Die irische Signora
führte.
Als sie nach Dublin zurückkehrten, versprach sie ihm, eine Lösung zu finden. Und noch immer tapfer lächelnd versicherte sie ihm, daß es am vernünftigsten sei, den Rat von Fachleuten einzuholen. Zunächst vereinbarte sie einen Termin bei einem führenden Gynäkologen. Er war ein äußerst höflicher und charmanter Mann, er zeigte ihr ein Schaubild der weiblichen Geschlechtsorgane und erläuterte ihr, an welchen Stellen Blockaden oder Hemmungen denkbar wären. Connie studierte die Zeichnungen ohne echte Anteilnahme. Es hätten Pläne für eine neue Klimaanlage im Hotel sein können, dabei hatten sie doch mit den Vorgängen in ihrem eigenen Körper, mit ihren ureigensten Empfindungen zu tun. Sie nickte auf seine Erklärungen hin, beruhigt durch seine Ungezwungenheit und die diskrete Art, in der er durchblicken ließ, daß die halbe Welt mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte.
Doch als auf den theoretischen der praktische Teil folgen sollte, begannen die Probleme. Sie verkrampfte sich derart, daß eine Untersuchung unmöglich war. Er stand da und verzweifelte allmählich, die Hand in einem Gummihandschuh, sein Gesichtsausdruck war freundlich, aber unpersönlich. Connie empfand ihn nicht als Bedrohung, im Gegenteil, sie wäre so erleichtert gewesen, wenn er irgendeine Membran entdeckt hätte, die ganz leicht entfernt werden konnte. Aber in ihr hatte sich alles zusammengezogen.
»Ich glaube, wir sollten die Untersuchung unter Vollnarkose vornehmen«, schlug er vor. »Das macht es für alle Beteiligten leichter. Wahrscheinlich genügt eine Ausschabung der Gebärmutter, und Sie sind wieder putzmunter.«
Sie vereinbarte einen Termin für die nächste Woche. Harry war liebevoll und stand ihr bei. Er begleitete sie in die Klinik, als sie aufgenommen wurde. »Du bist für mich das Wichtigste auf der Welt. Ich habe noch nie eine Frau wie dich kennengelernt.«
»Darauf möchte ich wetten«, versuchte sie zu scherzen. »Mit den anderen hattest du ganz andere Probleme als mit mir – da wußtest du nicht, wie du dich ihrer erwehren solltest.«
»Connie, es wird alles gut werden.« Harry war so sanft, so besorgt, und er sah so gut aus. Wenn sie zu einem Mann wie ihm nicht zärtlich sein konnte, gab es für sie keine Hoffnung. Angenommen, sie hätte früher dem Drängen von Männern wie Jacko nachgegeben, wäre das besser oder schlechter gewesen? Sie würde es nie erfahren.
Die Untersuchung ergab, daß bei Mrs. Constance Kane körperlich alles in Ordnung war. Wie Connie ihre Berufserfahrung gelehrt hatte, mußte man, wenn man in eine Sackgasse geriet, wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren und einen anderen Weg ausprobieren. Also vereinbarte sie einen Termin bei einer Psychiaterin. Es war eine sehr sympathische Frau mit einem herzlichen Lächeln und einer sachlichen Art. Man konnte gut mit ihr reden, sie stellte knappe Fragen und erwartete eine ausführliche Antwort. Von ihrer Arbeit her war Connie es eher gewöhnt zuzuhören, doch mit der Zeit fiel es ihr leichter, sich auf die interessierten, aber niemals aufdringlichen Fragen der Psychiaterin einzulassen.
Sie versicherte der älteren Frau, daß es in ihrer Vergangenheit keine unangenehmen sexuellen Erfahrungen gegeben habe, da es mit Harry Kane das erste Mal gewesen sei. Nein, das habe sie nicht als schlimm empfunden, sie sei auch nicht neugierig oder frustriert gewesen. Nein, sie habe sich noch nie zu einer Geschlechtsgenossin hingezogen gefühlt, auch habe sie keine emotionale Bindung zu einer Frau, die so stark sei, daß sie ihre heterosexuellen Begierden überlagere. Sie erzählte ihr von ihrer tiefen Freundschaft zu Vera, doch diese habe ganz bestimmt keine sexuelle Komponente, und es bestehe auch keine emotionale Abhängigkeit – sie lachten einfach viel zusammen und vertrauten sich gegenseitig ihre Geheimnisse an. Connie erzählte auch davon, wie ihre Freundschaft angefangen hatte, nämlich weil Vera der einzige Mensch gewesen sei, der die Geschichte mit ihrem Vater als etwas völlig Normales betrachtet hatte, das jedem passieren konnte.
Die Psychiaterin war sehr verständnisvoll und mitfühlend und stellte mehr und mehr Fragen über Connies Vater und darüber, ob sie nach seinem Tod von ihm enttäuscht gewesen war. »Ich glaube, Sie machen zuviel aus dieser Sache mit meinem Vater«, sagte Connie einmal.
»Das ist schon möglich. Erzählen Sie mir, wie es war, wenn Sie von der Schule nach Hause kamen. Hat er sich zum Beispiel um Sie
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