Die Invasion - 5
wann Ihr etwas tut und wie Ihr es tut. Es ist eine Sache, was Ihr mit meinen Informationen strategisch gesehen tun könnt, wenn es darum geht, neue Unternehmungen zu planen und vorzubereiten - oder was Ihr erreichen könnt, wenn Ihr geheime nachrichtendienstliche Quellen jemandem wie Nahrmahn zukommen lasst und ihn auf diese Weise dazu bringt, Empfehlungen auszusprechen, die ich nicht in der Öffentlichkeit aussprechen darf. Die gleichen Informationen für etwas wie dies hier zu nutzen, ist etwas völlig anderes.«
Unglücklich nickte Cayleb. Dann schaute er wieder auf den Kartentisch. Doch seine Augen waren blicklos. Offensichtlich stellte er sich gerade die Menschen vor, die auf dieser Karte nur durch kleine Platzhalter dargestellt wurden. Einige Sekunden lang starrte er so vor sich hin. Dann richtete er sich wieder auf und schaute erneut zu Merlin hinüber.
»Wie wäre es denn so ?«, fragte er. »Clareyk hat schon sowohl mit Euch als auch mit mir zusammengearbeitet und weiß wahrscheinlich mehr über Eure Visionen, als er jemals hat durchblicken lassen. Ich werde ihm eine Nachricht übermitteln. Ich sage darin nicht, was Gahrvai und seine Kommandeure besprochen oder was sie zum Abendessen hatten. Ich sage ihm einfach nur, ich hätte so ein ungutes Gefühl, die Berichte unserer Aufklärer seien nicht ganz vollständig. Das sollte ihn nicht allzu sehr überraschen. Schließlich haben wir nur wenige Kavalleristen, und jeder weiß, dass die Pferde, die wir haben, sich immer noch daran gewöhnen müssen, wieder festen Boden unter den Hufen zu haben. Ich werde Clareyk aber nicht zurückbeordern. Wir besitzen ja keine konkreten Hinweise, die mein so genanntes Gefühl in irgendeiner Weise stützen würden. Stattdessen werde ich Clareyk einfach nur instruieren, in den nächsten Tagen ganz besonders vorsichtig zu bleiben und immer davon auszugehen, dass der Feind ihm deutlich näher sein könnte, als er derzeit annimmt, und dabei deutlich kampfstärker, als die Berichte unserer Kundschafter das bislang haben vermuten lassen.«
Einen Moment lang dachte Merlin schweigend nach, dann nickte er.
»Ich denke, das dürfte wohl keine Schwierigkeiten bereiten«, entschied er. »Vor allem nicht, wenn wir keine konkreten Zahlen nennen. ›Deutlich kampfstärker‹ ist eine gute, vorsichtige Formulierung. Sie lässt nicht irgendwelche konkreten Informationen erahnen, die uns eigentlich nicht vorliegen sollten. Und ich denke, es wird auch nicht schaden, wenn die Truppen zu dem Schluss kommen, Euer Seefahrer-Instinkt melde sich auch bei Schlachten auf dem Land zu Wort.«
»Ich würde es trotzdem vorziehen, ihn zurückzubeordern«, sagte Cayleb und blickte erneut auf die Karte. »Selbst wenn sich Clareyk und Haimyn meine Warnung wirklich zu Herzen nehmen, wird das doch nichts an der Übermacht der Truppen ändern, denen sie gegenüberstehen werden. Und selbst wenn Ihr seht, dass Gahrvai etwas anderes tut - zum Beispiel eine Kavallerie-Einheit vorausschicken, um ihnen den Rückzug abzuschneiden -, können wir nichts dagegen unternehmen. Wahrscheinlich könnten wir unsere Marines nicht einmal schnell genug darüber informieren, sodass es ihnen überhaupt nichts nützen würde. Das wäre sogar so, wenn wir uns keine Sorgen darüber machen müssten, die Männer könnten sich fragen, wie wir haben ahnen können, was da auf sie zukommt.«
»Das wird wohl etwas sein, woran wir uns mehr und mehr werden gewöhnen müssen«, warf Merlin ein. »Und um ganz ehrlich zu sein: Alle Situationen, in denen wir meine ›Visionen‹ ausnutzen können, werden die Situationen, in denen das eben nicht geht, nur noch um so schmerzlicher werden lassen. Alles hat Grenzen, auch dieser Vorteil. Wir werden diese Grenzen einfach akzeptieren müssen.«
»Ich weiß.« Cayleb gestattete sich ein schiefes Grinsen. »Ich denke, es liegt einfach in der Natur des Menschen, ständig immer mehr zu wollen. Ihr seid schon jetzt der größte, unfaire Vorteil, den ein Kommandeur jemals hatte. Es ist wahrscheinlich ziemlich unverschämt von mir, einen noch größeren unfairen Vorteil haben zu wollen. Ich bin wahrscheinlich einfach von Natur aus gierig.«
»Es hat auf Terra ein altes Sprichwort gegeben«, erklärte Merlin ihm. »Ich denke zwar nicht, dass das für alle Dinge im Leben gilt, aber bei militärischen Einsätzen halte ich es für durchaus anwendbar.«
»Was für ein Sprichwort?«
»›Wenn man nicht mogelt, strengt man sich nicht genug an‹«, antwortete
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