Die Intrige
Regierungszeit von Heinrich VII. veröffentlicht – eben jenem Heinrich Tudor, der Richard in der Schlacht von Bosworth besiegte und nach ihm den Thron bestieg. Heinrich hatte gute Gründe, Richard in Verruf zu bringen und damit seinen eigenen Thronanspruch zu festigen. (Zu diesem Zeitpunkt war Heinrich nämlich schon mit Eduards Schwester verheiratet – ja, die Geschichte ist sehr verworren –, von daher war es für Heinrich von Vorteil, dafür zu sorgen, dass die Leute glaubten, Eduard V. habe Anspruch darauf gehabt, König zu werden, auch wenn er nun mit Sicherheit tot war.) Fast ein Jahrhundert später verwendete William Shakespeare, dessen Werke in der Regierungszeit von Heinrichs Enkelin Elisabeth I. entstanden, den früheren Bericht für sein Stück
Richard der Dritte
. In Shakespeares Version ist Richardein absolutes Monster, ein Schurke, den das Publikum nur zu gern hasst.
Mehr als dreihundert Jahre später machte sich eine Gruppe von Richard-Freunden daran, seinen Ruf wiederherzustellen. Die 1924 gegründete »Richard III Society« hat heute über 3500 Mitglieder in der ganzen Welt. Die Verteidiger Richards vertreten ganz unterschiedliche historische Ansichten. Einige beschuldigen Richards ehemaligen Freund, den Herzog von Buckingham, oder sogar Heinrich VII., Eduard und seinen Bruder umgebracht zu haben. Andere glauben Berichten, die behaupten, die Jungen hätten in einem Versteck oder im Exil im Ausland überlebt. In den 1490er Jahren tauchte in England ein Mann auf, der sich als Eduards jüngerer Bruder Richard ausgab und Anspruch auf den Thron erhob. Seine Forderung war so überzeugend (oder nützlich), dass er von etlichen europäischen Herrschern unterstützt wurde und er eine Rebellenarmee zusammenstellte, um Heinrich zu bekämpfen. Doch seine Versuche schlugen fehl und er wurde schließlich wegen Verschwörung gegen den König hingerichtet.
Ein Beweisstück, das in dieser Geschichte fast immer zitiert wird, ist die Tatsache, dass Arbeiter bei der Renovierung des Towers im Jahr 1674 Skelette entdeckten. Und zwar an einer Stelle, die auf eine Beschreibung davon passen könnte, wo die Leichen der Jungen vergraben wurden. (Allerdings steht in der gleichen Geschichte, in der die Grabstelle beschrieben wird, auch,dass ein Priester die Jungen später ausgegraben und fortgeschafft habe.) Man ging davon aus, dass es die Skelette von Eduard und Richard waren, und brachte sie in die Abtei von Westminster. 1933 erhielten Wissenschaftler die Erlaubnis, die Skelette wieder auszugraben und sie genauer zu untersuchen. Auch wenn die Wissenschaftler nicht mit Bestimmtheit feststellen konnten, ob die Knochen männlichen oder weiblichen Personen gehört hatten, kamen sie zu dem Schluss, dass sie die richtige Größe und das richtige Alter hatten, um von Eduard und Richard zu stammen – vorausgesetzt, sie wurden tatsächlich 1483 ermordet. Alles, was ich über diese Studie las, weckte in mir die Frage, zu welchem Schluss die Wissenschaftler wohl gelangt wären, wenn sie nicht von Anfang an gewusst hätten, wessen Skelette sie da vermeintlich vor sich hatten. Und ich frage mich, was Wissenschaftler wohl herausfinden würden, wenn sie die Knochen mit modernen Methoden, insbesondere einem DN A-Test , untersuchen könnten. Doch selbst wenn sie eindeutig zu dem Schluss kämen, dass die Skelette von Eduard und Richard stammen, wüssten wir immer noch nicht, wie sie ums Leben kamen.
Damit bleibt eine Zeitreise die einzige Möglichkeit, das Rätsel endgültig zu lösen. Doch wenn wir in die Vergangenheit zurückkehren könnten, um sämtliche Geheimnisse der Geschichte zu lösen, wie könnten wir dann dem Drang widerstehen, auch ihre Opfer retten zu wollen?
Bonusmaterial
Biografie der Autorin
Als meine Tochter in die dritte Klasse ging, kam sie eines Tages mit einer Liste nach Hause, auf der die Berufswünsche sämtlicher Kinder ihrer Klasse standen. Die meisten hatten offensichtlich die Berufe ihrer Eltern ausgewählt. Einige wenige jedoch hatten ihre Fantasie walten lassen. Ein Kind wollte gern Spion werden, ein anderes wünschte sich nichts sehnlicher, als professioneller Dirtbiker zu werden, und ein drittes sah sich als zukünftige Filmregisseurin. Ich betrachtete die Liste und dachte: »Ja, ich gehöre zu den Spionen und Dirtbikern.«
Auch ich hatte mir als Kind einen Beruf gewünscht, von dem ich nicht glaubte, dass er für normale Menschen erreichbar sei: Ich wollte Autorin werden. Alle Erwachsenen, die ich
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