Die Invasion - 5
gefallen.«
»Das wohl. Aber wenn Sie das Kommando über die Truppen der Gegenseite hätten und zu dem Schluss gekommen wären, sie wären zahlenmäßig deutlich im Vorteil, würden Sie dann überhaupt nach einem Gelände Ausschau halten, dass sich gut verteidigen ließe?«
»Angenommen, ich hätte den Gewehren der Feinde nur Musketen mit glatten Läufen entgegenzusetzen? Na, und ob ich das tun würde!«, erwiderte Haimyn.
»Aber gemäß sämtlichen Einschätzungen unseres Nachrichtendienstes«, kurz blickte Clareyk Haimyn geradewegs in die Augen und wedelte kaum merklich mit der Depesche, die er fest umklammert hielt, »weiß dieser Gahrvai nichts über unsere Gewehre.«
»Das ist wahr.« Haimyn rieb sich das Kinn. »Sollte sich herausstellen, dass diese Einschätzungen tatsächlich zutreffend sind, dann haben Sie vermutlich Recht. Gahrvai dürfte also darüber nachdenken, wo er am besten über uns herfallen kann, um uns einfach aufzureiben.«
»Ganz genau. Und dazu kommt noch, dass er es sicherlich darauf anlegt, uns davon abzuhalten, eine solide Position auf dem gegenüberliegenden Flussufer zu beziehen - vor allem, wenn Sie mit Ihrer Vermutung Recht haben und das Gelände dort steigt wirklich merklich an. Und ich glaube, dass Sie damit Recht haben.«
»Sie glauben, er wird den Fluss überqueren? Sich zum Kampf stellen, mit einem Fluss im Rücken?«
»Allerdings.« Clareyk nickte heftig. »Wir wissen nicht genug über irgendwelche Brücken oder ob es vielleicht nutzbare Furten gibt, um wirklich abschätzen zu können, ein wie großes Hindernis dieser Fluss für die Gegenseite ist. Ich bin fast bereit darauf zu wetten, dass Gahrvai deutlich besser darüber informiert ist, wo wir uns befinden und mit welcher Truppenstärke, als das umgekehrt der Fall ist. Es steht doch gottverdammt außer Frage, dass er deutlich mehr Kavallerie hat, die hier irgendwo herumschwirrt und ihm ständig Bericht geben kann. Ich gehe außerdem davon aus, dass er schlau genug ist, um zu wissen, was er mit diesen Informationen anzufangen hat.«
»Soll mir recht sein«, pflichtete Haimyn ihm bei.
»Na, dann hat er wahrscheinlich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie viele Männer wir haben. Ich an seiner Stelle würde darüber nachdenken, genug meiner Leute auf diese Seite des Flusses zu schaffen, um damit eine Einheit von unserer Stärke einfach wegputzen zu können. Aber ich glaube nicht, dass ich mehr meiner Gesamtstärke dafür mobilisieren würde, als mir nach allen Einschätzungen für die Aufgabe erforderlich erscheint. Auf diese Weise würde ich, sollte sich herausstellen, dass ich mich eben doch getäuscht habe, nicht plötzlich Schwierigkeiten damit haben, meine ganzen Truppen wieder über die Brücken zurückschaffen zu müssen. Und den Hauptteil meiner Truppen würde ich auf der anderen Seite in Bereitschaft gehen lassen, um dank des höher gelegenen Terrains meine sozusagen als Vorhut fungierende Streitmacht bestens decken zu können - nur für den Fall, dass ein Rückzug eben doch erforderlich würde.«
»Erscheint mir sinnvoll«, sagte Haimyn nach kurzem Nachdenken.
»Also, einmal angenommen, ich liege tatsächlich richtig, dann sollten wir davon ausgehen, dass er uns nicht die Freude machen wird, uns ein gut zu verteidigendes Terrain zu überlassen, wenn er uns dann angreift. Ich an seiner Stelle würde mich wahrscheinlich für ziemlich schlau halten, den Kampf irgendwo dort stattfinden zu lassen.« Mit dem Finger zog Clareyk ein Oval um die Ortschaft und das Kloster. »Gahrvai wird freies Gelände haben wollen, damit er uns so nahe kommen kann wie möglich - vor allem, wenn sein Plan darin besteht, uns mit Piken oder der Kavallerie einfach zu überrennen. Und er wird es darauf anlegen, uns so weit wie möglich aus diesen vermaledeiten Wäldern herauskommen zu lassen, damit wir, wenn wir versuchen, den Rückzug anzutreten, erst einmal die Bäume als Hindernis im Weg haben, statt gleich auf die Straße zu kommen. Netter Engpass, der sich dann ergibt, nicht wahr?«
Wieder nickte Haimyn, und Clareyk lächelte mit schmalen Lippen.
»Das einzig Gute an diesem verflixten Gewirr aus Bäumen und Sträuchern ist, dass es nicht gerade einfach ist, sich darin zu verirren, wenn es doch nur eine einzige Straße gibt, die hindurchführt.«
»Und das heißt?«
»Das heißt, dass wir auch nach Einbruch der Dunkelheit weiter vorrücken können, ohne ganze Kompanien auf irgendwelchen Seitenstraßen zu verlieren. Es gibt hier
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