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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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eingebrockt hast, Kat.«
    Sie kicherte, ein rauchiges Hauchen, das klang wie eine Windbö aufs Mikrofon. »Na ja, trotzdem. Tut mir leid, Alter.«
    »Kein Problem«, brummelte er schläfrig, was er gar nicht war. Obwohl, wenn er die Augen zubehielt, könnte er glatt wieder einschlafen. Kathryn raschelte herum, trieb Gefiederpflege, typisch weiblich.
    »Mom ist stinksauer auf mich«, sagte sie.
    »Wer hätte das gedacht.«
    »Dieser Whalers, geh mir doch los, mit seiner Scheiß parade . Die Typen quasseln von Parade , und du stirbst vielleicht.«
    Billy musste lachen. Es war erfrischend, dass jemand das einfach so hinklotzte. Die letzten sechzehn Monate, in denen sie zu Hause gewohnt, den ganzen Horror mit ihrer Gesundheit und der Familie ausgehalten hatte und dann von diesem W-ei einfach fallengelassen worden war, hatten Kathryn auf interessante Art drastisch verändert. Eins war klar, diese Prüfungen hatten Kathryns Babyspeck aufgezehrt, sie neigte nicht mehr zum Ausufern in rundere, weichere, christlich-gesunde Üppigkeit. Sie hatte jetzt eine schlanke, langgliedrige Figur wie die Bardamen in wüsten alten Spelunken, falls es so was überhaupt noch gab. Eine Linie aus schimmerndem Narbengewebe lief über ihre eine Schulter und den Rücken hinunter wie ein von der Spule baumelndes Seilende. Ihr Gesicht war »zu siebenundachtzig Prozent« wiederhergestellt, berichtete sie, und dabei betonte sie, ohne eine Regung im Gesicht, die sieben undachtzig wie ein Sportreporter, der hirnverbrannt seine Statistiken runterbetet. Sie erzählte begeistert von ihrem orthopädischen Chirurgen, der ausgerechnet Dr. Stiffenbacher hieß, und legte ihm einen kieferbrechenden deutschen Akzent in den Mund. »Hei hämm Dock-terr Schtiffen-bock, ja? Juh vill duh dies exertzeisis for juhr helds, ja!« Billys oberster Kriegsherr hieß bei ihr nur »Chef-Depp«, die Frage: »Und wie war so das Treffen mit Chef-Depp?«, hatte ihre Mutterzu einem tadelnden Schsch provoziert. Aber Kathryn hatte nur gekontert: »Na, ist er doch! Hat die Hirnmasse einer Zikade!« Aus Billys sanfter, schöner, fleißiger, höchst biederer Schwester, die stets so viel Achtung vor Autoritäten gehabt hatte, die nur gute all-amerikanische Gedanken im Kopf gehabt und nie geflucht und nie jemanden schlechtgemacht hatte, war ein rauflustiger kleiner Deibel geworden.
    Sie langte neben sich in die Kühltasche und zog zwei Dosen Tecate-Bier heraus. »Fehlt dir das Trinken da drüben?« Sie hielt Billy eine Dose hin.
    »Am Anfang, ja. Aber dann bald nicht mehr so.« Er knallte die Dose auf und kostete das glücklichste aller Zischgeräusche aus. »Gibt aber Tage, da würde man für ein Bier alles geben.«
    »Ja, echt. Hör mal, ich finde Trinken sowieso weit unterschätzt in unserer Gesellschaft, hat doch therapeutischen Wert, oder? Verschafft einem’n Ausbruch ab und zu,’n bisschen Ferien von sich selbst. Ist doch schwer, pausenlos in seinem eigenen Kopf zu leben.«
    »Man wird irgendwie irre.«
    »Erklärt ja auch einiges, diese ganzen Prediger, die sich mit Nutten erwischen lassen. Ich hoffe bloß, ich krieg nie’n Alkoholproblem, denn dann müsste ich aufhören.«
    Sie tranken. Eingehüllt in ein heilsames Wohlgefühl.
    »Erzähl mal von eurer Victory Tour.«
    »Die Tour. Hm. Ist irgendwie alles verschwommen.«
    »Dann erzähl eben von den Groupies.«
    Er lachte, aber er merkte, wie er von den Schultern aufwärts rot anlief. Eine puritanische Anwandlung. »Gab keine Groupies«, murmelte er.
    »Lüge.«
    »Keine Lüge.«
    »Du bist doch’n verlogener Sack. Hör mal zu, Kleiner, machbloß, dass du dich ranhältst! Also, mal los, ran da, auch in meinem Namen.«
    »Kathryn, hör auf.«
    »Ist so, Kumpel, ich werd’n bisschen irre in der Festung hier.«
    »Du bist doch hier bald raus.«
    »Bald vielleicht, aber nicht bald genug. Kein einziger anständiger Typ in dieser bekloppten Stadt, glaub’s mir, ich hab’s gecheckt. Manchmal krieg ich abends so’n Anfall, ich könnte ja mal rüber zur Sonic fahren und’n paar Highschooljungs anhauen, so: Heh Alter, lass uns’n Ritt machen! Wer ein Mal’ne Schnecke mit’ner Narbe im Gesicht gehabt hat, will nie wieder was anderes.«
    »Kathryn«, flehte Billy.
    »Ich wär inzwischen fertig mit dem College. Ich könnte sechsunddreißigtausend im Jahr verdienen, irgendwo anders.«
    »Da kommst du auch noch hin.«
    »Ja, komm ich«, sagte sie bestimmt.
    »Du bist doch schon dabei«, korrigierte Billy.
    »Falls ich nicht vorher

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