Die Interstellaren Freihändler: Science-Fiction-Zyklus (German Edition)
detonieren sie fast lautlos und setzen Sporen frei, die eine nette Krankheit hervorrufen, an der die Menschen einschlafen, bis man sie in einem Krankenhaus wieder aufpäppelt. Verstanden?«
Der Gleiter startete und flog nordwärts; binnen weniger Stunden erlebte die Besatzung einen Schneesturm, einen Hagelschauer und eine Phase stechender Hirte. Die Nerven der Männer wurden strapaziert; sie fluchten, rissen an den Hebeln und warteten während der folgenden vier Tage mit zuckenden Nerven und ihren Halluzinationen ausgeliefert auf das Ende ihres Einsatzes. Sie suchten die Positionen der geplanten Siedlungen auf und umrundeten dabei den halben Planeten. Die Zylinder staken in der Nähe von Quellen oder warteten darauf, nach der Explosion vom Wind entleert zu werden. Oder sie lagerten dort, wo Wildtiere zu den Tränken wechselten. Ob die Verleger oder andere Gruppen versuchten, die Aktionen der Freihändler zu sabotieren, wussten die Saboteure nicht. Sie wussten aber mit Sicherheit, dass die Zylinder auf das Auslösesignal warteten – Zeit spielte keine Rolle.
»Eines, Karrie, haben wir vergessen«, sagte Siccine. Er saß dem Freund in der Kabine dessen Schiffes gegenüber. Gargir lag im Sessel und trank Tamarindensaft mit Wodka.
»Ich wüsste nicht, Wilyam, was wir vergessen hätten. Zeitplan erstellt, alle Fakten sind kalkuliert, wir geben viele Ecum für Informationen über mögliche Störungen aus und freuen uns, dass es Schlag um Schlag weitergeht. Was vergaßen wir?«
Siccine holte zwei gestochen scharfe Holos hervor und schob sie in den Projektor. Gargir betrachtete sinnend die dreidimensionalen Abbildungen – einen Mann in mittleren Jahren und eine junge, kaum bekleidete junge Frau. Es war eine alte Aufnahme.
»Welches Bild gefällt dir besser?«
Gargir zeigte auf die Schönheit.
»Dachte ich mir. Warum?«
»Sie ähnelt meiner liebsten Gattin.« Gargir lächelte maliziös. Siccine begann zu lachen und stellte beide Holos nebeneinander.
»Das kannst du leicht behaupten, da keiner von uns je erfahren wird, wie Frau Aaleh aussieht«, antwortete Siccine zufrieden. »Der Herr ist terranisches Kulturgut, Jahrtausende alt. Die Dame ist billigste Gelegenheitsarbeit, die mit Kunst etwa so viel zu tun hat wie du. Diese Probe zeigt uns, dass wir von wahrer Kunst nichts verstehen. Aber es gibt Menschen, deren Beruf es ist, zu entscheiden, was Kunst ist und was nicht.«
»Verstehe«, murmelte Gargir nach einer gedankenschweren Pause. »Was sollen wir tun?«
»Wenn wir nicht galaxisweit in den Ruf hilfloser Stümper kommen wollen, brauchen wir ein Gremium, das darüber entscheidet, wer von unseren Künstlern ernstzunehmen ist, und wo die Grenze zum Schund verläuft.«
Siccine ließ die Holos stehen, schüttelte Gargirs Hand und verließ das Schiff. Lange und schweigend betrachtete Gargir die Beispiele; nach etwa einer halben Stunde gefiel ihm das Mann besser. Gargir seufzte und ging zum TriâViso. In diesen Stunden, wusste er, begann die Umsiedlung der ersten Gruppe nach Talvynder. Die Schriftsteller nahmen von Scriptum Desert Corner Besitz.
Zweieinhalbtausend Schriftsteller – oder Dichter, Schreiber, Autoren, Poeten, Literaten – meist allein, aber auch mit Freundinnen, Geliebten, Ehefrauen und Kindern bewohnten die Stadt, die von Robots, Baukommandos und freiwilligen Helfern von Anadana aus instand gesetzt, vergrößert und verschönert worden war. Hinter der romantisch verwitterten Umfassungsmauer erhoben sich neue Gebäude. In den Einkaufszentren arbeiteten angehende Künstler halbtags und erhielten sich selbst. In einer Vorstadt arbeitete eine Fabrik für Schreibbögen, eine Druckerei und eine Buchbinderei beziehungsweise Lesewürfel-Programmier-Einheit.
Die Händler hatten Lektoren verpflichtet und einen Verlag gegründet; die drei Millionen der verkauften Auflage von Born der Einsamkeit gab ihnen Recht. Neunzehn andere Bücher waren in Vorbereitung und würden bald den Weg durch die Transmitter nehmen. Während im wechselvollen Wetter auf Talvynder die Arbeit weiterging, planten Gargir und einige seiner Freunde, breiteste Schichten des Publikums für die Produktion ihrer Bücher zu begeistern. Sie luden ein zur ›Nacht des totalen Buches‹.
Wieder war die Messehalle Ronricos gemietet worden. Das bewährte Team der Freihändler hatte Maschinen und Geräte aufgestellt, auf der Bühne stand ein Podium, auf dem die Lesung stattfinden würde. Aus dem Mitschnitt des Textes, von geübten
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