Die irre Heldentour des Billy Lynn
la Platoon «, erzählt Albert beim nächsten Anruf. »Ensemblefilm plus Stars, ja und wie das geht. Hilary findet’s extrem interessant.«
Die Bravos hören eine Minute lang zu. Hollywoodesisch. Ein eigener Stammesdialekt, reich an ständig changierenden Klangfarben, von Runtermachen über Anwichsen und Anstacheln bis Klatsch & Tratsch.
»Auf keinen Fall. Eher mach ich Sex mit Mutter Teresa als mit dem’n Film.«
Kollektives Bravo-Feixen.
»Aber klar. Wie’n Einlauf, bei dem sie dir’n Katheter in den Schwanz rammen.«
Den Bravos fallen fast die Augen aus dem Kopf, sie ziehen hörbar Rotz hoch.
»Wie, bloß eine Schlacht? Also komm, Larry, Black Hawk Down war auch bloß eine Schlacht. Ja, ich weiß auch, dass es ein Kriegsfilm ist, ich brauche aber einen Regisseur, der so was wie menschliches Mitgefühl in die Story bringt.«
Pause.
»Einläufe steck ich weg, was ich nicht brauchen kann, ist der Katheter.«
Wieder heftiges nasales Röhren. Wäre Lodis nicht angeschnallt, es würde ihn vom Sitz reißen.
»Hör zu, Larry, wir haben noch zwei Tage. In zwei Tagen sindmeine Jungs hier weg, und danach an sie ranzukommen ist extrem schwierig. Es sei denn, deine Anwälte springen gern mal mit Fallschirmen über Kriegsgebiet ab.«
»Ooh-keeh«, fängt Crack wieder an und raschelt mit der Zeitung. »Wird Drew Hensons Wurf abgefangen? Ja: hundertzwanzig minus gegen nein: hundertfünf plus.«
»Ja«, sagt Holliday.
»Nein«, sagt A-bort.
»Zeigt Beyoncé mir ihre Titten, wenn sie bei mir auf’m Gesicht sitzt?«, bietet Sykes dagegen und kreischt im Schwarze-Frauen-Falsett hinterher: »I need a soldjah, soldjah, need me a soldjah boy ...«
»Ruhe«, blafft Dime, »Albert telefoniert.« Das ist das Stichwort für die übrigen Bravos, auf Sykes einzuteufeln. Klappe, du Wichskopf, Albert telefoniert! Ruhe, du Arschkeks, Albert muss’n Gespräch machen! Mittlerweile hat auf der Spur nebenan ein SUV aufgeschlossen, Frauen beziehungsweise Puppen hängen aus den Fenstern und schreien den Hummer an, alle im Collegealter, vielleicht auch ein paar Jahre älter, lauter leckere Musterexemplare aus dem Pool der all-amerikanischen Busenwunder-Ausbeute, die allabendlich im Reality-TV Amok läuft.
»Heh«, gellt es quer durch den kriechenden Verkehr, »macht doch mal die Fenster runter! Heh ihr, wer immer ihr seid, habt ihr zufällig Grey Poupon dabei? Huuuhuuu, na los, Cowboys! Macht mal die Fenster auf!«
Herr im Himmel, lauter Schönheiten und total scheißgeil drauf, wie die jaulen und ihre Mähnen schwenken, wie stolze Kriegsbanner, genau die wildgewordenen Weiber aus den sehnlichsten Träumen der Bravos. Sykes und A-bort nesteln an den Fenstern herum und werden kollektiv wegen Inkompetenz beschimpft, schließlich fällt ihnen ein, dass die verdammten Dinger eine Kindersicherung haben, daraufhin wird kollektiv der Fahrerangezetert, der legt einen Schalter um, endlich gleiten die Fenster abwärts, und aus den Mädchen geht unübersehbar die Luft raus.
Oarch, Soldaten. Jarheads , denken sie vermutlich, für sie ist jeder Soldat ein doofer Infanterist. Kein Rockstar, kein hochdotierter Profisportler, kein Typ aus dem Kino oder der boulevardwürdigen Welt, bloß einer aus dem Fußvolk, das irgend so’n Millionär aus der Portokasse rumkutschieren lässt, irgend so’n öder Truppenunterstützungsbenefizkram. Die Bravos geben ihr Bestes, aber die jungen Frauen haben auf schlichte Höflichkeit geschaltet. Wir sind berühmt!, brüllt A-bort. Gibt bald’n Film über uns! Sie lächeln anerkennend zurück und checken gleichzeitig die Stadtautobahn vorwärts und rückwärts, als hielten sie Ausschau nach einem lohnenderen Fang. Sykes schwingt sich mit dem ganzen Rumpf aus dem Fenster und brüllt: »Ja, verdammt, ich bin besoffen, Baby, und verheiratet bin ich auch! Aber dich lieb ich sogar als hässliche Morgenkrähe!« Die Frauen müssen lachen, und einen Augenblick lang keimt Hoffnung auf, aber Billy sieht ihre Augen, in denen langsam das Licht verglimmt.
Er lehnt sich zurück und holt sein Handy heraus; wahrscheinlich hatten die es sowieso nicht ernst gemeint. Ach-tung!, hat seine Schwester Kathryn gesimst:
schön stecken lassen, kleiner
Dann eine SMS von Pete, dem Haudegen, mit dem seine andere Schwester verheiratet ist:
knall 1 cheerldr
Und eine von Pastor Rick, der ihn partout nicht in Ruhe lässt:
Wer Mich ehrt, den will Ich auch ehren
Mehr nicht, keine SMS sonst, kein Anruf, nichts. Scheiße, kennt ihn
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