Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
Vom Netzwerk:
davonstapfen, ohne dass die Bravos sich rühren. Day und A-bort setzensich rechts und links neben Sykes, die anderen latschen herum, alle fühlen sich zerrissen und zerfasert und vergraben ihre flatternden Hände tief in den Taschen.
    »Jungs, immerhin haben wir Beyoncé gesehen«, bemerkt Crack.
    »Boah, sind wir nicht toll.«
    »Klar, aber wir hatten sie genau vor der Nase.«
    »Jaja, die is geil und sonst was. Hab aber schon Besseres gesehen.«
    Sie schaffen es, kurz zu kichern. Billy steht neben Dime und gesteht:
    »Sergeant, mir ist übel.«
    Dime sieht ihn prüfend an. »Kann ich nicht erkennen.«
    »Ich mein auch nicht kotzübel. Mehr so verbogen. Verstrahlt.« Er tippt sich an den Kopf. »Die Halbzeit hat mich irgendwie total zugedröhnt.«
    Dime lacht, ät-ät-ät , ein ratterndes Maschinengewehr ganz oben im Kehlkopf. »Sieh’s mal so rum, mein Sohn: Dies ist einfach ein ganz normaler Tag in Amerika.«
    Beim Wort Sohn schmilzt Billys Herz fast dahin. Um sie herum verschwindet nach und nach die Bühne wie ein tödlich verwundetes Schiff in den Wellen.
    »Ich weiß glaub ich gar nicht mehr, was normal ist.«
    »Dir geht’s prima, Billy, dir geht’s prima. Mir geht’s prima, dir geht’s prima, allen geht’s prima. Ihm geht’s auch prima.« Er nickt in Richtung Sykes. »Ist alles prima.«
    Billy sieht Sykes an und will gerade fragen: Ja, genau, was machen wir mit ihm? Als der Oberroadie wieder aufkreuzt und die Bravos anknurrt, verdammt noch mal die Bühne zu räumen.
    »Und wo sollen wir hin?«, knurrt Crack zurück. »Hat uns nämlich kein Mensch erzählt.«
    Der Oberroadie bleibt stehen und wirft ihnen einen kurzen gestresstenBlick zu. Er ist weit über einen Meter achtzig groß und breitschultrig, sein Gesicht ist labberig-schlapp wie ein Airbag nach Benutzung, aber sein Blick hat einen Schuss Hochspannung auf chemischer Basis, die durchgeknallte Rauflust der Roadie-Veteranen. Eine Sekunde lang ruht dieser Blick auf dem Häufchen Elend, das Sykes gerade ist.
    »Eh, ich hab keine Scheißahnung, wo ihr hinsollt, hier bleibt ihr jedenfalls nicht.«
    »Okay, Rufus, hier’s meine Ansage«, antwortet Crack. »Wir gehen sofort, wenn du mir’n Schwanz gelutscht hast, hältst’n davon?«
    Als er später darüber nachdenkt, stellt Billy verblüfft fest, dass es keinen einzigen richtigen Boxhieb gegeben hatte. Alles geht ziemlich schnell – zehn, höchstens fünfzehn Sekunden vielleicht. Obwohl sich so was immer stundenlang hinzuziehen scheint. Zuerst versucht es der Oberroadie mit einem Heber , der glaubt wohl, er kann Crack einfach per Körperkraft von der Bühne fegen, ist ja der größere von beiden, aber so viel größer eben doch nicht, das muss ein echter Hammer für den Typen sein, dass er plötzlich in einem Young-Buck-mäßigen Clinch feststeckt. Einen Augenblick bewegt sich keiner der beiden. Nur die vorquellenden Augen und Nacken verraten den tonnenschweren Schub dahinter, und dann fahren sie beide herum, drehen sich, werden zum Wirbelknoten aus freien Radikalen und schliddern von der Bühne runter aufs Spielfeld. Andere Leute schubsen mit, manteln sich auf, es wird heftig rumgerempelt und wirr rumgepöbelt, wer wen gedisst und wer wessen Linie überschritten hat, und natürlich muss jede Seite ihren Mann unterstützen. So was nennt man wohl Nahkampf. Tumult. Knapp vor einer wüsten Keilerei hier auf dem heiligen Texas-Stadium-Boden. Billy rauscht in einen vollen Adrenalinstoß, um ihn herum krachen Arme, Hände und Gesichter aufeinander, und da ist auch Dime und wühlt und drängt sichzwischen Leibern durch voran, als ob er gegen Stromschnellen anschwimmt, um Crack freizukämpfen. Ein Roadie haut Dime auf den Rücken, Billy packt ihn von hinten am Kragen, und der Typ fährt mit einem derart wilden Blick herum, dass Billy denkt: Oaah, Scheiße, jetzt nicht loslassen. Der Roadie taumelt, als Billy ihm auf den Rücken springt, ihn reitet, reitet, wenn es bloß nicht so nach Ficken aussehen würde, aber er bleibt auf ihm hocken, bis die Cops anrücken, und dann reicht ein einziges Wort von Dime, und Team Bravo lässt locker, »wie ein Rudel erstklassiger Jagdhunde«, wie er sein Team gern nennt.
    Verluste ja, aber gering. Crack hat einen Ellbogen ins Auge gekriegt, Lodis eine aufgeplatzte blutige Lippe, Mango ein weichgeklopftes Ohr vom Schwitzkasten eines Roadies. Die Cops treiben die Bravos die Seitenlinie hinunter, lassen sich kurz ihre Version erzählen und schicken sie zur Cowboys-Seitenlinie

Weitere Kostenlose Bücher