Die irische Signora
wollte jedem Wort der Kritik vorbeugen.
»Ich weiß, daß diese Reise spottbillig ist. Brigid hat mir erzählt, daß so eine Halbverrückte bei ihnen hereingeschneit ist und gefragt hat, wo wir denn wohnen würden. Also hat es sich wohl schon herumgesprochen, daß wir ein sehr günstiges Angebot bekommen haben.«
»Wollte diese Frau denn mitfahren?«
»Brigid hat ihr wohl gesagt, daß das nicht möglich ist, daß wir schon vor einer Ewigkeit gebucht haben. Trotzdem wollte sie unbedingt den Namen des Hotels erfahren.«
»Na denn.« Hochzufrieden trat Barry hinaus in den Sonnenschein, und die Zählerei begann.
Uno, due, tre
. Die Gruppenleiter nahmen ihre Aufgabe sehr ernst.
»Hast du schon einmal in einem Hotel gewohnt, Fran?« erkundigte sich Kathy, während der Bus ins Verkehrsgewühl eintauchte. Anscheinend gab es hier nur ausgesprochen ungeduldige Autofahrer.
»Zweimal, aber das ist schon lange her«, antwortete Fran ausweichend.
Doch Kathy hakte nach. »Davon hast du mir nie erzählt.«
»Es war in Cork. Mit Ken, wenn du es unbedingt wissen willst.«
»Oha, als du behauptet hast, du würdest bei einer Schulfreundin übernachten?«
»Ja. Ich wollte nicht, daß die Eltern Angst haben, ich würde noch ein Kind in die Welt setzen, um das sie sich dann kümmern müssen.« Fran stupste sie neckisch in die Seite.
»Dafür bist du doch bestimmt schon zu alt, oder?«
»Hör mal, wenn ich in Amerika wieder mit Ken zusammenkommen sollte, jetzt, nachdem du die Tickets gewonnen hast … da kann es sehr wohl sein, daß wir ein Brüderchen oder ein Schwesterchen für dich mit nach Hause bringen.«
»Oder du bleibst mit dem Baby dort«, überlegte Kathy.
»Es ist ein Hin- und Rückflug.«
»Sie kommen ja nicht über Nacht auf die Welt.«
Die beiden lachten und wiesen sich gegenseitig auf Sehenswürdigkeiten hin, bis der Bus in der Via Giolitti vor einem Gebäude hielt.
Die Signora war sofort auf den Beinen, und eine hitzige Debatte entbrannte.
»Sie sagt ihm, daß er bis vors Hotel fahren muß und uns nicht einfach hier an der Haltestelle raussetzen kann«, erklärte Suzi.
»Woher willst du das denn wissen, du bist doch nicht mal im Italienischkurs?« empörte sich Lou.
»Ach, wenn man als Serviererin arbeitet, versteht man früher oder später alles«, erklärte Suzi leichthin. Doch als sie Lous Gesicht sah, ergänzte sie: »Außerdem sprichst du zu Hause doch oft italienisch, da schnappe ich immer mal wieder ein Wort auf.« Diese Erklärung schien ihm besser zu gefallen.
Suzi hatte recht. Der Bus scherte wieder auf die Fahrbahn ein und ließ sie dann vor der
Albergo Francobollo
aussteigen.
»Das Briefmarken-Hotel«, übersetzte Bill. »Leicht zu merken.« »
Vorrei un francobollo per l’Irlanda«,
sagten alle im Chor, und die Signora lächelte strahlend.
Sie hatte sie ohne eine Katastrophe nach Rom gebracht, dem Hotel lag ihre Reservierung vor, und die Kursteilnehmer waren bester Laune. Sie hatte sich unnötig Sorgen gemacht. Nun konnte sie sich entspannen und es genießen, wieder in Italien zu sein, inmitten der Farben und Klänge dieses Landes und seiner lebhaften Bewohner. Ihr fiel ein Stein vom Herzen.
Die
Albergo Francobollo
zählte nicht zu den eleganteren Häusern Roms, aber sie wurden mit überwältigender Herzlichkeit willkommen geheißen. Signor und Signora Buona Sera zeigten sich außerordentlich beeindruckt von den Italienischkenntnissen der Gruppe und lobten sie in den höchsten Tönen.
»
Bene, bene benissimo«,
riefen sie, während sie die Treppen zu den Zimmern hinaufeilten.
»Sagen wir dann wirklich ›Guten Abend, Herr Guten Abend‹?« fragte Fiona Barry.
»Ja, aber was ist das gegen Namen wie Ramsbottom – Schafbockhintern! Und im Supermarkt haben wir tatsächlich einen Kunden, der O’Looney, Verrückter, heißt.«
»Ich liebe dich, Barry«, sagte Fiona plötzlich. Sie waren gerade an ihrer Zimmertür angekommen, und Frau Guten Abend hörte es.
»Liebe«, sagte sie. »Sehr gut, sehr, sehr gut.« Und sie rannte wie- der hinunter, um die nächsten Gäste auf ihre Zimmer zu bringen.
Connie hängte ihre Kleider sorgfältig in ihre Hälfte des kleinen Schranks. Wenn sie aus dem Fenster schaute, blickte sie über die Dächer der hohen Häuser an der Piazza Quintacenta. Sie wusch sich in dem kleinen Handwaschbecken. Es war schon Jahre her, daß sie das letzte Mal in einem Hotelzimmer ohne Bad übernachtet hatte. Aber ebensolange war es her, daß sie so frohen Herzens
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