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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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haben sich schon im fünfzehnten Jahrhundert vollgefressen und erbrochen?«, fragte Katherine angewidert.
    »O ja. Wir nennen es ›essen wie die Römer‹«, sagte Alex. »Es ist ein Zeichen von Wohlstand, sich so viele Speisen leisten zu können.«
    Seltsamerweise schienen sowohl Alex als auch Chip voller Bewunderung zu sein. Katherine dagegen sah aus, wie Jonas sich fühlte: als würde sie gleich anfangen zu würgen.
    »Widerlich!«, sagte sie.
    Alex und Chip machten beleidigte Gesichter.
    »Aber er war ein guter König«, beeilte sich Chip hinzuzufügen. »Vergesst das nicht.«
    »Natürlich«, bestätigte Alex folgsam. »Unser Vater. Eduard IV.«
    Unser, dachte Jonas. So viel zu Katherines Begeisterung darüber, dass sie wieder die dritte Person benutzen.
    Die Kerze neben dem Bett flackerte, als sei ein neuer Luftzug ins Zimmer gedrungen. Jonas drehte sich um und sah gerade noch, wie die Tür aufging.
    »Da kommt wieder jemand!«, zischte er. »Versteckt euch!«
    Jonas rappelte sich auf und wollte abermals in den Nebenraum flüchten. Katherine war direkt neben ihm. Doch Chip und Alex rührten sich nicht. Moment, doch, das taten sie. Beide wandten sich ihren Markern zu.
    »Hier lang!«, flüsterte Jonas, packte Chip an der Kapuze seines Sweatshirts und hielt ihn fest. »Katherine, schnapp dir Alex!«
    Katherine packte ihn am Arm, erreichte aber nicht mehr, als Alex’ Vorwärtsbewegung abzubremsen. Sie hatte nicht genug Kraft, um ihn zurückzuhalten. Jonas sah ihr entsetztes Gesicht, als sie sich zur Tür umdrehte, die bereits einen ganzen Spaltbreit offen stand und immer weiter aufging.
    Katherine beugte sich vor und blies die Kerze aus.

Sechs
    Jonas konnte im Schein der geisterhaften Markerjungen sehen – jedenfalls ein bisschen. Sie kauerten nach wie vor auf dem Bett, der eine betend, der andere schlafend; keiner von ihnen hatte bisher die aufschwingende Tür bemerkt.
    Ihre modernen Gegenstücke, Chip und Alex, wirkten fast ebenso ungerührt wie sie.
    »Du hast gerade in die Geschichte eingegriffen!«, zischte Chip Katherine wütend zu. »Selbst eine einzige ausgeblasene Kerze –«
    »Ich musste es tun«, flüsterte Katherine zurück. »Wir müssen euch retten!«
    Jonas ließ die Tür nicht aus den Augen, die mit leisem Knarren immer weiter aufging. Vielleicht war es nur ein anderes Dienstmädchen. Vielleicht würde sie annehmen, dass die beiden Jungen schliefen, wenn sie sah, dass es dunkel war, und auf Zehenspitzen davonschleichen.
    Oder es war der Onkel, der gekommen war, um sie zu ermorden.
    Vielleicht würde ihm diese Aufgabe im Dunkeln noch viel leichter fallen.
    »Mutter hat versprochen, jemanden zu schicken, der uns rettet!«, frohlockte Alex nur halb flüsternd.
    Jonas hielt ihm den Mund zu. Alex und Chip vor dem Lauf der Geschichte zu retten war eine Sache, aber wie sollte er sie vor sich selbst retten? Wie sollte Jonas Alex zum Schweigen bringen, Chip in ein Versteck ziehen und außerdem noch Katherine und Alex außer Sichtweite bringen … und die ausgeblasene Kerze wieder anzünden? Und das alles, ehe die Tür noch weiter aufging?
    Es war unmöglich. Jonas kam nicht einmal zum Luftholen, als zwei Männergestalten im Türrahmen erschienen.
    Auch sie hatten eine Kerze dabei.
    Zum Glück erleuchtete der kümmerliche Kerzenschein kaum den Boden vor ihren Füßen, sodass Jonas noch keine Angst haben musste, entdeckt zu werden. Er wünschte sogar, sie hätten ein stärkeres Licht. Er wollte ihre Gesichter sehen. Er rechnete zwar nicht damit, jemanden aus dem fünfzehnten Jahrhundert wiederzuerkennen. Aber er würde ihnen vermutlich vom Gesicht ablesen können, ob sie Mord oder Rettung im Sinn hatten.
    Es spielte keine Rolle. Die Dunkelheit verhüllte die Gesichter der Männer besser als jeder Bart und ihre Augenhöhlen waren wie dunkle Löcher.
    Dann sprach einer von ihnen.
    »Ich meinte, der junge Prinz lasse des Nachts immer eine Kerze brennen«, sagte er leise. »Es heißt, er fürchtet sich im Finstern.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde erschien ein wenig Licht um seinen Mund; es war das gleiche Leuchten, das auch die Markerjungen auf dem Bett umgab.
    Das hat er im ursprünglichen Verlauf der Geschichte nicht gesagt, dachte Jonas. Deshalb kann ich seinen Mund sehen. Er macht andere Lippenbewegungen, weil Katherine die Kerze ausgeblasen hat.
    Der andere Mann zuckte die Achseln und legte den Finger auf den Mund. Das musste er beim ersten Mal auch getan haben, denn ihn umgab kein

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