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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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schneller. Also doch keine Retter.
    Jonas hatte den Attentatsversuch vereitelt. Nur leere, leuchtende Marker waren in die Tiefe gestürzt, nicht die echten Jungen, nicht König Eduard V., alias Chip Winston, und auch nicht Prinz Richard, alias Alex Polchak. Chip war bei ihm, Jonas hielt ihn jetzt an beiden Armen fest. Anscheinend hatten seine Hände gewusst, was sie tun mussten, auch wenn sein Hirn nicht ganz hatte Schritt halten können. Alex und Katherine konnte Jonas in der undurchdringlichen Finsternis hinter den Männern nicht sehen, aber auch sie musste es geschafft haben, denn Alex’ Marker hatte ebenso geleuchtet wie Chips.
    Am liebsten hätte Jonas laut losgebrüllt und gejubelt und mit den Fäusten in die Luft getrommelt, als hätte er gerade in der letzten Spielminute eines Fußballspiels das Siegtor geschossen. Wie ein Kind wollte erden Möchtegern-Attentätern die Zunge herausstrecken. Na, na-na, na, na. Ihr habt verloren!
    Aber noch wichtiger war, dass die Mörder nicht wussten, dass er, Chip, Katherine und Alex überhaupt da waren. Er wollte Chip und Alex wegen seiner Prahlerei nicht umsonst gerettet haben. Oder wegen einem Niesen, Husten oder einem zu lauten Atemzug.
    Er zog Chip ein Stück vom Fenster fort. Wenn er den Mut aufgebracht hätte, wäre er hinter den schweren Stoff des Wandbehangs geschlüpft. Doch allmählich kam sein Verstand wieder in Gang und führte ihm alle möglichen Folgen vor Augen. Was ist, wenn der Vorhang oben mit etwas aus Metall befestigt ist, das klimpert, wenn wir versuchen, uns zu verstecken? Was ist, wenn die Männer im Dunkeln einfach in uns hineinlaufen und wir sie hinter dem Wandbehang nicht kommen sehen? Jonas erstarrte, er war wie gelähmt angesichts all dieser denkbaren Katastrophen.
    Die beiden Männer hatten sich aus dem Fenster gebeugt, ihre Gestalten waren kaum mehr als dunkle Silhouetten vor dem Nachthimmel. Jonas ließ sie nicht aus den Augen und wartete auf den ersten Schimmer eines Markerleuchtens, das erste Anzeichen dafür, dass sie anders reagierten als im ursprünglichen Verlauf der Geschichte. Nicht das kleinste Leuchten umgab sie; offensichtlich hatten sie nicht gespürt, wie Chip und Alex fortgezogen wurden. Vermutlich lag es daran, dass auch sie zurückgewichen waren, um den Schwung auszugleichen,mit dem sie die Jungen aus dem Fenster geworfen hatten.
    »Komm«, knurrte der eine Mann dem anderen zu, die beide nach wie vor von Finsternis umgeben waren. »Geschwind. Dass uns keiner sieht.«
    Sie wandten dem Fenster und dem dunklen Nachthimmel den Rücken zu. Jonas hörte die Schritte, mit denen sie leise und vorsichtig durchs Zimmer schlichen, und seine Augen brannten vor Anstrengung, sie auch nur vage auszumachen. Sie waren dunkle Gestalten in der Dunkelheit und so gut wie unsichtbar. Dann ging die Tür auf und die Männer nahmen wieder Gestalt an. Irgendwo im Gang musste eine Fackel brennen, die gerade so viel Licht spendete, dass die beiden erkennbar wurden, als sie das Zimmer verließen und leise die Tür hinter sich zumachten.
    Jonas wartete noch einige qualvolle Minuten, um sicherzugehen, dass sie nicht zurückkamen. Er starrte in die Dunkelheit, die die Tür verschluckt hatte, und wünschte mit aller Kraft, dass es dunkel bleiben möge.
    Als er eine Hand auf dem Arm spürte, musste er einen Schrei unterdrücken.
    »Wir haben es geschafft!«, flüsterte ihm Katherine ins Ohr. »Wir haben sie gerettet!«
    »Katherine, du Idiot, du hast mich fast zu Tode erschreckt!«, zischte er zurück. »Und wenn ich jetzt losgeschrien hätte?«
    »Hast du aber nicht«, flüsterte sie, als habe sie ihraltes, nervtötendes Selbstvertrauen wiedergefunden. »Hör mal, hast du den Definator noch?«
    Den hatte Jonas ganz vergessen. Es kam ihm vor, als hätte er ihn vor Millionen Jahren fallen gelassen, damals, als die Marker sich noch unbehelligt auf dem Bett aneinandergeschmiegt hatten. Als ihm alles noch ein wenig wie ein Spiel vorgekommen war und Alex und Chip sich zum Spaß immer wieder mit ihren Markern zusammengetan und von ihnen getrennt hatten.
    »HK?«, fragte er flüsternd in die Dunkelheit.
    »Pst«, erwiderte dieser.
    Wenn HK sich sicher genug fühlte, um »Pst« zu machen, entschied Jonas, dann war es auch sicher genug, um auf dem Boden herumzukriechen und den Definator zu suchen. Er ließ Chip los, der hilflos gegen die Wand sackte. Stand er etwa unter Schock? War das der Grund, warum er sich bisher nicht einmal bedankt hatte?
    »Mach dir keine

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