Die irische Signora
T. P. Murphy fort.
»Ja. Ja, natürlich.«
»Wie wir von Mrs. Kane erfuhren, erwartet sie in ein paar Monaten ihr zweites Kind, nicht wahr?« Der Anwalt sprach, ohne von seinen Papieren aufzublicken.
»Das ist richtig, ja. Wir freuen uns beide sehr.«
»Und Mrs. Kane hat verständlicherweise ihre erfolgreiche Karriere im Hayes-Hotel aufgegeben, um für diese und alle weiteren Kinder, die vielleicht noch folgen werden, zu sorgen.«
»Aber sie war doch nur eine Empfangsdame, eine, die den Gästen die Schlüssel gibt und ein paar nette Worte zu ihnen sagt. Das kann man wohl kaum als Karriere bezeichnen. Sie ist mit
mir
verheiratet und kann alles haben, was sie will. Habe ich ihr je etwas verweigert? Hat sie sich darüber beschwert?«
»Ich bin wirklich froh, daß Mrs. Kane nicht hier ist und Ihre Worte mit anhören muß«, erwiderte T. P. Murphy. »Wenn Sie wüßten, wie sehr Sie die Situation mißverstehen. Ihre Frau beschwert sich über gar nichts, im Gegenteil, sie sorgt sich um Sie, um Ihre Firma und um die Familie, die Sie sich so sehr gewünscht haben. Ihre Sorge gilt allein Ihnen. Sie befürchtet, daß Sie, falls mit der Firma etwas schiefgeht, alles verlieren, wofür Sie so hart gearbeitet haben und auch in Zukunft arbeiten werden, wofür sie all diese Reisen auf sich nehmen und die häufigen Trennungen von Ihrer Familie.«
»Und wie lautet Connies Vorschlag?«
Jetzt kamen sie auf den Punkt. Connies Anwälte verlangten, daß fast sein gesamter Besitz auf sie überschrieben wurde, das Haus und ein bestimmter, beträchtlicher Anteil des jährlichen Bruttogewinns. Damit wollte sie eine Firma mit eigenen Geschäftsführern gründen. Verträge wurden hervorgeholt, es waren darin bereits Namen genannt.
»Das kann ich nicht tun.« Harry Kane redete nicht gerne um den heißen Brei herum. Und bislang hatte er damit auch Erfolg gehabt.
»Warum nicht, Mr. Kane?«
»Was würden meine Partner davon halten, die Männer, die das Ganze mit mir zusammen aufgebaut haben? Soll ich zu ihnen sagen: ›Hört mal, Leute, der ganze Kram macht mir ein wenig Sorgen, deshalb überschreibe ich meinen Anteil auf meine Frau, damit ihr mir nicht an den Karren fahren könnt, wenn hier alles den Bach runtergeht‹? Wie würde das in ihren Augen wohl aussehen? Wie ein Zeichen von Vertrauen in unsere Firma?«
Harry hatte noch nie jemanden so sanft und zugleich so eindringlich reden hören wie T. P. Murphy. Seine Stimme war kaum hörbar, und trotzdem war jedes Wort, das er sagte, von kristallklarer Deutlichkeit. »Ich bin sicher, Sie gestehen es jedem Ihrer Partner zu, seine Gewinne so zu verwenden, wie es ihm beliebt, Mr. Kane. Der eine steckt das Geld vielleicht in ein Gestüt im Westen, ein anderer kauft sich Kunstwerke und gibt Gesellschaften für Leute aus der Film- und Medienbranche. Das finden Sie völlig in Ordnung. Warum sollten Ihre Partner also etwas dagegen haben, wenn Sie das Geld in die Firma Ihrer Frau stecken?«
Sie hatte ihnen alles erzählt. Woher wußte sie es eigentlich? Die Frauen an den Mittwochabenden … Nun, bei Gott, dem würde er ein Ende machen.
»Und wenn ich mich weigere?«
»Ich bin sicher, daß Sie das nicht tun werden. Vom Gesetz her ist es zwar nicht möglich, sich scheiden zu lassen, aber es gibt immerhin Familiengerichte, und ich kann Ihnen versichern, daß jeder, der Mrs. Kane vertreten würde, eine enorme Summe herausschlagen könnte. Das Bedauerliche daran wären nur all die negativen Schlagzeilen, und gerade das Versicherungsgewerbe ist auf das bedingungslose Vertrauen der Öffentlichkeit ja besonders angewiesen …« T. P. Murphy verstummte.
Harry Kane unterzeichnete die Verträge.
Dann fuhr er direkt nach Hause, in sein großes, komfortables Heim. Ein Gärtner, der täglich kam, schob gerade einige Pflanzen quer durch den Garten zur Südmauer. Harry schloß die Vordertür auf und betrachtete die frischen Blumen in der Eingangshalle, die hell und freundlich gestrichenen Wände, die Bilder, die sie zusammen ausgesucht hatten. Er warf einen Blick in das geräumige Wohnzimmer, in dem leicht für vierzig Personen Platz war, wenn sie dort nur einen Drink nahmen. An den Wänden standen Vitrinen mit Waterford-Kristall. Das Eßzimmer war mit Trockenblumen geschmückt, sie aßen dort nur, wenn sie eine Gesellschaft gaben.
Dann sah er in die sonnige Küche, wo Connie den kleinen Richard mit löffelweise Apfelbrei fütterte und ihn glücklich anlächelte. Sie trug ein hübsches,
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