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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Sie hatte gehört, wie der Weiße Knecht erzählte, dass die einst so stolze und fröhliche Helene nach ihrer Haft nicht mehr zu sich gefunden hatte.
    »Nun verstehe ich, warum er immer nach Westerbur geritten ist «, sagte Helene tonlos.
    »Was meinst du damit?«
    »Das weißt du genau. Er hat mich verlassen. Vor drei Tagen. Nachdem er bei dir gewesen ist.«
    »Er war nicht bei mir, sondern bei Josef Herz, dem Kartenmaler.«
    Helene lachte bitter, und ihre schläfrigen Augen sahen dabei noch trauriger aus.»Ich habe immer gespürt, dass es ihm gar nicht um den Juden ging. Ich wusste die ganze Zeit über, da steckt eine Frau dahinter. Nur hatte ich dabei natürlich nie an dich gedacht. Deinen Namen habe ich immer nur mit dem kleinen Mädchen in Verbindung gebracht, das mit mir den Kohl geschnitten hat.«
    »Ich bin noch immer dieselbe!« Noch einmal versuchte Maikea es mit einer vertrauensvollen Geste und berührte Helenes Arm. Wie von einem wilden Tier gebissen, zog sie ihn weg und stieß sich dabei den Ellenbogen am Bettgestell. Das musste schmerzhaft gewesen sein, doch Helene verzog keine Miene.
    »Er ist ein wunderbarer Mann, nicht wahr? Wenn die Soldaten mich nicht verdorben hätten, dann wäre ich an seiner Seite glücklich. Aber ich bin damals gestorben, auch wenn mein Körper noch lebt. Und da hat er sich eben zu dir gelegt.«
    »Nein, du irrst dich, Helene! Wir sind nur … « Maikea stockte. Sie wusste nicht, was sie waren.
    »Immer hat er gesagt, er muss für das Inselmädchen sorgen, das sei seine Aufgabe.«
    »Was meinst du damit?«
    »Er fühlte sich für dich verantwortlich. Aber nicht nur wegen der Entführung damals. Nein.« Helene spuckte die Worte mit einer gewissen Verachtung aus. Sie strich über ihre Decke, als habe sie ein Tier oder ein Kind auf dem Schoß liegen.
    »Da ist noch eine andere Sache. Muss schon lange zurückliegen. Eine Ewigkeit, hat er immer gesagt.«
    Maikea verstand nicht und runzelte die Stirn.»Wir kennen uns erst seit dem Tag, als er mich irrtümlich auf dem Pferd mitnahm.«
    »Wer kennt schon den Weißen Knecht? Ich bin ihm vor mehr als zehn Jahren begegnet und weiß eigentlich nichts von ihm. Seine Herkunft, seine Vergangenheit sind sein Geheimnis.«
    »Hast du nie danach gefragt?«
    Sie schüttelte den Kopf.»Weil er dann meist sehr wütend wurde.« Und auf einmal lächelte sie fast verschwörerisch.»Aber genau das macht diesen Mann ja so unwiderstehlich, dass er einem so nah sein kann und doch so fremd.«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Bitte, Helene, erklär es mir!«
    »Ich will nicht, dass du mich weiter mit deinen Fragen durchlöcherst. Auch ich kann sehr wütend werden.« Wie um das Gesagte zu demonstrieren, schlug Helene plötzlich mit der Faust auf den Stoff, den sie eben noch liebkost hatte.
    »Noch eine Frage, Helene! Bitte, es ist wichtig!« Maikea nahm all ihren Mut zusammen.»Du sagst, er habe dich verlassen?«
    »Vor drei Tagen hat er seine alte Kleidung genommen und sich von mir verabschiedet.«
    »Wohin ist er gegangen?«
    »Was weiß ich?«
    »Hat er dir etwas über den Kartenmaler erzählt?«
    »Den Kartenmaler?«, fragte Helene müde. Dann schwieg sie eine Weile und schien so angestrengt nachzudenken, als habe Maikea sie nach einem Ereignis gefragt, das ein halbes Leben zurücklag.»Der Mann ist tot, glaube ich.«
    Maikea schluchzte auf. Ihre Hoffnungen hatten sich also nicht erfüllt. Und es war ihre Schuld, dass Josef Herz nicht in Frieden hatte sterben dürfen. Auch der Weiße Knecht musste es mittlerweile wissen: Weil sie diese Pläne zum Fürstenhof gebracht hatte, waren die Soldaten auf seine Spur gekommen. Das war unverzeihlich.
    »Wenn er wiederkommt, sagst du ihm, dass ich hier gewesen bin?«
    »Er wird nicht wiederkommen «, erwiderte Helene bestimmt.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Er hat mir und meinem Jungen alles dagelassen, was ihm gehört. Sogar den Hengst hat er uns geschenkt.«
    »Was hat er denn bloß vor?«
    Helene lachte bitter.»Ich denke, das weißt du genauso gut wie ich: Er wird wieder kämpfen! Er wird Rache üben für den Tod des Kartenmalers.«
    »Ich muss ihn finden, Helene, hörst du? Kannst du mir seinen wahren Namen verraten?«
    »Seinen Namen?« Sie schüttelte den Kopf.»Als ich ihn kennenlernte, nannte er sich Folkmar Behrends. Wir haben als Eheleute Wilko Jaspers hier gelebt. Und einige seiner Weggefährten nennen ihn Garrelt Poppinga. Aber seinen Geburtsnamen kenne ich nicht.«
    »Kennst du denn einen von

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