Die Intrige
überliefert würde, Richard III. habe in der Nacht vor seinem Tod religiösen Rat von Zeitreisenden erhalten?«, fragte er. »Wolltet ihr auf Wikipedia lesen, dass Chip und Alex im letzten Moment gerettet und ins einundzwanzigste Jahrhundert verfrachtet wurden?«
»Nein.« Katherine schüttelte störrisch den Kopf.»Aber die Leute sollen wissen, dass Richard gar nicht so schlecht war. Er hat am Ende bereut. Und er wollte die Krone zurückgeben.«
»Sitz«, befahl HK dem Bobtail. Der Hund ließ sich mit den Hinterläufen auf dem Bürgersteig nieder. Dann streckte er sich ganz aus und legte den Kopf auf die Vorderpfoten, als gehe er davon aus, dass dies eine Weile dauern würde.
»Für die damalige Zeit war es notwendig, dass Richard ein Schurke war«, erklärte HK bedächtig. »Das Jahr 1483 war so etwas wie ein Wendepunkt in der Geschichte. Davor hatte man Morde, aus denen sich politisch Gewinn schlagen ließ, auf der Rechnung. Sie waren normal. Aber die Art, wie die Prinzen im Tower verschwanden, die Tatsache, dass alle zu wissen meinten, was passiert war, und das Entsetzen der Leute darüber, dass Richard Kinder umgebracht hatte … all das veränderte die Geschichte. Man konnte nicht mehr einfach Kinder umbringen und erwarten, dass einen die Leute dann immer noch für einen anständigen Menschen hielten. All das wirkte sich darauf aus, wie die Menschen Kinder betrachten und wie sie das Menschsein selbst betrachten. Seitdem galt Richard als Beispiel dafür, was Herrscher nicht tun sollten. In gewisser Weise ist das fast ebenso wichtig wie die Magna Carta.«
HK sprach mit dem Ernst eines Geschichtslehrers, der zu erklären versucht, warum Geschichte so wichtig ist. Jonas wusste zwar nicht mehr ganz genau, was dieMagna Carta war, aber ansonsten hörte sich alles ganz vernünftig an.
Katherine war natürlich nicht zufrieden.
»Aber Richard gegenüber ist das nicht gerecht«, krisitierte sie. »Er hat seinen schlechten Ruf nicht verdient.«
»Glaubst du, das ist für ihn noch von Belang?«, fragte HK. »Er starb fünf Minuten nachdem er Chip die Krone angeboten hat.«
»Aber ist er in den Himmel gekommen?«, ließ Katherine nicht locker.
»Das ist eine Sache zwischen ihm und Gott und nicht zwischen ihm und der Geschichte«, erwiderte HK.
Mit einem Ruck richtete Alex sich auf und trat ungelenk gegen den Ball, der fast auf die Straße gerollt wäre, wenn Chip ihn nicht aufgefangen hätte. Erstaunlicherweise schien er immer noch die schnellen Reflexe eines Schwertkämpfers zu haben.
» Du
glaubst an Gott?«, fragte Alex HK ungläubig. »Aber du weißt, wie man durch die Zeit reist. Du bist ein Wissenschaftler.« Er zögerte. »Oder etwa nicht?«
HK verdrehte die Augen.
»Ich staune immer wieder darüber, wie die Leute in eurem Zeitalter aus Wissenschaft und Religion ein solches Gegensatzpaar machen können. Zum Glück dauert diese Phase nur noch … tja, das darf ich euch nicht sagen«, hielt er sich gerade noch rechtzeitig zurück. »Aber ich kann euch versichern, je öfter ich durch dieZeit reise und je mehr ich sehe, desto klarer wird mir, dass es jenseits des menschlichen Begriffsvermögens Dinge gibt, die ebenso seltsam wie wunderbar sind.« Er wandte sich an Jonas und Katherine. »Zum Beispiel, dass zwei jugendliche Amateure die Zeit retten konnten, wenn ausgebildete Experten es auf jeden Fall verpfuscht hätten.«
Katherine warf den Kopf zurück, als wollte sie gleich einen Siegestanz aufführen: Na also! Da könnt ihr mal sehen!
»Ihr habt uns schon ein bisschen geholfen«, sagte Jonas bescheiden. »Hadley hat uns ein Zeichen gegeben, als er neben Chip und Alex auf dem Schlachtfeld stand, damit wir sie auch rechtzeitig finden. Und wir durften den Unsichtbarkeitsmodus verwenden.«
HK schüttelte den Kopf.
»Aber ihr habt alles falsch gemacht«, sagte er. »Wir sind immer noch dabei, zu katalogisieren, wie viele heilige Zeitreiseregeln ihr gebrochen habt. Kein professioneller Zeitreisender hätte es gewagt, Richard direkt anzusprechen – und ihr habt es gleich zwei Mal getan!«
»Warum habt ihr uns nicht aus der Zeit geholt, wenn wir so viele Regeln gebrochen haben?«, fragte Jonas.
»Das, äh, konnten wir nicht«, sagte HK betreten. »Wir wurden durch die Auswirkungen eures Tuns immer wieder blockiert. Und dann … dann haben wir herausgefunden, dass alles, was ihr macht, funktioniert.«
»Aber …« Alex rutschte unruhig hin und her. »Wirsind nicht immer mit unseren Markern
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