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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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seine Mutter haben das Unglück damals überlebt. Also lasst doch mein Kind Thronfolger werden, so fällt das Land wenigstens nicht an Friedrich II. Das könnt ihr doch nicht wollen!«
    Der Fürst hatte das Glas in einem Zug geleert. Er wischte sich die milchigen Lippen am Ärmel seines Mantels ab und lächelte sie an. Noch nie war er ihr mit einem solchen Blick begegnet.
    »Mein Sohn lebt! Ich weiß es erst seit wenigen Tagen und kann es selbst noch nicht glauben, aber er ist aus den Flammen gerettet worden und inzwischen fast zehn Jahre alt.«
    »Nein!«, rief Wilhelmine entsetzt. »Das ist unmöglich! Ihr phantasiert!«
    »Noch nie war mein Geist so klar!« Carl Edzard erhob sich vom Brunnen, die Milch schien ihn gestärkt zu haben. Dennoch fasste er sich an die Schläfe, als versuche er, einen Kopfschmerz zu lindern.
    Wilhelmine ging auf ihn zu und trat ganz nah an ihn heran. Ihre Stimme war ein boshaftes Flüstern:»Und wo soll das Kind jetzt sein? Wer hat es so lange versteckt? Gibt es Beweise, Zeugen, was weiß ich?« Sie wagte ein spöttisches Lachen. »Wahrscheinlich wollte Euch irgendeine Bettlerin ihren Bastard unterschieben, und Ihr seid naiv genug gewesen, diesen Unfug zu glauben.«
    Carl Edzard schüttelte den Kopf, seine Augen verloren für einen kurzen Moment den Blick, er schwankte und hielt sich am Brunnenrand fest.
    »Nichts werde ich erzählen, gar nichts. Es gibt einen Mann, der alle Beweise in seiner Hand hält. Und … «, er stockte auf einmal und röchelte, als habe er etwas verschluckt,» … falls mir etwas zustößt, wird der Junge … « Die Stimme versagte ihm, obwohl er sich verzweifelt bemühte, einen Tön herauszubekommen. Und plötzlich kippte er nach vorn, sank in die Knie und fiel um.
    »Doktor Horst!!!«, kreischte Wilhelmine. »So tut doch etwas! Seht Ihr denn nicht, meinem Gatten geht es furchtbar schlecht!«
    Wilhelmine war fassungslos. Ihr Gatte würde doch nicht etwa hier vor ihren Augen … Nein, das durfte nicht passieren! Wenn es stimmte, was er ihr gerade erzählt hatte, und ein Eingeweihter im Falle seines Ablebens diesen geheimnisvollen Jungen präsentierte, dann wäre sein Tod zum jetzigen Zeitpunkt eine Katastrophe für sie! Wenn Carl Edzard jetzt starb, würde das auch ihr Ende bedeuten.
    »Tut endlich was, Doktor! Bitte, rettet meinen Gatten!«
    Doch der Arzt schüttelte den Kopf, beugte sich über den massigen Körper, der auf dem Boden lag und zuckte, als hätte ein Dämon von ihm Besitz ergriffen.
    Wilhelmine wagte einen kurzen Blick, Schaum kam aus seinem Mund, sein Blick war starr und stumpf.
    Der Pastor trat heran und stellte sich neben sie. Er räusperte sich, holte ein Kreuz aus seinem Talar und schlug die Bibel auf.
    »Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein … «

7
    J an war vergnügt. Es machte ihm sichtlich Spaß, auf dem Platz vor der Kirche die Bänke zu richten. Ab und zu rannte er zu Geert hinüber, der mit dem zweiten Fass Bier beschäftigt war. Oder er schnupperte an der Fischsuppe, die in einem großen Topf über dem offenen Feuer hing und ihren verlockenden Duft über die ganze Insel zu verteilen schien.
    Maikea beobachtete ihn gerührt. Nach dem Jawort in der Inselkirche hatte er für die ganze Gemeinde hörbar einen Jubelschrei ausgestoßen. Es lag nicht nur an der heutigen Feier, die er mit Feuereifer erwartete, sondern auch daran, Geert nun endlich Vater nennen zu dürfen. Jan war selig. Und das überzeugte Maikea, dass ihre Entscheidung richtig gewesen war.
    Ihr frisch angetrauter Ehemann umfasste sie zärtlich von hinten und schob ihr mit einer Hand sanft: die blonde Strähne aus dem Gesicht, die sich aus dem Blumenkranz gelöst hatte.
    »Wie wunderschön du aussiehst!«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Ich kann es kaum fassen, dass du nun in meinem Haus leben wirst!«
    Sie drehte sich um und küsste ihn flüchtig auf den Mund. Nein, es war nicht dieselbe Empfindung, die sie damals in der Mühle gehabt hatte, als Tasso ihr so nahe gekommen war. Doch sie mochte Geert und konnte ihm vertrauen. Und heute Nacht würde sie auch ganz die seine sein.
    »Die Musiker kommen!«, rief Geert erfreut und wirbelte Maikea herum. »Die ganze Insel hat gewettet, dass eine Inselvogtin, die den lieben langen Tag riesige Pfähle in den Sand rammt, wohl kaum wie eine fröhliche Braut tanzen kann.« Er fasste sie an den Händen und zog sie auf den runden Platz, um den sich mittlerweile alle Insulaner versammelt

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