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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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Ernsthaftigkeit betrieb, wie sie es mit allem anderen ja auch immer tat? Dann kam sie vom Regen in die Traufe. Nein, entschied Fran, sie mußte sich etwas anderes einfallen lassen. Seufzend ging sie weiter.
    An der Bushaltestelle traf sie Peggy Sullivan, eine der Kassiererinnen vom Supermarkt. »Nach diesen Gesprächen fühlt man sich immer um Jahre gealtert, finden Sie nicht?« meinte Mrs. Sullivan.
    »Na ja, man wartet jedesmal eine Ewigkeit. Aber es ist immer noch besser als in unserer Jugend, wo keiner eine Ahnung hatte, was wir in der Schule machten. Wie kommt Ihr Junge denn so zurecht?« Als Filialleiterin hatte Fran es sich zur Gewohnheit gemacht, möglichst viel über ihre Angestellten zu erfahren. So wußte sie, daß Peggy zwei Kinder hatte, die ihr ziemlichen Kummer bereiteten – eine erwachsene Tochter, die sich mit dem Vater nicht vertrug, und einen Jungen, der sich nicht mit seinen Büchern beschäftigen wollte.
    »Nun, Jerry wird es nicht glauben, aber anscheinend macht er echte Fortschritte. Das haben alle gesagt. Allmählich wird wieder ein Mensch aus ihm, wie einer seiner Lehrer es ausgedrückt hat.«
    »Das ist ja erfreulich.«
    »Ja, und das haben wir alles dieser Verrückten zu verdanken, die bei uns wohnt. Das muß unter uns bleiben, Miss Clarke, aber wir haben eine Untermieterin, halb Irin und halb Italienerin. Sie sagt, sie ist mit einem Italiener verheiratet gewesen, der gestorben ist, dabei stimmt das überhaupt nicht. Ich glaube ja, daß sie eine verkappte Nonne ist. Aber wie auch immer, sie hat sich jedenfalls sehr um Jerry gekümmert und ihn, wie’s aussieht, völlig umgekrempelt.« Peggy Sullivan erklärte, Jerry habe nie begriffen, daß Gedichte eine Aussage hatten, aber als die Signora bei ihnen eingezogen sei, habe sich alles geändert. Sein Englischlehrer sei von ihm hellauf begeistert. Und daß Geschichte von Dingen handelte, die sich tatsächlich zugetragen hätten, sei ihm auch erst jetzt klargeworden. Seitdem sei er wie verwandelt.
    Bekümmert dachte Fran an ihre Schwester, der sie soviel Zeit widmete und die dennoch nicht recht begreifen wollte, daß Latein einstmals eine lebendige Sprache gewesen war. Vielleicht konnte diese Signora auch ihr das Tor zu einer neuen Welt aufstoßen. »Wovon lebt sie denn, Ihre Untermieterin?« fragte Fran.
    »Ach, um das herauszufinden, bräuchte man ein ganzes Heer von Detektiven. Sie macht gelegentlich Näharbeiten und arbeitet ab und zu im Krankenhaus, soviel ich weiß. Aber im nächsten Schuljahr wird sie hier an der Schule einen Italienischkurs leiten, und darauf freut sie sich jetzt schon wie ein Schneekönig. Man könnte meinen, sie hätte höchstpersönlich die Weltmeisterschaft gewonnen, wenn man sie ihre italienischen Lieder trällern hört. Den ganzen Sommer tut sie nichts anderes, als sich auf diesen Kurs vorzubereiten. Eine ausgesprochen liebenswürdige Frau, wirklich, aber ziemlich seltsam, ein bißchen verschroben, wissen Sie.«
    Da war Frans Entscheidung gefallen. Ja, sie würde sich und Kathy für diesen Kurs anmelden. Dann würden sie jeden Dienstag und Donnerstag zusammen hingehen und Italienisch lernen, jawohl, und es würde bestimmt Spaß machen mit dieser verrückten Frau, die Lieder sang und jetzt schon mit Feuereifer den Kurs vorbereitete. Vielleicht wurde die arme Kathy, das nervöse, verkrampfte Kind, dann ein wenig gelöster. Und vielleicht tröstete es Fran darüber hinweg, daß Ken ohne sie nach Amerika ausgewandert war.
    »Sie haben gesagt, daß Kathy eine großartige Schülerin ist«, verkündete Fran stolz am Küchentisch.
    Ihre Mutter, die einige beträchtliche Verluste an den Einarmigen Banditen verschmerzen mußte, versuchte Begeisterung zu heucheln. »Na, warum auch nicht? Schließlich ist sie ja ein großartiges Mädchen.«
    »Haben sie gar nichts Schlechtes über mich gesagt?« wollte Kathy wissen.
    »Nein, sie meinten, du machst deine Hausaufgaben immer sehr gewissenhaft, und es sei eine wahre Freude, jemanden wie dich zu unterrichten. Jawohl!«
    »Ich wäre schon gerne hingegangen, mein Kind, aber ich hatte Angst, daß ich nicht rechtzeitig von der Arbeit wegkomme.« Kathy und Fran verziehen ihrem Dad. Jetzt machte es nichts mehr aus.
    »Ich habe eine große Belohnung für dich, Kathy. Wir werden Italienisch lernen, du und ich.«
    Die Überraschung der Familie Clarke hätte nicht größer sein können, wenn Fran einen Flug zum Mond vorgeschlagen hätte.
    Kathy wurde vor Freude ganz rot. »Wir

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