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Die irische Heilerin

Die irische Heilerin

Titel: Die irische Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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vorbereitet sein.
    Aber sobald Connor den Jungen sah, der sich an die Mähne einer alternden Stute klammerte, schob er das Schwert in die Scheide zurück. Whelons schmale Schultern beugten sich nach vorn, als er darum kämpfte, die Schritte des Pferdes zu verlangsamen.
    „Was ist geschehen?“, fragte Connor.
    „Einer der Barden“, keuchte Whelon. „Er ist gestorben. Ich habe seine Arme gesehen, und sie waren mit Schwären bedeckt. Eileen muss sofort nach ihm schauen.“
    Connor unterdrückte das furchtbare Gefühl, das in ihm aufstieg. Er hatte so etwas schon vorher gesehen. Die unsichtbaren Dämonen dieser Krankheit konnten einen Mann innerhalb weniger Tage niederstrecken und töten.
    „Warte hier.“
    Er öffnete Eileens Tür, ohne anzuklopfen. Sie fuhr überrascht zusammen, als sie ihn so unerwartet erblickte. „Wir müssen zum aenach zurückkehren. Einer der Barden ist tot.“
    „Wie?“ Ohne weitere Nachfragen griff sie zu ihrem Korb und fing an, getrocknete Kräuter und Verbände hineinzulegen. „Bist du dir sicher, dass er nicht mehr am Leben ist?“
    „Er ist an den Blattern gestorben. Whelon hat die Schwären gesehen.“
    Eileen wurde blass, zog aber entschlossen ihren brat um die Schultern. Sie langte nach einer Steinphiole und schlug das Zeichen des Kreuzes. Er verstand, dass es Weihwasser war, das sie mit sich nahm.
    „Du solltest anfangen zu beten, damit die Dämonen uns nicht ebenfalls niederstrecken“, drängte sie ihn. Auch wenn sie nach außen hin ruhig wirkte, wusste er, dass sie Angst hatte.
    Ihm erging es nicht viel besser. Es war bekannt, dass die Blattern sich nicht sofort zeigten. Manchmal vergingen Tage oder sogar Wochen, bis man wusste, welche Personen betroffen waren.
    „Sag nichts zu den anderen“, warnte Eileen. „Dorfbewohner, die in Panik verfallen, brauchen wir in einer solchen Situation nicht.“
    „Was ist mit der anderen Heilerin, Illona?“
    Eileens Schultern senkten sich, ihr Gesicht war ernst. „Wir werden sie rufen, sobald wir den Körper gesehen haben. Ich muss erst den Ausschlag untersuchen, um sicher zu sein. Wenn es die Blattern sind … dann werden wir nach ihr schicken.“
    Connor half ihr dabei, hinter Whelon aufs Pferd zu gelangen. „Ich komme sofort nach.“
    Er gab der Stute ein entsprechendes Zeichen, und sie ritten in Richtung des Festplatzes davon. Connor sprach ein leises Gebet. Er bestieg das Pferd, das seine Brüder zurückgelassen hatten, und trieb es an. Kurz darauf hob er den Blick zum dunklen Himmel und fragte sich, wer verschont bleiben und wer schon bald in der kalten Erde liegen würde.
    Als Eileen den aenach erreichte, führte Whelon sie an den Ort, wo die Barden ihr Lager aufgeschlagen hatten. Connor kam kurz nach ihnen an. Verwirrt starrten sie auf den Platz, wo sie das Zelt der Geschichtenerzähler erwarteten. Bis auf ein zurückgelassenes Seil und zertrampeltes Gras gab es keine Spur mehr von den Männern.
    „Er war hier. Ich habe ihn gesehen.“ Unglauben zeigte sich in Whelons Augen. „Wo sind sie hingegangen?“
    Eileen kniete sich nieder, um einen genaueren Blick auf den Boden zu werfen. Sie bezweifelte seine Worte nicht, denn der Junge hatte noch nie zuvor gelogen. Und wenn es tatsächlich die Blattern waren, hatten die Männer durchaus Grund gehabt, die Flucht anzutreten.
    „Warte.“ Connor zeigte in die Ferne. „Riechst du das auch?“
    Sie folgte ihm, bis sie kaum noch laufen konnte. Nach einer Weile auf einem kleinen Pfad ließ sie der scharfe Geruch von verbranntem Fleisch würgen. Es dauerte nicht lange, bis sie den Ort gefunden hatten, von dem er ausging: Auf einer schnell zusammengebauten Feuerstelle entdeckten sie die verkohlten Überreste eines Körpers.
    Eileen schlug das Zeichen des Kreuzes und betete schweigend für die Seele des Mannes. Sie blieb etwas entfernt stehen, aber die geschwärzte Haut zeigte keine Spuren der Blattern.
    „Sag mir, was für einen Ausschlag du gesehen hast“, sagte sie sanft zu Whelon, der ihnen gefolgt war.
    Der Junge wandte seinen Blick nur mit Mühe von der Leiche ab. Sein Gesicht war blass und voller Angst. Der Tod war ihm, wie ihnen allen anderen auch, nicht fremd. Aber sein Mund zitterte.
    „Er hatte Pusteln auf den Armen, etwa so groß wie kleine Beeren. Seine Wangen waren rot, und ich habe ihn husten gehört.“
    Eileen erinnerte sich an den Mann, den sie früher am Tag gesehen hatte. Auch wenn der heftige Husten durchaus ein Anzeichen für eine ernsthafte Krankheit sein

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