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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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etwas dunkler als in ihrem Baderaum und der Waschzuber in der Mitte des Raumes wesentlich größer. Alle Cirksena-Männer waren Kolosse. Auch der Schwiegervater, den Wilhelmine erst kurz vor seinem Tod kennengelernt hatte, war trotz der Krankheit groß und kräftig gewesen. Die Macht der ostfriesischen Fürsten hatte jedoch offensichtlich rein gar nichts mit ihrer Körpergröße gemein.
    Das Heizungsrohr befand sich in der rechten oberen Ecke über dem Waschtisch. Wilhelmine trat näher.
    »Beruhige dich doch, Liebste!«, hörte sie die Fistelstimme ihres Mannes.
    »Sie quält mich so. Ständig hält sie mir vor, wie viel schöner und besser sie ist. Und dann dieses Gerede von der Liebesmedizin … «
    »Die kann trinken, was sie will. Du bist meine Frau, Jantje, und das wirst du immer sein.«
    Dann hörte Wilhelmine eine Weile nichts. Vielleicht küssten sie sich gerade, vielleicht nahm der Fürst das Mädchen in den Arm, um sie zu trösten. Wilhelmine musste sich ein verächtliches Lachen verkneifen. Oder war es Wut, die sich in ihr ausbreitete?
    »Du musst heute Nacht zu ihr gehen. Sonst wird sie sich beim Kanzler beschweren.«
    »Sie hat aber keinen Grund, sich zu beschweren. Ich habe mich an alle Abmachungen gehalten. Oder liege ich etwa seitdem nicht jeden Abend mit meiner Angetrauten im Bett?« Beide lachten, aber es war kein fröhliches Lachen.
    Doch Wilhelmine konnte sich keinen Reim darauf machen, worüber die beiden so amüsiert waren. Carl Edzard log, er hatte sich noch nicht einmal in der Nähe ihres Bettes blicken lassen!
    Jantje wurde als Erste wieder ernst.»Aber sie erwarten, dass du mit ihr einen Sohn zeugst. Und heute, sagt der Arzt, ist der richtige Zeitpunkt.«
    »Wenn du so redest, könnte man meinen, du findest es in Ordnung, wenn ich mit ihr dasselbe mache wie mit dir.«
    »O nein! Nein!«, fiel Jantje ihm erschreckt ins Wort.»Es bricht mir das Herz, wenn ich mir nur vorstelle, dass du ihre Haut berührst und sie küsst.«
    »Nun, man muss sich dabei ja nicht küssen … «
    »Das heißt, du würdest es tun? Ich meine, das Besondere?«
    Das Mädchen gab einen spitzen Aufschrei von sich, und Wilhelmine konnte sich ihr Gesicht gut vorstellen: die dunklen Augen weit aufgerissen, die Wangen noch röter als sonst.
    »Liebste, beruhige dich doch!« Die Stimme des Fürsten war nun ebenfalls sehr aufgeregt.»Wir wissen beide, dass dieser Tag auf uns zukommen würde.«
    »Aber das macht es nicht einfacher!«, schluchzte Jantje.
    Am liebsten hätte Wilhelmine sich die Ohren zugehalten. So viel Sentimentalität – ja, es mochte womöglich Liebe sein aber es war ihr unerträglich, wenn Menschen sich derart gehen ließen.
    »Selbst wenn du ihr nun ein Kind in den Bauch pflanzt, einen Sohn, er wäre doch nicht ehelich, oder? Und deswegen auch nicht der Thronfolger, auf den alle warten.«
    Wilhelmine musste schlucken. Was hatte Jantje da gerade gesagt? Mit angehaltenem Atem lauschte sie den Worten des Fürsten.
    »Nun, offiziell schon. Es darf doch nie jemand erfahren, dass wir ein Ehepaar sind, Liebste. Niemals, hörst du? Nur du und ich und der treue Freund, der im Namen Gottes diese Heirat vollzogen hat. Denn ich habe mich der Bigamie schuldig gemacht. Und wenn das ans Licht kommt, ist alles verloren.«
    »Du hast dich schuldig gemacht, weil du mich geheiratet hast?«
    Wilhelmine hatte nicht gewusst, dass ihr Herz in einer solchen Geschwindigkeit klopfen konnte. Was die beiden Liebenden da gerade besprachen, war mehr, als sie ertragen konnte. Wenn das die Wahrheit war – und es gab keinen Grund, warum die beiden lügen sollten, wenn sie sich unbeobachtet fühlten –, dann wäre es eine Katastrophe.
    Sollte Carl Edzard dieses Gassenmädchen tatsächlich geheiratet haben? Und womöglich vor ihrer Vermählung mit ihm?
    Wilhelmine ließ sich auf den Rand des Badezubers nieder und schloss die Augen. Das würde bedeuten, dass sie nicht die rechtmäßige Fürstin von Ostfriesland war, dass sie kein Recht hatte, in diesem Schloss zu leben, den Familienschmuck zu tragen, einen Thronerben großzuziehen.
    Sie war also noch immer Wilhelmine Sophie von Brandenburg-Culmbach-Bayreuth, Tochter eines verarmten Markgrafen. Und sonst nichts.
    Das war zu viel!
    Wilhelmine schloss die Tür zum Ankleideraum auf und rannte über den Flur. Ihr Blick ging stur geradeaus, sie wollte nur noch in ihr Gemach.
    Beim Anblick der Kerzen schnürte es ihr die Kehle zu. Das Glas mit der Honigmilch stand unberührt auf dem Nachttisch,

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