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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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zu können. Und selbst wenn, wie hätte er sie als Constanza wiedererkennen sollen? Sie mochte auch die beiden couragierten Frauen Caterina und Francesca, bei denen man nicht genau wußte, ob sie Schwestern oder Mutter und Tochter waren.
    Dann gab es noch den großen, grundanständigen Lorenzo, dessen Hände so groß wie Schaufelblätter waren. Er übernahm einmal die Rolle eines Gastes in einem Restaurant, während Connie die Kellnerin spielte.
    Una tavola vicina alla finestra
, sagte Lorenzo, und Connie schob einen Pappkarton zu einem aufgemalten Fenster, zeigte ihm seinen Platz und wartete, während Lorenzo sich überlegte, was er bestellen wollte. Lorenzo hatte sich selbst alle möglichen neuen Gerichte beigebracht, wie Aal, Gänseleber oder Seeigel. Aber die Signora unterbrach ihn und trug ihm auf, nur die Wörter von der Liste zu lernen.
    »Sie verstehen das nicht, Signora, aber die Leute, die ich in Italien besuchen werde, essen nur Delikatessen, keine Pizza, wie wir es hier lernen.«
    Dann gab es noch den furchterregenden Luigi, der immer ein finsteres Gesicht zog und eine ganz eigene Art hatte, der italienischen Sprache den Garaus zu machen. Im normalen Leben hätte Connie einen Menschen wie ihn niemals kennengelernt, aber hier war er gelegentlich ihr Partner, zum Beispiel, als sie Doktor und Krankenschwester spielten und sich mit einem imaginären Stethoskop gegenseitig aufforderten, tief durchzuatmen.
Respiri profondamente per favore, Signora
, hatte Luigi sie angebellt, während er an dem anderen Ende eines Gummischlauches horchte.
Non mi sento bene
, hatte Connie erwidert.
    Und mit der Zeit entstand ein richtiges Gemeinschaftsgefühl, wuchsen sie zu einer Gruppe zusammen, die der phantastische Traum eines gemeinsamen Italienurlaubs im nächsten Sommer zusammenschweißte. Connie, die leicht für jeden einen Linienflug hätte bezahlen können, beteiligte sich an Diskussionen darüber, wie man Sponsoren finden und die Kosten senken könnte und daß bei Gruppenreisen leider eine Anzahlung Monate vorher üblich sei. Sollte die Reise tatsächlich stattfinden, würde sie ganz bestimmt mitfahren.
    Wie Connie bemerkte, verbesserte sich der bauliche Zustand der Schule mit jeder Woche. Sie wurde richtiggehend renoviert, es wurden Malerarbeiten durchgeführt und Bäume gepflanzt. Auch der Schulhof wurde hergerichtet. Sogar der ramponierte Fahrradschuppen wurde durch einen neuen ersetzt.
    »Sie machen ja eine richtige Generalüberholung«, sagte sie anerkennend zu dem ein wenig schlampig wirkenden, aber gutaussehenden Schuldirektor Mr. O’Brien, der gelegentlich zu ihnen hereinschaute und dem Italienischkurs ein großes Lob aussprach.
    »Ein mühsames Unterfangen, Mrs. Kane. Wir wären sehr dankbar, wenn Sie bei den Bankiers, mit denen Sie und Ihr Mann zu tun haben, ein gutes Wort für uns einlegen könnten.« Er wußte genau, wer sie war, weshalb es für ihn nicht in Frage kam, sie wie die anderen Constanza zu nennen. Aber angenehmerweise fragte er auch nicht nach, was sie hierhergeführt hatte.
    »Diese Leute haben kein Herz, Mr. O’Brien. Sie begreifen nicht, daß Schulen die Zukunft eines Landes sind.«
    »Wem sagen Sie das«, seufzte er. »Ich verbringe die Hälfte meiner Zeit in diesen verdammten Banken und fülle Formulare aus. Wie man Kinder unterrichtet, habe ich schon längst vergessen.«
    »Und haben Sie Frau und Kinder, Mr. O’Brien?« Connie konnte sich selbst nicht erklären, warum sie ihm eine so persönliche Frage gestellt hatte. Aufdringlichkeit gehörte sonst nicht zu ihren Charakterzügen. Und von ihrer Arbeit im Hotel her wußte sie, daß es oft klüger war, zuzuhören, als Fragen zu stellen.
    »Nein, zufälligerweise bin ich ledig«, entgegnete er.
    »Das ist wahrscheinlich auch besser, wenn Sie gewissermaßen mit der Schule verheiratet sind. Es gibt viele Menschen, die gar nicht heiraten sollten, finde ich. Mein eigener Mann ist auch so ein Fall«, sagte sie.
    Er zog die Augenbrauen hoch. Connie wurde bewußt, daß sie für eine nette, zwanglose Unterhaltung zu weit gegangen war. »Tut mir leid«, lachte sie. »Ich wollte nicht die einsame Ehefrau spielen, ich habe nur eine Tatsache festgestellt.«
    »Ich wäre sehr gerne verheiratet, auch das ist eine Tatsache«, sagte er. Er war so höflich, die vertrauliche Gesprächsebene beizubehalten. Da sie ihm etwas Persönliches anvertraut hatte, gebot es der Anstand, daß er es ihr gleichtat. »Das Problem ist nur, daß ich erst jetzt jemanden

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