Die irre Heldentour des Billy Lynn
das mit meiner Kanzlei in Fort Worth arrangieren.«
»Das wär prima. Weiß ich wirklich sehr zu schätzen, Sir.«
»Ist ja wohl das Mindeste, mein Sohn. Sie haben uns alle stolz gemacht, nicht nur Ihre Familie und Freunde, uns alle hier, die ganze Gemeinde. Sie haben der ganzen Stadt einen kolossalen Schub verpasst.«
Billy versuchte sein bescheidenstes Kichern. »Das ist mir neu, Sir.«
»Hören Sie mal, jeder ist stolz auf Sie, verdammt noch mal, entschuldigen Sie den Ausdruck, aber wenn sich rumsprechen würde, dass Sie heute hier sind, die Autos ständen Schlange von hier bis zum Flugplatz. Oh ja!«, rief er, gespielt knurrig. »Diesmal haben wir’s ja zu spät erfahren, aber wenn Sie nächstes Mal nach Hause kommen, dann stellen wir hier eine Ehrenparade für Sie auf die Beine. Bürgermeister Bond habe ich schon angesprochen, der ist mit im Boot, er hat mit dem Stadtrat gesprochen, die sind auch mit im Boot. Wir wollen, dass Stovall Sie so ehrt, wie Sie’s verdient haben.«
»Danke, Sir. Das freut mich wirklich.«
»Nein, mein Sohn, ich danke Ihnen . Was Sie getan haben, das sagt so viel darüber, wer wir sind – «.
»Er muss wieder zurück«, platzte Kathryn dazwischen.
Alle drehten sich zu ihr.
»In den Irak«, fuhr sie fort, als wäre das nicht völlig klar.
»Ja«, sagte Mr Whaley mit Leichenbitterstimme, »hat Ihre Mutter schon erzählt.«
»Das heißt, die kriegen ihn wieder vor die Flinte.«
»Kathryn!«, schimpfte Denise.
»Na, ist doch wahr! Wenn das hier die große Siegestour sein soll, wieso darf er nicht einfach zu Hause bleiben?«
Mr Whaleys Stimme wurde sanft. »Es sind famose junge Männer wie Ihr Bruder, die uns den Sieg bescheren werden.«
»Aber nicht, wenn die tot sind.«
»Kathryn!«, schrie Denise noch einmal auf. Billy fühlte sich wie ein Zuschauer, der für die ganze Szene nichts kann. Es war nicht an ihm, irgendeine Stellung zu beziehen.
»Wir werden jeden Tag dafür beten, dass Billy heil nach Hause kommt«, sagte Mr Whaley beschwichtigend wie der Krankenhausdoktor mit dem besten Patientenumgang. »So wie wir für alle unsere Soldaten beten, denn wir wollen sie alle wieder heil zu Hause haben.«
»Oh Gott, der betet wirklich gleich«, knurrte Kathryn leise, dann stieß sie einen Schrei aus, ein gurgelndes Uuuuaaaarrrrggg wie von einem verstopften Waschbeckenabfluss. »Ich werd hier gleich irre «, brüllte sie, schoss mit einem Ruck hoch wie ein aus der Scheide gerissenes Schwert und stapfte ins Haus. Die anderen saßen eine Weile still da und warteten, bis der Boden nicht bebte.
»Die junge Dame hat viel durchgemacht«, fing Mr Whaley vorsichtig an. Denise wollte sich entschuldigen, aber er winkte ab. »Nein, nein, sie hat in ihrem jungen Leben schon mit so vielem klarkommen müssen. Wann wird sie wieder operiert?«
»Im Februar«, sagte Denise, »und danach noch einmal. Das soll aber das letzte Mal sein, sagen die Ärzte.«
»Sie hat sich erstaunlich gut erholt, so viel steht fest. War kein leichtes Jahr für die Lynns, das letzte, und jetzt mit Billy in Übersee und dem, was er da leistet, das ist ja alles noch ein zusätzliches Opfer. Also, Billy, falls das irgendwie beruhigend ist, gehen Sie mal davon aus, dass Sie jederzeit bei mir eine Stelle kriegen, wenn Sie den Militärdienst hinter sich haben. Sie brauchen einfach nur Bescheid zu sagen.«
Was für eine deprimierende Idee, dachte Billy, genau so würde es am Ende kommen, vorausgesetzt, der Idealfall träte ein und er schaffte es heil wieder nach Hause, im Vollbesitz seiner Kräfte und Gliedmaßen. Er würde bei Seiner Walhaften Schleimer-Eminenz arbeiten, an Ölförderpumpen und Bohrlochdichtungen quer durch das windzerzauste Ödland von Mitteltexas, er würde sich den Arsch aufreißen für kaum mehr als den Mindestlohn und beschissene Zulagen.
»Danke, Sir. Kann sein, dass ich Sie beim Wort nehme.«
»Na, Sie sollen einfach wissen, dass Sie hier Chancen haben. Wär mir eine Ehre, Sie in unserm Team zu haben.«
Billy versuchte die ganze Zeit, einen bestimmten Gedanken aus seinem Kopf herauszuhalten, eine Erkenntnis, die ihm bei dem Herumwirbeln in diesem Strudel aus Limousinen, Luxushotels und schleimscheißerischen VIPs gekommen war. Er wusste instinktiv, dass dieser Gedanke ihn runterreißen würde, aber das tat er längst, sosehr er sich auch dagegenstemmte, er wucherte in seinem Bewusstsein wie ein Pilz. Mr Whaley war ein kleiner Fisch. Er war weder vermögend noch besonders erfolgreich oder
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