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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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das, was hier jetzt gerade passiert? Für total platte Gottesbilder ist Billy zu selbstbewusst und zu kirchenfeindlich, aber zum Beispiel so was hier – Chemie, Hormone, Bedürfnisse und Triebe, was immer in uns drin so allmächtig und schreckeinflößend ist, dass wir es göttlich nennen müssen.
    Lemme break it down for you again,
    Stop actin’ like a boy, stand up and be a man,
    What’s sad is all your talkin’’bout love and affection,
    You get yours and leave me hangin’ like a prepubescent
    Just da, wo Billys wärmste Zone sein müsste, ist ihm kalt, anscheinend schlägt sich die Sinnfrage von Natur aus zuerst in seinem delikatesten Instrument nieder, in seinen Eiern. Er hat Schiss. Und er weiß, das ist hier der falsche Ort dafür. Die Leute hier schwärmen liebend gern von Gott und Vaterland, locken aber bloß den Teufel damit hervor, lauter an der Schädelbasis simmernde emsige biochemische Sex- und Todes- und Kriegsteufelchen, ein paar Grad Wärme mehr, und sie kochen über und pladdern über den Rand. Wissen die das überhaupt?, überlegt er. Vielleicht wissen die nicht mal, was sie eigentlich wissen, denn das, was er hier vor Augen hat, ist so zufällig, so perfekt, das ist bis zur Besinnungslosigkeit martialisch aufgeputschter Porno light . Blutopfer oder echten Sex im Feld mal ausgenommen, man könnte kein besseres Spektakel austüfteln, um die Temperatur hochzufahren.
    Die Augen links , blafft Day sanft, und sie treten ab, Augen rechts , und sie marschieren quer übers Feld in Richtung Höhle des Löwen, Lodis hinter Billy, Billy hinter Crack, Crack hinter Day, der selbst dicht hinter dem Prairie-View-Trommlerkorps durch einen Nebel aus überkandidelten Uniformen und entblößtem Fleisch geht. Einzelne Geräusche ragen aus dem Krach, hochfrequent wie Gitarrendrohnen oder Walgesänge. Dann schaltet der Takt ein paar Gänge runter. Die Strobolichter pulsieren elastisch wie verschmiertes Neon-Make-up. Billy weiß zwar, wo sie hinsollen, hat aber nur eine vage Ahnung, wie sie da hingelangen. Sie treten nacheinander über die Seitenlinie und richten die Augen nach links, dann werden sie zum Spießrutenlaufen gescheucht, vorbei an total gestressten Betreuern bis hinter die Bühne zu einem verlotterten Pferch. Hier nimmt sich eine große schlanke Frau im knielangen Parka ihrer an. Sie ist hübsch, zumindest das, was zwischen den Ohrklappen der russischen Offiziersmütze von ihr zu sehen ist. »Okay«, kommandiert sie, gellend wie ein Matrose gegen die steife Brise, und trommelt die Bravos zusammen, »wirpostieren euch jetzt backstage, und wenn wir euch grünes Licht geben, kommt ihr raus und geht die Treppe runter bis zur mittleren Ebene. Im Marschtritt, richtig? So?« Sie mimt ein paar Militärschritte. »Auf der mittleren Ebene geht ihr nach links und marschiert da lang raus. Achtet auf das rote X, da ist eins für jeden, eure Markierung. Dann dreht ihr euch um, Gesicht zum Feld, und steht stramm.«
    Die Bravos nicken. Niemand sagt etwas. Jeder rastet still für sich aus.
    »Da draußen wird’ne Menge abgehen, aber ihr Jungs rührt euch nicht. Euer Job ist einfach da stehen. Ist doch’n Kinderspiel, was?« Sie lächelt und gibt Day einen leichten Klaps auf die Schulter. »Alles okay mit euch?«
    Die Bravos nicken. Selbst Day ringt um Fassung, sein Nacken ist dermaßen gewölbt, als hätte er zu viel Luft verschluckt. Crack starrt auf den Boden und brummelt vor sich hin.
    »Na kommt, Jungs, ganz cool, ihr habt den leichten Part.« Die Frau lacht genervt, weil sie so verspannt sind. »Wenn ihr bei euerm X seid, bleibt ihr einfach da stehen, bis die Show vorbei ist, dann komm ich rauf und geb euch Entwarnung.«
    »Das’ ja voll deeemlich «, grummelt Lodis, aber die Betreuungsdame tut, als ob sie es nicht gehört hätte. Team Bravo steckt so was weg, na klar, auch wenn jetzt gerade keiner besonders gut aussieht. Hier gibt es einfach zu viele in der Gegend rumrennende Leute und zu viele panisch aufgerissene Augen, alles Ingredienzien eines Hinterhalts, die einen Frontsoldaten kirre machen, und nicht die geringste Chance auf einen mörderischen Befreiungsschlag. Rechts und links zünden Feuerwerkerteams andauernd fiese kleine Raketen, die zischen und sirren wie Panzerfäuste. Mobile Metallleitern führen hinauf zur höchsten Bühnenebene, auf denen sollen die Bravos stehen, jeder auf einer, oberste Stufe. Nur ein schmaler Laufsteg trennt sie vom Bühnenhintergrund,und Billy steht nur einen Schritt

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