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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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drei Jahren und den großen blauen Augen, so klar wie ein gechlorter Swimmingpool, und den aus dem Jeansgummizug ragenden Pampers. War das gemeint mit der unantastbaren Heiligkeit des Lebens ? Billy entfuhr ein leises Stöhnen, als er darüber nachdachte, hier im frischen, grausamen Licht lag der Krieg bloß. Oh. Ach. Göttlicher Funke, Ebenbild Gottes, lasset die Kindlein zu mir kommen und so weiter – wo immer sich Worte mit etwas Konkretem verbinden, wird Macht wirklich. Und zwar so machtvoll, dass er sich am liebsten hingesetzt und geweint hätte. Jetzt hatte er es, das war es, und darüber würde er, wenn er wieder wirklich nach Hause kam, tief nachdenken müssen, aberjetzt war das Beste erst mal compartmentalisieren , wie das heute so hieß, oder noch besser, überhaupt nicht mentalisieren.
    Patty kam mit einer Hand über den Augen aus dem Haus in die Sonne. Sie setzte sich auf einen Gartenstuhl am Rand der Veranda.
    »Na ihr – macht’s Spaß?«
    »Und wie.« Billy wendete Brian um und um wie ein Fischfilet und panierte ihm den Sweater mit raschelnden braunen Blättern. »Er ist ein toller kleiner Kerl.«
    Patty prustete in die Zigarette, die sie sich gerade anzündete. Das einst so wilde Mädchen, das die Highschool geschmissen und als Teenager geheiratet hatte, schien jetzt, mit Mitte zwanzig, die Handbremse gezogen zu haben und über alles noch mal nachzudenken.
    »Unter Energiemangel leidet er mit Sicherheit nicht«, rief Billy hinüber.
    »Briny kennt nur zwei Geschwindigkeiten, Rasen und Stillstand.« Sie blies einen schmalen Rauchtrichter durch die Lippen.
    »Wie geht’s Pete?«
    »Gut.« Es klang ein bisschen nach Überdruss. Pete war ihr Mann und arbeitete auf den Ölplattformen rund um Amarillo. »Verrückt wie immer.«
    »Ist das gut?«
    Sie lächelte nur und sah weg. Billy hatte sie rank und schlank und keck in Erinnerung, jetzt hatte Patty Satteltaschen an Hüften und Schenkeln und Oberarme wie Schlauchboote. Das Mehr an Gewicht gab ihr etwas fast greifbar Defensives.
    »Wann musst du zurück?«
    »Samstag.«
    »Willst du?«
    »Tja.« Billy gab Brian einen letzten Schubs und stand auf. »Wahrscheinlich würde ich lieber hierbleiben.«
    Patty lachte. »Klingt echt aufrichtig.« Billy ging zur Veranda und setzte sich auf das Mäuerchen neben ihr. Brian blieb im Garten liegen und starrte in den Himmel. Patty warf ihrem Bruder einen schüchternen Blick zu. »Wie fühlt man sich, so berühmt?«
    Billy zuckte die Schultern. »Das fragst du mich?«
    »Okay, sozusagen berühmt. Jedenfalls entschieden berühmter, als wir hier alle je werden.« Sie zog kurz an der Zigarette und schnippte die Asche ab. »Du hast übrigens’ne Menge Leute hier ganz schön überrascht. Ich glaube, damit haben die nicht gerechnet, als sie dich vor Gericht gezerrt haben.«
    »Ich weiß, ich hatte nicht den besten Ruf hier. Aber ein paar Leute aus meiner Klasse haben viel mehr Scheiß gebaut als ich.«
    Sie lachte.
    »Oder, vielleicht liegt’s einfach daran ...«
    »Woran?«
    »Ich habe die Schule einfach gehasst, und zwar alles da dran. Ich glaube inzwischen, das ist der eigentliche Scheiß, jedenfalls schlimmerer Scheiß als alles, was ich je gebaut habe, ja? Da wird man den ganzen Tag eingesperrt, die behandeln einen wie Kinder und pauken einem jede Menge nichtsnutzigen Dreck ein. Ich glaube, das hat mich irgendwie irre gemacht.«
    Patty kicherte, es klang wie leises Gewehrknattern in den Nebenhöhlen. »Na ja, denen hast du’s jedenfalls gezeigt. Was du da drüben geleistet hast – «.
    Billy hakte die Daumen in die Gürtelschlaufen und sah weg.
    »– das war schon was. Und wir sind alle richtig stolz auf dich, die ganze Familie. Aber das weißt du bestimmt längst.«
    Billy deutete mit dem Kopf zum Haus. Hier draußen klang der dröhnende Fernseher wie Unterwassergrummeln. »Er nicht.«
    »Doch, er auch. Er weiß bloß nicht, wie er das zeigen soll.«
    »Er ist ein Arschloch«, sagte Billy leise, wegen Brian.
    »Das außerdem«, stimmte Patty freudig zu. »Ist dir aufgefallen, dass ich nie besonders gern hier war? Mir tut er vor allem leid. Aber ich muss ja auch nicht mit ihm leben, nicht?« Sie musterte achselzuckend ihre Zigarette. »Weißt du schon das Neueste? Mit dem Haus?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Ist’ne ziemliche Scheiße.« Wieder kam dieses gewehrknatternde Kichern, eine nervöse Angewohnheit. Billy konnte es kaum ertragen. Brian lag unten im Garten, spreizte Arme und Beine vor und zurück und malte

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