schon ein stetiger Strom von Höflingen und Adeligen auf, die auf ihre Anerkennung aus und allesamt sehr neugierig waren. Die Botschafter anderer Inselreiche erschienen und zollten ihr Respekt, darunter auch der von Cirkase. Der Mann war beinahe außer sich vor Zorn: Er wusste nichts davon, dass Lyssal verschwunden gewesen war, aber er wusste nur zu gut, dass sie unmöglich die Zustimmung ihres Vaters haben konnte, unverschleiert und ohne richtige Eskorte den ganzen Weg über die Mittelinseln zurückzulegen. Er brachte es nicht über sich, ihr ins Gesicht zu sehen, und beendete seinen ersten Besuch damit, dass er sie um der Wohlanständigkeit willen bat, ihr Gesicht zu verhüllen. Sie lachte ihn aus.
Niemand schenkte mir sonderliche Beachtung, nicht einmal Lyssal. Wenn ich sprach, beschränkte ich mich auf wenige Worte und spielte weiter die Rolle, als wäre ich entweder stumm oder dumm oder beides.
Die Tage vergingen, aber von einer Heirat war nicht die Rede.
» Nun, was hast du erwartet?«, fragte ich sie ein oder zwei Tage nach unserer Ankunft im Palast, als wir allein waren. » Er müsste schon ziemlich dumm sein, wenn er sich nicht über deine Motive wundern und argwöhnisch werden würde.«
Sie warf mir einen scharfen, verärgerten Blick zu. » Du sprichst jetzt mehr, nicht wahr?«
» Ich habe geübt.«
Sie lachte sarkastisch. » Nicht genug, würde ich sagen. Du klingst wie ein Frosch, dem man die Kehle zuschnürt.«
Ich zuckte mit den Schultern. » Stimmt. Die meisten Leute verstehen mich nicht.«
Sie wechselte das Thema. » Es werden schon bald andere Schiffe von Xolchas hier eintreffen, und sie werden Geschichten über das Burgfräulein mitbringen, das in Begleitung von jemandem aufgetaucht ist, der sich als Dunkelmeister entpuppt hat. Schon bald wird man sehen können, das ich schwanger bin. Ich muss es schaffen, Rolass Trigaan zu bezwingen.« Verzweifelt fügte sie hinzu: » Aber das kann ich erst tun, wenn ich weiß, wer am Hof zu den Wissenden zählt.«
» Um sie dann zu töten«, beendete ich den Gedanken für sie.
» Ihr Wissenden spürt einander, oder nicht? Du könntest es mir sagen. Du könntest jeden Einzelnen erkennen.«
» Das könnte ich.« Ich war mir nicht sicher, ob
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