Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
und Flammes Vater aufgesucht hatte. Er sah noch immer genauso aus, war genauso fett und hatte die gleichen schwabbeligen Wangen, die mit einem herabhängenden Doppelkinn verschmolzen, während er die Beine weit spreizte, damit sie seinen Bauch abstützten.
Er wartete, bis Flamme den Saal zur Hälfte durchschritten hatte, dann erhob er sich. Allein, was mich überraschte. Ich hätte gedacht, dass er Hilfe brauchte, um sich zu erheben, aber ich tat ihm Unrecht. Er richtete sich auf und starrte Lyssal sichtlich überrascht an. Ich begriff jetzt, dass er nicht damit gerechnet hatte, dass es wirklich Lyssal gewesen war, das Burgfräulein von Cirkase, das um eine Audienz gebeten hatte. Er hatte irgendeine Schwindlerin erwartet, bestenfalls eine Dienerin mit einer Nachricht von der Insel Cirkase. Da er aber bereits einmal ihr unverschleiertes Gesicht gesehen hatte, erkannte er sie jetzt.
Er trat zu ihr, um sie zu begrüßen, und beugte sich als Zeichen seiner Ehrerbietung zu ihr herab und küsste ihr die Hand. » Syr-Lady Lyssal. Was für ein unerwartetes Vergnügen.«
Sie lächelte ihn an, dann schlug sie die Augen sittsam nieder und senkte den Kopf. Mir wurde schlecht. » Ihr habt mir einmal erklärt, dass Ihr auf der Suche nach einer königlichen Gattin wärt«, sagte sie, als wäre damit alles erklärt.
Er starrte sie einfach nur an; ihre unverblümte Aussage schockierte ihn sichtlich. Und ihre Kühnheit. Er senkte seine Stimme zu einem leisen Flüstern, so dass ich wahrscheinlich der Einzige im Raum war, der seine nächsten Worte verstehen konnte. » Und Ihr habt mir einmal gesagt, dass Ihr Rolass Trigaan nur dann heiraten würdet, wenn Euer Alter mit seinen Pfunden gleichgezogen hätte.«
Sie antwortete genauso leise. » Ich war voreilig. Ich habe inzwischen festgestellt, dass ich lieber eine königliche Frau als eine königliche Tochter sein will.«
Er hielt inne; offenbar brauchte er Zeit zum Nachdenken. Er fragte sich vermutlich, was im Namen aller Inseln sie vorhatte, dass sie mit ihrem unangekündigten Besuch und ihren direkten Worten das Protokoll derart verletzte. Üblicherweise ging es bei einer ersten Begegnung eher um höfliche Fragen, die der Gesundheit des Gegenübers galten, oder andere Belanglosigkeiten. Er hielt immer noch ihre Hand in seiner, während er murmelte: » Und was lässt Euch glauben, dass der Basteiherr Euch immer noch heiraten würde? Ihm sind Gerüchte zu Ohren gekommen, dass Ihr vor einigen Monaten von Cirkase weggelaufen seid. Die Braut von Breth sollte über jeden Zweifel erhaben sein.« Seine Stimme klang noch schärfer als die Bedeutung seiner Worte.
Was Lyssal nicht zu entmutigen schien. » Breth braucht einen Erben«, murmelte sie. » Und diese Lady glaubt verstanden zu haben, dass das eine, äh, schwierige Angelegenheit darstellt. Sie selbst bringt allerdings die Bereitschaft mit, zu tun, was auch immer notwendig ist…« Sie hob das Kinn und sah ihn direkt an. » Ich kenne das Problem und bin bereit, es anzugehen.«
» Tatsächlich.«
Ich konnte beinahe hören, wie er darüber nachdachte, was er womöglich übersah. Sie wirkte so jung und unschuldig, aber ihre Worte widersprachen diesem Eindruck. Der Basteiherr mochte zwar nicht gerade für seine Weisheit oder Besonnenheit berühmt sein, aber er war auch kein Narr. » Und was erwartet Ihr dafür, Burgfräulein Lyssal?«, fragte er. Sein ausdrucksloser Blick besagte, dass nun besser eine Antwort kam, die er glauben konnte.
» Freiheit. Ihr kennt den Hof meines Vaters, an dem die Frauen sich verschleiern müssen und getrennt von den Männern ein Leben hinter Mauern führen. Ich möchte mehr als nur das. Ich möchte eine geachtete Gemahlin sein. Es spielt für mich keine Rolle, mit wem mein Ehemann das Bett teilt, solange er mir den nötigen Respekt zollt, der mir als seiner Gemahlin gebührt.« Sie gab ihm einen Moment Zeit, darüber nachzudenken. » Aber das sind Einzelheiten, die sicher Zeit bis später haben, oder nicht?«
» Tatsächlich«, sagte er noch einmal, und dann drehte er sich um und stellte sie seinen vertrauten Höflingen vor.
Es war natürlich der größte Skandal, den es seit Generationen gegeben hatte. Da tauchte auf mysteriöse Weise die Erbin eines anderen Inselreichs auf, noch dazu in Begleitung eines in seiner Entwicklung stark zurückgebliebenen Stallmeisters, der kaum einen normalen Satz zustande brachte. Es gab kein Gefolge, keine Anstandsdame, kein Schiff voller Geschenke, keine vorangegangenen
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