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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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akzeptieren. »Dieser Typ könnte sich nicht einmal seinen eigenen Namen merken, wenn er nicht auf seinem Aktenkoffer stehen würde. Ich habe ihm mindestens dreimal gesagt, daß ich im Hotel übernachte. Das muß wohl am Alter liegen.«
    Kurz danach, vor seiner Reise nach Cheltenham, schickte das Reisebüro das Ticket an seine Privatadresse, und da bemerkte Connie, daß auch ein Ticket für Siobhan Casey dabeilag.
    »Ich wußte gar nicht, daß sie mitfährt«, meinte sie leichthin.
    Harry zuckte mit den Schultern. »Wir müssen Kontakte knüpfen, zum Rennen gehen, Leute treffen. Da muß einer dabeisein, der nüchtern bleibt und alles mitschreibt.«
    Und von da an übernachtete er mindestens einmal in der Woche nicht zu Hause. Und an etwa zwei weiteren Abenden blieb er so lange aus, daß klar war, daß er von einer anderen kam. Um sie nicht zu stören und damit sie in ihrem Zustand genügend Schlaf bekam, schlug er getrennte Schlafzimmer vor. Connie fühlte sich in ihrem Zimmer unendlich einsam.
    Die Wochen verstrichen, und sie sprachen immer weniger miteinander. Doch er war stets höflich und voll des Lobes, besonders für ihre allwöchentlichen Mittwochseinladungen. Diese hätten wirklich dazu beigetragen, die Geschäftsbeziehungen zu seinen Partnern zu festigen, erklärte er ihr. Eine Folge davon war, daß er mittwochs zu Hause übernachtete, doch daß sie dies damit bezweckte, verschwieg sie ihm. Sie bestellte Taxis, die die Partner und ihre Frauen zum Hayes-Hotel brachten, wo sie zu einem ermäßigten Tarif in Suiten übernachteten.
    Wenn sie weg waren, saß sie noch mit Harry zusammen und unterhielt sich mit ihm über seine Geschäfte, aber oft war sie nur mit halber Aufmerksamkeit dabei. Sie fragte sich, ob er wohl auch mit Siobhan Casey in deren Wohnung zusammensaß und, wie jetzt mit ihr, über seine Erfolge und Mißerfolge sprach. Oder wurden er und Siobhan so von der Lust überwältigt, sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, daß sie sich gegenseitig die Kleider vom Leib rissen und es auf dem Kaminvorleger trieben, weil sie nicht warten konnten, bis sie im Schlafzimmer waren?
    Eines Mittwochabends streichelte er ihren dicken Bauch, und dabei traten ihm Tränen in die Augen. »Es tut mir so leid«, sagte er.
    »Was denn?« Sie sah ihn fragend an.
    Er hielt inne, als überlege er, ob er ihr etwas anvertrauen sollte oder nicht, deshalb sprach sie hastig weiter. Sie wollte nicht, daß etwas zugegeben und damit zur Kenntnis genommen und akzeptiert wurde. »Was tut dir leid? Wir haben doch alles, fast alles. Und was wir nicht haben, erreichen wir vielleicht noch.«
    »Ja, ja, natürlich«, sagte er und riß sich zusammen.
    »Und schon bald kommt unser Baby zur Welt«, meinte sie beruhigend.
    »Und dann wird alles gut«, erwiderte er ohne große Überzeugung.
     
    Nach achtzehn Stunden Wehen wurde ihr Sohn geboren. Er war ein kerngesundes Baby und wurde auf den Namen Richard getauft. Wie Connie erklärte, hatten zufälligerweise sowohl Harrys als auch ihr Vater so geheißen, daher sei diese Wahl naheliegend gewesen. Die Tatsache, daß Mr. Kane senior zeit seines Lebens Sonny Kane gerufen worden war, erwähnte niemand.
    Die Tauffeier fand zu Hause statt. Sie wurde in elegantem, doch zugleich schlichtem Rahmen gehalten. Connie, die bereits eine Woche nach der Geburt wieder so schlank war wie zuvor, begrüßte die Gäste; ihre Mutter stand in ihrer übertriebenen Aufmachung dabei und strahlte vor Glück; Veras Kinder Deirdre und Charlie waren Ehrengäste.
    Der Pfarrer war ein guter Freund von Connie. Er erfüllte seine Aufgabe mit großem Stolz. Ach, wären doch alle seine Gemeindemitglieder so großzügig und charmant wie diese junge Frau, dachte er bei sich. Auch ein Freund von Connies Vater nahm an der Feier teil, ein angesehener Anwalt im mittleren Alter, der einen ausgezeichneten Ruf genoß. Er war nicht dafür bekannt, Prozesse zu verlieren.
    Beim Anblick von Connie, die – seinen Sohn im Arm – in ihrem eleganten marineblauen Seidenkleid mit weißen Besätzen zwischen dem Priester und dem Anwalt stand, spürte Harry ein Frösteln. Da er nicht wußte, woher diese Empfindung kam, maß er ihr keine Bedeutung bei. Vielleicht war nur eine Grippe im Anzug, was er allerdings nicht hoffte, da er in den kommenden Wochen eine Menge zu tun hatte. Trotzdem, er konnte die Augen nicht von dieser Szene abwenden. In ihr lag etwas, wovon er sich bedroht fühlte.
    Beinahe widerstrebend näherte er sich der

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