Die irische Heilerin
dass Eileen seine Hände nicht richtig behandelt hatte.
„Es war dir verboten, jemanden von meinen Leuten zu behandeln.“ Séamus’ Stimme war ruhig, ließ aber keinen Zweifel zu, dass er der Clanführer war, dass er die größere Autorität besaß. „Du hast meinen Befehlen zuwidergehandelt.“ Séamus war ein großer, massiger Krieger mit langen grauen Locken, die bis auf seine Schultern fielen. Keiner hätte es gewagt, anzudeuten, dass er zu alt geworden war, um weiter ein Schwert zu führen. Seine Kleidung hatte er seit dem Überfall des Faelain-Clans noch nicht gewechselt, und Schweiß bedeckte die Flanken seines Pferdes.
„Connor brauchte Hilfe“, beharrte Eileen. „Er wäre verblutet, wenn ich ihn einfach liegen gelassen hätte.“
„Du hättest jemanden von uns holen sollen.“ Der unerbittliche Zug um Séamus’ Mund enthüllte seine Meinung von ihren Heilkünsten.
Eileen schlang ihre zitternden Hände umeinander. „Seine Wunden hätten sich entzündet.“ Sie hätte niemals danebenstehen und zusehen können, wie er litt. Er hatte sofortige Hilfe gebraucht, seine Wunden mussten genäht, seine Hände geschient werden. In den letzten Monaten waren schon genug Männer gestorben. Dies hätte nicht geschehen müssen, wären sie gut versorgt gewesen.
Séamus antwortete nicht auf ihre Bemerkung, sondern lenkte sein Pferd in Richtung der Krankenhütte. „Ich werde ihn in unser rath bringen. Die neue Heilerin wird ihn sich ansehen.“
Eileen versteifte sich bei der Erwähnung ihrer vermeintlichen Nachfolgerin. „Und wer ist sie?“
„Ihr Name ist Illona. Sie ist die Heilerin des Ó-Banníon-Clans und hat angeboten, ihr Wissen mit uns zu teilen, da unsere Ländereien so dicht beieinanderliegen.“
„Weißt du denn nicht, dass es Männer des Ó-Banníon-Clans waren, die Connor das angetan haben?“ Eileen explodierte fast. „Wie kannst du auch nur daran denken, diese Frau in seine Nähe zu lassen?“
Überraschung zeigte sich auf Séamus’ Gesicht. „Hat Connor das gesagt?“
„Das hat er. Und du solltest vorsichtig sein, bevor du ihre Heilerin in die Nähe unserer Clanleute lässt.“
„Wage es nicht, mir zu sagen, was ich zu tun oder zu lassen habe, Eileen. Er wird noch heute Abend aus der Krankenhütte ausziehen.“
„Er will dich nicht sehen. Nicht bevor er wieder gesund ist.“
„Das will ich von seinen eigenen Lippen hören. Nicht von deinen.“ Der Tonfall des Stammesführers wurde drohend. „Sei vorsichtig, Eileen. Ich habe deinen Fall nicht vor die Richter gebracht, auch wenn ich das durchaus gekonnt hätte. Niemand hat vergessen, was du gemacht hast.“
Ihr stiegen die Tränen in die Augen, aber sie hielt sie zurück. Er konnte ihr nicht vergeben, auch wenn sie bei Danu alles getan hatte, was in ihrer Macht lag. Sie hatte vor zwei Jahren das Leben seines einzigen Sohnes gerettet, aber selbst das konnte Séamus’Trauer nicht mildern. Er war blind für alles, außer für das, was er verloren hatte.
„Ich werde jetzt mit ihm sprechen.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, trieb Séamus sein Pferd voran.
Eileens Magen zog sich zusammen, und sie blieb auf einem Hügel in Sichtweite der Krankenhütte stehen. Ihre Glieder fühlten sich schwer an, sie konnte kaum ihre Füße fortbewegen.
„Eileen, warte!“, rief jemand hinter ihr, er hörte sich noch sehr jung an. Sie drehte sich um und entdeckte Lorcan. Sein dunkles Haar flog, als er auf sie zurannte und schlitternd zum Stehen kam.
„Was ist los, Lorcan?“
Sein schmales Gesicht zeigte tiefe Reue. „Es tut mir so leid. Ich hätte ihm nichts von dem toten Mann sagen sollen.“ Er bewegte sich unbehaglich hin und her und starrte ins Gras. „Na ja, das war jetzt falsch, denn er ist ja noch am Leben.“
„Aber er wäre dies nicht, wenn du mich an jenem Tag nicht zu ihm aufs Feld gebracht hättest.“ Sie streckte die Hand aus und strich mit ihren Fingern durch sein Haar. „Es ist schon in Ordnung.“
„Ich wollte ihn nicht böse machen.“ Er schlang schnell seine Arme um ihre Taille und blickte um Vergebung heischend zu ihr hoch.
„Ich weiß, dass das nicht deine Absicht war.“ Sie löste sich sanft aus seiner Umarmung. „Lauf jetzt. Du sollst nicht noch mehr Ärger bekommen, nur weil du mit mir gesprochen hast.“
Lorcan huschte davon, und sein Anblick wärmte ihr das Herz. Sie würde ihn immer als ihren Pflegesohn ansehen. Nach seiner impulsiven Umarmung fiel ihr der Weg zurück zu ihrer Hütte leichter.
Die
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