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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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Kathy Clarke im Unterricht dreimal wegen Unaufmerksamkeit ermahnt. Aber ihr stand nicht der Sinn nach Lernen. Sie überlegte, wie sie am besten mit Paul Malone Kontakt aufnehmen sollte.
     
    »Rede doch mit mir«, meinte Fran an diesem Abend.
    »Worüber? Du hast doch gesagt, es gibt nichts mehr zu bereden.«
    »Dann hat sich also nichts geändert?« fragte Fran mit besorgter Miene. Sie besaß keine teuren Anti-Faltencremes. Sie hatte auch nie jemanden gehabt, der ihr half, ihr Kind aufzuziehen. Dagegen hatte Marianne Hayes, jetzt Marianne Malone, bestimmt von allen Seiten Unterstützung bekommen. Kindermädchen, Ammen, Au-pair-Mädchen, Chauffeure, Tennislehrer. Kathy schaute ihrer Mutter ruhig und fest ins Gesicht. Auch wenn ihre Welt aus den Fugen geraten war, wollte sie Fran nicht mit noch mehr Sorgen belasten.
    »Nein, Fran«, log sie. »Es hat sich nichts geändert.«
     
    Es war nicht schwer, die Adresse von Paul und Marianne herauszufinden.
    Über die beiden stand fast jede Woche etwas in der Zeitung, und jeder kannte ihr Haus. Aber Kathy wollte ihn nicht zu Hause aufsuchen. Sie mußte mit ihm in seinem Büro sprechen. Es ging um eine geschäftliche Unterredung. Bei dem, was sie ihm zu sagen hatte, brauchte seine Frau nicht dabeizusein.
    Mit einer Telefonkarte ausgerüstet fing sie an, die großen Steuerberatungskanzleien anzurufen. Bereits beim zweiten Gespräch erfuhr sie, wo er arbeitete. Sie hatte schon von dieser Sozietät gehört, sie beriet all die Filmstars und Theaterleute, arbeitete für das Showbusineß. Also hatte er nicht nur eine Menge Geld, sondern auch noch seinen Spaß.
    Zweimal ging sie zu dem Bürohaus, und zweimal verließ sie der Mut. Das Gebäude war riesig. Zwar wußte sie, daß die Firma nur die fünfte und sechste Etage gemietet hatte, aber irgendwie traute sie sich trotzdem nicht hinein. Wenn sie erst einmal drinnen war, würde sie mit ihm reden, ihm sagen, wer sie war und wie hart ihre Mutter arbeitete, um etwas für sie beiseite legen zu können. Sie würde um nichts betteln, ihn nur auf die Ungerechtigkeit hinweisen. Aber das Haus war zu beeindruckend, zu einschüchternd. Der Portier im Foyer, die Mädchen am Empfang, die jeden Besucher telefonisch ankündigten, damit kein Unbefugter in die noblen Büros der oberen Etagen gelangte.
    Wenn sie an diesen geschniegelten Empfangsdrachen vorbeikommen und mit Paul Malone sprechen wollte, brauchte sie ein anderes Erscheinungsbild. Sie würden kein Schulmädchen in einem marineblauen Rock zu einem renommierten Steuerberater vorlassen, der außerdem mit einer Millionärin verheiratet war.
    Also telefonierte Kathy mit Harriet.
    »Kannst du mir morgen ein paar schicke Klamotten von deiner Mutter in die Schule mitbringen?«
    »Nur wenn du mir sagst, warum.«
    »Ich brauche sie für ein Abenteuer.«
    »Ein Abenteuer mit einem Mann?«
    »Ja.«
    »Dann brauchst du also ein Nachthemd und Unterwäsche?« Harriet dachte praktisch.
    »Nein, einen Blazer. Und Handschuhe dazu.«
    »Donnerwetter«, staunte Harriet. »Das muß ja was richtig Perverses sein.«
    Am nächsten Tag brachte sie die Kleider leicht verknittert in einer Sporttasche mit. Kathy probierte sie in der Mädchentoilette an. Der Blazer war in Ordnung, doch der Rock erschien ihr unpassend.
    »Wo findet denn dein Abenteuer statt?« Harriet keuchte vor Aufregung.
    »In einem Büro, so einem richtig piekfeinen.«
    »Du könntest den Rock ein bißchen hochziehen, du weißt schon, deinen Schulrock. Der könnte ganz passabel sein, wenn er kürzer wäre. Wird er dich ausziehen, oder machst du das selbst?«
    »Was? Ach so, ja, das mache ich selbst.«
    »Dann ist es ja kein Problem.« Gemeinsam verwandelten sie Kathy in ein Mädchen, dem wohl niemand den Zutritt verwehrt hätte. Frans Lippenstift und Lidschatten hatte sie bereits aufgetragen.
    »Schmink dich noch mal ab«, flüsterte Harriet.
    »Warum?«
    »Na, du mußt ja noch in den Unterricht, und wenn du so reingehst, merken sie doch, daß was im Busch ist.«
    »Ich schwänze heute. Du mußt sagen, ich hätte dich angerufen, daß ich eine Grippe habe.«
    »Nein. Das glaube ich einfach nicht.«
    »Komm schon, Harriet. Ich habe das doch auch für dich gemacht, als du zu diesen Popstars gehen wolltest.«
    »Aber wohin willst du denn um neun Uhr morgens?«
    »Ins Büro, zu meinem Abenteuer«, antwortete Kathy.
    »Du bist mir vielleicht eine«, staunte Harriet mit offenem Mund.
     
    Diesmal zauderte Kathy nicht.
    »Guten Morgen. Zu Mr. Paul

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