Die Inszenierung (German Edition)
eine Augustus-Arie. Jetzt muss ich nur noch klatschen!
Ich bitte darum.
Sie klatscht.
Aber dass das klar ist: Ich könnte nie so über meine Hemmungen sprechen. Dazu wäre ich viel zu sehr gehemmt.
Eins zu null für dich.
Und wenn ich gar keine Schauspielerin bin?
Dann bin ich kein Regisseur.
Und ich keine Schauspielerin. Dann spiel ich halt die Schauspielerin! Wahnsinn! Wenn das der Professor wüsste! Er sagt zu mir Opernschaf! Er selber rennt dauernd ins Theater.
Und kommt bei jeder Visite auf eine Inszenierung von mir zu sprechen. Gestern hat er mich allerdings verwechselt und hat meinen schärfsten Konkurrenten stürmisch gelobt.
Und du?
Ich habe gleich von meinen Sehnerven angefangen. Schatz, ohne dich geh ich sofort zu Grunde! Es ist mir ein Rätsel, wie ich ohne dich überhaupt leben konnte.
Arie!
Der Piepton.
Den habe ich bestellt. Entschuldige. Wenn ich wieder hereinschau, schläfst du, Schatz!
Sie geht.
Augustus nimmt das Aufnahmegerät.
Liebe Lydia. Es ist viel verlangt. Wenn ich nicht irrsinnig sicher wäre, könnte ich, was ich jetzt verlange, nicht verlangen. Corinna. Sie muss verzichten. Nach dem, was zwischen ihr und Stallhofer passiert ist, geht da nichts mehr. Stallhofer hat jetzt ein ungutes Gewissen und wird in jeder Sekunde beweisen wollen, dass er Grund hatte, ihr das Feuerzeug ins Gesicht zu werfen. Zum Glück gibt es eine nahezu ideale Lösung. Ich habe eine Nina. Am Montag bring ich sie mit. Dein Augustus.
Es klopft. Ute-Marie kommt herein.
Du bist noch wach?
Du doch auch.
Ich wollte dir nur noch einen Gutenachtkuss geben. Du hast mir immer noch nicht gesagt, ob du von mir träumst. Ich kann dich nur schlafen lassen, wenn ich weiß, dass du von mir träumst.
Tag und Nacht!
Keine Arien! Wahrheit!
Meine Arien sind Berichte.
Was Gerda gesagt hat, verschweigst du auch.
Was soll sie sagen! Ihr Text ist bekannt.
Sag einfach, was sie gesagt hat.
Weil sie klüger ist als du und ich zusammen …
Sag jetzt.
Ich darf mir diesen von mir verschuldeten Jammer nicht merken. Gute Nacht.
Nein, Schatz, bitte.
Sie hat ein Buch gebracht. Von ihr geschrieben. Über Abhängigkeit. Weil alle Krankheiten, sagt sie, die Ärztin, von Abhängigkeiten kommen. Und ich bin immer noch hier, weil ich von dir abhängig bin. Verlust der Selbstbestimmungsfähigkeit. Sagt sie. Stimmt ja.
Das sagst du?! Du bestimmst doch Tag und Nacht! Du bestimmst, dass du hier bist. Du bist hier, weil du das willst! Oder nicht?
Ja. Schon. Aber sie sagt, ich bin hier, weil du das willst.
Und?
Das stimmt auch.
Also sind es schon mal zwei, die wollen, dass du hier bist. Du UND ich! Weiter!
Sie will beweisen, dass das mit dir eine Affäre ist. Wie andere Affären.
Und?
Ich widersprach.
Und?
Sie will beweisen, dass Geschlechtsverkehr, sie nennt es GV, nichts mit Liebe zu tun hat.
Das kommt vor.
Ich schilderte ihr, dass ein Mann, wenn er nicht mehr auf seine Frau wirkt, nicht mehr lebt. Auch wenn er seine Frau noch liebt.
Das hast du ihr gesagt: dass du sie noch liebst?
Ich tröste Gerda nicht mit erlogenem, sondern mit erfundenem Trost.
Spitzfindigkeit.
Ute-Marie, dieses Verhör, das führt zu nichts. Es fehlt die Situation. Die paar Zitate, das ist nicht das, was war. Entweder du weißt, du spürst, was zwischen uns ist, oder …
Oder?
Oder wir sind verloren. Du musst an uns glauben. Oder alles ist nichts!
Ach Schatz! Wie gern! Wie gern würde ich an uns glauben!
Komm doch.
Er will ihr die Haare lösen.
Nein, lass! Das ist keine gute Nacht, heute.
Warum denn?
Glaub’s einfach.
Es kommt zum Kuss. Beide sind gleichermaßen beteiligt.
Der Piepton.
Siehst du!
Sie springt auf. Beugt sich noch einmal zu ihm hinab.
Gut Nacht, mein Liebling. Mein Einziger! Das ist eine Drohung. Gut Nacht.
Er sitzt auf dem Bettrand, schaut ihr nach. Er kann seinen Blick nicht von der Tür lösen.
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7
Es klopft, Augustus ruft hell: Herein. Er weiß ja, dass Gerda kommt. Mit ihr der Pfleger Robert. Wieder mit der Tasche.
Guten Morgen, lieber Robert. Man könnte sich daran gewöhnen, dass Sie jeden Morgen mit meiner lieben Frau hier erscheinen.
Wie’s der Dichter schon sagt: Aus Gemeinem ist der Mensch gemacht, drum nennt er die Gewohnheit seine Amme.
Schiller.
Wer denn sonst, Herr Professor.
Mit guten Wünschen für den Tag entfernt er sich.
Und, wie geht’s der Hüfte?
Und den Augen?
Sehr gut. Ab Montag bin ich auf der Bühne.
Jetzt iss mal zuerst.
Er löffelt die Schüssel
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