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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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nicht albern gemeint haben, was natürlich nicht heißt, dass teure Riesenunternehmen nicht bescheuert sein können. Die Titanic war bescheuert. Enron war bescheuert. Hitlers Invasion in Russland war bescheuert. Boom-diddy boom-diddy boom-buddah-dit- BOOM , also halt dich an die Prairie-View-Trommeln, das Windspiel des Donners. Lodis rumst gegen Billy, richtet sich wieder auf. »’tschulljung, Biii-jie.« An der Markierung auf der Nordseite sollen alle Soldaten kehrtmachen und zurück nach Süden marschieren, während Destiny’s Child der Bühne entgegenschreiten. Billy sucht nach seiner Markierung und versucht, nicht zu hyperventilieren. Boom-diddy boom-diddy diddy-diddy BOOM . Disco-Strobo, getanzte Ficks, Leuchtkugeln und -geschosse, Marschkapellen im Regal-High-Schritt, auf der Stelle treten und Knie hochreißen, und mittendrin Billy, der sich tapfer durch den ganzen uferlosen Aberwitz dient, in sich verkrochen und entschlossen, alles wegzustecken.
    »Leeedies UND Dschännelmennn«, dröhnt der Stadionansager im trällernd ranwanzenden Basso Profondo von Marktschreiern, die nicht mal ahnen, wie albern sie sind,

    Jetzt geht ein derart unheilig lärmendes Sperrfeuer los, dass Billy glaubt, es haut ihn aus den Schuhen. Das ist ein Dammbruch, eine zur Hauptverkehrszeit einstürzende Brücke, ein Tsunami aus Mörderschaum und felsbrockengroßen Trümmern, der die Konturen der bekannten Welt revidiert. Geht einfach davon aus, dass ihr sterben werdet , hatte man ihnen in der Woche vor ihrem Irak-Einsatz beigebracht. Bestätigt! Hab’s mit! Jawoll, Sir! Auf uns wartet ein Blutbad, wir sind diejenigen, die nicht gerettet werden, die arme traurige in allen Ehren verarschte vorderste Front, die die da drüben bekämpft, damit die nicht hier bekämpft werden müssen! Eine derbe Ansage für jeden jungen Mann, aber sie gehört zur Bildung aller Jugendlichen auf der Welt, man muss lernen, dass einem die ganze Gefahr erst klar wird, wenn man sich ihr aussetzt. Destiny’s Child haben sich ganz auf Hurengestöckel verlegt, sieht aus, als ob sie bis zur Taille im Wasser stehen und durch eine Sturmflut waten, verdammt noch mal , denkt Billy, wie die da rumwackeln, verdammt noch mal , wie soll er denn mit solchen Bildern im Kopf in irgendeinen Einsatz gehen? In ein paar Tagen, nein, Stunden , sind die Bravos zurück in der Scheiße, und er rechnet damit, dass sie das gleich noch mal sagen, ihm graut davor, aber die derbe Ansage muss gemacht werden, ihr werdet sterben , bringt den Teil bitte hinter euch, nein, doch nicht, keinMensch sagt das, sie kriegen vielmehr Beyoncé und ihren Arsch, der ihnen den Mund wässrig macht!
    Vielleicht soll das alles überhaupt keinen Sinn haben. Oder vielleicht nur nicht für dich, grübelt Billy, weil du bloß ein Dumpfbeutel bist. Jetzt kommt die Kehrtwende, Billy hat seine Markierung um einen halben Takt verpasst, die Drillspieße stehen rasierklingenscharf auf ihrer Stelle, nur die Bravos flattern wie lose Schnürsenkel durch die Gegend. »Wechselschritt marsch «, blafft Day sotto voce; er ist der Teamleader und dafür verantwortlich, dass sie mit dem Anschein halbwegs intakter Würde durch die Halbzeit kommen, also zählt er jetzt den Takt mit den Drillspießen mit und versucht schuhlöffelsanft, die Bravos in Gleichschritt zu bugsieren. »Links, links«, das Mantra bringt Ruhe in Billys Kopf, bald gehorchen seine Füße, wäre aber noch besser, wenn er eine Waffe in der Hand hätte. Direkt vor ihnen marschieren die Reserveoffiziere, eine Horde watschelnder Fettärsche, viele entschieden älter als Billy, aber von hinten sehen sie blutjung aus mit diesen weichen fleischigen Babyspecknacken, die schreien doch praktisch nach einer niedersausenden Opferaxt.
    »Die Augen links«, blafft Day sanft. Sie sind an der Seitenlinie angekommen. Die Bravos treten sieben Schritte vor, noch mal die Augen links, halt. Hier brauchen sie erst mal nur neben den Drillspießen stehen zu bleiben und nett auszusehen. Highschoolmädchen in fransenbesetzten Ganzkörpertrikots tänzeln vorbei und schwenken zwei Meter lange Stäbe mit Flatterbändern. Die Prairie-View-Trommelabteilung ist wieder im Mittelfeld zugange, im Gleitschritt zum Takt knackiger Snare-Drum-Wirbel, offenbar dürfen sich jetzt bis auf die Bravos alle rühren, auf dem Spielfeld herrscht Tohuwabohu aus choreografiertem Hiphop und streng blockweise synchronisierten Marschkapellen. Die Bühnentechnik rülpst ein Meer aus Flammen und Feuerwerk aus,

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